Als erstes Bild der Präsentation ploppt das Konterfrei von Jeff Bezos, dem Gründer des Multi-Unternehmens Amazon und Kurzzeitweltraumflieger, auf. "Wir wollen das kundenorientierteste Unternehmen mit den sichersten Arbeitsplätzen der Welt sein", ist dort zu lesen. Mehr Anspruch geht nicht. Und diese Philosophie US-amerikanischen Unternehmertums ist auch im interkommunalen Gewerbegebiet Oerlenbach/Poppenhausen an der A 71 zu spüren. Dort hat das Versandunternehmen Amazon am 6. Juni ein Verteilzentrum eröffnet. Eine fünfköpfige Delegation aus Politikern der Landkreise Bad Kissingen und Schweinfurt hatte Gelegenheit, den Betrieb zu besichtigen. Bezos Botschaft inklusive.
Letztlich geht es Amazon darum, jenseits anderer Zustell-Unternehmen Kapazitäten für eine eigene Kundenbelieferung zu schaffen.
Einer von 30 Standorten
Hell, sauber, durchorganisiert: So wirkt die Betriebshalle auf den ersten Blick. Kurz gesagt werden dort die Pakettouren zu den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern im nördlichsten Unterfranken, Südthüringen und bis nach Coburg zusammengestellt. Warenbestände gibt es im Gewerbegebiet nicht. Die online bestellte Ware wird zuvor in Logistikzentren an einem der 30 Amazon-Standorte in Deutschland verpackt und an Sortierzentren geliefert, wo eine regionale Vorsortierung stattfindet. Danach landen die Pakete in Verteilzentren wie das neue an der A 71.
Pakete in farbigen Taschen
Die Feinsortierung ist stark auf Effizienz getrimmt. Denn letztlich geht es im Unternehmen neben Kundenzufriedenheit auch um Kosten. Die Pakete werden je nach Tour in quaderförmige Taschen eingelegt, die unterschiedliche Farben haben. Der Zweck: Bei der Auslieferung erhält die Fahrerin oder der Fahrer eine zusätzliche Information, welche Farbe die Tasche hat, in der das gesuchte Paket liegt. Und soll es damit zügig finden.
Auch die Sortierung selbst ist bis ins kleinste Detail aufgeteilt: Zwar sind die in Regalen aufgehängten Taschen beschriftet, die Arbeit geht aber schneller von der Hand, wenn beim Einscannen des Pakets ein Licht aufleuchtet an der Tasche, in die die Ware verstaut werden soll. "Stow by light" heißt das System, dessen Idee ein Mitarbeiter hatte. Es sei Teil der Unternehmenskultur, die Beschäftigten einzubeziehen, sagt Thorsten Freers, bei Amazon für "die letzte Meile" in Deutschland und Österreich zuständig.
Zur Optimierung, so Standortchef Esteban Cabrera, wird zudem Software eingesetzt, die dazulernt und die Prozesse verbessern soll. Zum Vergleich: Bei Mitbewerber Post und Paket-Tochter DHL sortieren die Zustellerinnen und Zusteller ihre Lieferung selbst.
Verladung nach festem Schema
Auch die Verladung ist bis ins Kleinste organisiert: Die Fahrer – überwiegend Männer – parken im Pulk an einem definierten Punkt und melden sich an – derzeit mit Messung der Körpertemperatur aus der Ferne. Sind alle für den fraglichen Zeitraum eingetroffen, wechselt die Flotte in den Verladebereich. Dort holt sich jeder seine Rollregale mit den farbigen Taschen. Erst wenn nach zehn bis 15 Minuten alle ihre Waren verstaut haben, geben "Instructors" den Weg frei und der Pulk verlässt in festgelegter Reihenfolge das Gelände. Der Vorgang wiederholt sich mehrmals am Tag. Außer an Sonntagen ist im und am Gebäude ununterbrochen Betrieb.
