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Geldersheim
Ankerzentrum zieht um: Die ersten 50 Bewohner sind verlegt
Alles ist gepackt, alle Abreisenden stehen pünktlich bereit – doch dann kommt der Bus nicht. Der Umzug der ersten 50 Bewohner der Ankereinrichtung hat trotzdem geklappt.
Warten auf den Bus: Vor dem Gebäude 209 in der Ledward-Kaserne stapeln sich die Koffer und Gepäckstücke der Bewohner, die in die neue Ankereinrichtung umziehen.
Foto: Anand Anders | Warten auf den Bus: Vor dem Gebäude 209 in der Ledward-Kaserne stapeln sich die Koffer und Gepäckstücke der Bewohner, die in die neue Ankereinrichtung umziehen.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:41 Uhr

Alles ist gepackt, alle Abreisenden stehen pünktlich bereit – doch dann lässt der Bus auf sich warten. Seit Wochen wird der Umzug der Ankereinrichtung von der Ledward Kaserne in die Conn Barracksgeplant. Eine Woche lang gibt es täglich jeden Nachmittag eine Infoveranstaltung, für jede in der Ankereinrichtung vertretene Nation eine eigene, mit Dolmetscher. Jeder Bewohner bekommt außerdem einen Laufzettel, auf dem steht was er vor dem Umzug zu erledigen hat, wann die Koffer gepackt sein müssen, wo der Bus abfährt, was alles zu beachten ist. Viele Behörden, Abteilungen, Organisationen und Unternehmen sind involviert. Zigmal wird der Ablaufplan geändert. Da erstaunt es, dass bei der Abwicklung eines solchen Großprojektes am Ende nur der Bus zu spät kommt. 

Mit einem Doppeldeckerbus werden Bewohner der Ankereinrichtung in die neue Einrichtung bei Geldersheim gebracht.
Foto: Anand Anders | Mit einem Doppeldeckerbus werden Bewohner der Ankereinrichtung in die neue Einrichtung bei Geldersheim gebracht.

Die Bewohner nehmen es gelassen. Auch die Kinder quengeln nicht groß herum. Nervös sind lediglich die Mitarbeiter der Hausverwaltung und der Fachabteilungen, die mit einem Helfertrupp aus Asylbewerbern den Umzug abwickeln. Ihr Zeitplan ist eng getaktet: 25 Bewohner müssen am Vormittag in die Conn Barracks gebracht werden, 25 am Nachmittag. Das Gepäck muss ein- und ausgeladen, jeder Bewohner aus- und eingebucht werden. Eigentlich sollten 100 Personen pro Tag verlegt werden. Angesichts der Mengen an Gepäckstücken, die im Bus verstaut werden müssen, wurde die Zahl halbiert, erklärt Yener Yildirim, der stellvertretende Leiter der Anker-Einrichtung. Er begleitet mit seinen Mitarbeitern den Umzug. Auch die Polizei ist mit zwei Zivilbeamten vor Ort, eine Streife steht auf Abruf bereit. Doch alles verläuft in geordneten Bahnen.   

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Alle Behörden befinden sich unter einem Dach

Die Erstaufnahmeeinrichtung in der ehemaligen Ledward Kaserne in Schweinfurt war im August 2018 vorübergehend zur Ankereinrichtung umgewidmet worden, nachdem die Große Koalition in ihrem Koalitionsvertrag die Einrichtung solcher „Zentren für Ankunft, Entscheidung, Rückführung (Anker)“ vereinbart hatte. In einem Ankerzentrum sollen Flüchtlinge unterkommen, bis sie in Kommunen verteilt oder aber in ihr Herkunftsland abgeschoben werden. Alle Behörden befinden sich hier unter einem Dach, Asylverfahren sollen auf diese Weise beschleunigt werden. Schon damals war festgelegt worden, die Ankereinrichtung in die bundeseigenen Conn Barracks bei Geldersheim zu verlegen, weil die Stadt auf ihrem Gelände gegenüber dem Volksfestplatz und des Willy-Sachs-Stadions mit dem Neubau einer Stadthalle eigene Pläne verfolgt. Die von den Amerikanern hinterlassene Liegenschaft vor den Toren der Stadt musste allerdings erst hergerichtet und vor allem brandschutztechnisch auf Vordermann gebracht werden.Bis auf die Gebäude für die Zentrale Ausländerbehörde und das Bundesamt für Migration ist jetzt alles soweit fertig, dass der Umzug erfolgen kann. Am Mittwochmorgen hat er mit der Verlegung der Bewohner begonnen.  