Als die Ansiedlung von Amazon 2020 bekannt geworden ist, hat es vor allem Kritik von Gewerkschaftsseite angesichts der Jobs im Niedriglohnsektor gehagelt. Auch dabei bemühen sich Freers und Pressesprecher Manuel Lesch um Transparenz: Die derzeit etwa 100 Sortiererinnen und Sortierer erhalten demnach einen Stundenlohn von 12,42 Euro bei 38 Wochenstunden. Die ersten 24 Monate der Beschäftigung beinhalten zwei Lohnerhöhungen. Dazu kämen Nachtzuschläge, Beiträge zu Lebensversicherungen und Aktienanteile. Der gesetzliche Mindestlohn liegt derzeit bei 9,60 Euro.
Amazon: Lohnhöhe braucht sich nicht verstecken
Es gebe zwar keine tarifliche Lohnstruktur, die Einkommenshöhe für Ungelernte brauche sich aber nicht zu verstecken, findet Freers. Seit Jahren versuchen Amazon-Beschäftigte an verschiedenen deutschen Standorten über Streiks zu einem Tarifvertrag zu kommen. Lesch verweist auf schnelle Aufstiegschancen im Unternehmen. Einen Betriebsrat gibt es im neuen Verteilerzentrum derzeit nicht.
Fahrer in Subunternehmen
Freilich gilt die Lohnstruktur zunächst für die Amazon-Beschäftigten im Verteilzentrum, das in einer eigenständigen GmbH unter dem Amazon-Dach organisiert ist, und nicht automatisch für die derzeit 200 Zustellerinnen und Zusteller. Letztere werden von sechs Subunternehmern beschäftigt. Denen könne man die Lohnhöhe nicht vorschreiben, sagen Freers und Lesch, Verstöße würden aber von Amazon sanktioniert. Zudem gebe es eine anonyme Hotline für die Fahrerinnen und Fahrer. Man wolle, dass sie gute Arbeitsbedingungen vorfinden.
Ziele: Klimaneutralität und Nachhaltigkeit
Amazon hat sich viel vorgenommen: Bis 2030 sollen ausschließlich erneuerbare Energien verwendet werden. Insgesamt seien bereits 100 000 E-Mobile bestellt, sagt Freers. Auch der große asphaltierte Parkplatz in Oerlenbach/Poppenhausen, wo die graublauen und weißen Lieferwagen abgestellt werden, soll mit Ladesäulen bestückt werden. Bis 2040 gar will Amazon klimaneutral arbeiten, berichten die Unternehmensvertreter. "Ein sportliches Ziel", wie die stellvertretende Schweinfurter Landrätin Christine Bender befindet. Die Konzeption des Verteilzentrums an der A 71 sei schon abgeschlossen gewesen, als Amazon diese Ziele verkündet hat. Deswegen, so Freers, gebe es dort auch noch keine Photovoltaikanlage. Einen konkreten Vorschlag machte Oerlenbachs Bürgermeister Nico Rogge: Man solle doch die Außenbeleuchtung dimmen, um Energie zu sparen.
Beim Rundgang fällt Benders Blick auf die noch brach liegenden Freiflächen: Dort könne man Insektenweiden anlegen. Blühpflanzen gebe es auch in Amazon-Blau, lächelt sie verschmitzt. Freers zeigt später auf eine Tafel, auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Verbesserungsvorschläge schreiben können. Ganz oben steht: Bienen.
Hersteller, Mitarbeiter und am Ende auch den Kunden. Hersteller weil sie den Bedingungen von Amazon ausgeliefert sind. Mitarbeiter, die schlecht bezahlt werden und den Kunden, der immer weniger Auswahl hat.
Sinngemäß gilt dies auch für das neue EDEKA-Lager in Gochsheim. Die Händler auf dem flachen Land mit LKWs zu beliefern ist nicht sinnvoll, fehlt es dort vornehmlich an der Infrastruktur. Aber über die Anlieferung größerer Chargen bestimmter Waren von den Herstellern und Zwischenhändlern: hier sollten sich vor allem die politisch Verantwortlichen Gedanken machen und nicht nur für schöne Fotos herumstehen.
der jeden Pfurz online bestellt
ohne den Sinn der Nachhaltigkeit zu verstehen.
das geht bei Klamotten los
und hört bei Elektronik noch lange nicht auf...
immer größer immer schneller immer weiter...
wir schaufeln uns quasi unser eigenes Grab!