Auszug: Viel zu schleppen gibt es beim Auszug der Bewohner der Ankereinrichtung in der Schweinfurter Ledward-Kaserne.
Foto: Anand Anders | Auszug: Viel zu schleppen gibt es beim Auszug der Bewohner der Ankereinrichtung in der Schweinfurter Ledward-Kaserne.

In den Gängen vor den leergeräumten Zimmern im Gebäude 209 der Ledward-Kaserne stehen Koffer, Kisten und Kleidersäcke. Die Umzugshelfer haben ganz schön zu schleppen. Jeder packt mit an, auch die Frauen. Eine junge Mama balanciert einen großen Karton auf dem Kopf nach draußen, ihr Baby hat sie auf den Rücken gebunden. Die ältere Tochter springt nebenher. Für die Kleine ist der Umzug Abenteuer, für die Mutter Stress. Das Baby weint, hat Hunger. Die Größere will spielen. Es sind hauptsächlich Familien, die am ersten Umzugstag umgesiedelt werden. Entsprechend viel Gepäck gibt es. Zwischen den Koffern stehen Kinderwagen, Dreiräder und Wäscheständer. Was nicht in Koffer passt, ist in großen blauen Säcken verstaut. Auf jedem Gepäckstück klebt ein Namensticket, damit es beim Einzug schnell zugeordnet werden kann.

Ankunft: Die ersten 25 Bewohner fahren durchs Tor der neuen Ankereinrichtung in den umgebauten Conn Barracks.
Foto: Anand Anders | Ankunft: Die ersten 25 Bewohner fahren durchs Tor der neuen Ankereinrichtung in den umgebauten Conn Barracks.

Gottlob scheint die Sonne. Die Wartezeit auf den Bus wird angesichts der niedrigen Temperaturen trotzdem lang. Als der Doppeldecker mit Anhänger endlich am späten Vormittag vorfährt, klappt alles wie am Schnürchen. In einer guten halben Stunde ist das Gepäck verladen. Kurz vor 12 Uhr fährt der Bus mit den ersten 25 Bewohnern durchs Tor des neuen Ankerzentrums in den umgebauten Conn Barracks. Der Einzug geht genauso unproblematisch vonstatten wie der Auszug. Interessiert werden die neuen Zimmer inspiziert. Sie sind etwas geräumiger, weil sie nur mit zwei Personen belegt werden. Auch Kinderbettchen stehen bereit für die Familien mit Babys und Kleinkindern.

Einzug: Die Bewohner der Schweinfurter Ankereinrichtung ziehen in die neuen Räume in den Conn Barracks bei Geldersheim ein.
Foto: Anand Anders | Einzug: Die Bewohner der Schweinfurter Ankereinrichtung ziehen in die neuen Räume in den Conn Barracks bei Geldersheim ein.

"Nigeriahilfe" wird bis August ausgesetzt

In den Umzugswochen wird in der Kantine zweigleisig gefahren: Zwischen 12 und 14 Uhr kommt der Caterer in die Ledward-Kaserne, zwischen 14 und 16 Uhr dann in die Conn Barracks. Die Kantine wurde vorübergehend in einer der Thermohallen eingerichtet, weil Gebäude 14 noch instandgesetzt wird. Später soll hier ein Indoor-Spielplatz entstehen.

Vor allem für die Mitarbeiter der Behörden und Fachabteilungen sind die Umzugswochen eine Herausforderung, weil der Alltagsbetrieb weiterlaufen muss. Lediglich die "Nigeriahilfe" wurde bis August ausgesetzt. Seit Herbst 2018 übernimmt das Schweinfurter Ankerzentrum nigerianische Flüchtlinge aus Oberbayern, um dort für Entlastung zu sorgen. Jetzt braucht man selbst etwas Luft. Vieles wird in den nächsten Wochen noch nicht ganz glatt laufen. Bis Ende Juni sollen alle 800 Bewohner samt Verwaltung, Behörden und Fachabteilungen umgezogen und der Alltag in der Ankereinrichtung wieder eingekehrt sein.

 
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