Sorgen und Nöte, mit denen sich Apothekerinnen und Apotheker hierzulande konfrontiert sehen, gibt es zuhauf. Beispiele dafür sind Lieferengpässe bei Medikamenten, Personalnot und eine überbordende Bürokratie, die immer neue Blüten treibt und viel Zeit frisst. Zum Ausdruck kommen diese nach Ansicht des Berufsstandes alarmierenden Zustände, die sich dringend bessern müssten, in einem bundesweiten Protesttag. Für diesen Mittwoch, 14. Juni, hat die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) alle Apotheken dazu aufgerufen, ihre Geschäfte geschlossen zu halten. Diesem Aufruf werden auch alle drei Apotheken in Gerolzhofen folgen.
"Ich habe noch nie gestreikt", sagt Julia Fugmann, die in der Kronen-Apotheke in Gerolzhofen arbeitet. Sie blickt auf 23 Berufsjahre und stellt zurecht fest, dass Apotheken sicherlich nicht zu den Branchen zählten, in denen ständig die Arbeit niedergelegt wird. Doch jetzt scheint sich die Lage der Apotheken dermaßen zugespitzt zu haben, dass sich die Apothekerinnen und Apotheker nicht mehr anders zu helfen wissen, als mit einem eintägigen Ausstand, an dem sich laut Ankündigungen fast alle Apotheken beteiligen werden, auf ihre Anliegen hinzuweisen.
Kein Streikrecht: Drohen Apotheken Konsequenzen?
Eigentlich, gibt Fugmann zu, hätten Apotheken kein Streikrecht. Doch nachdem die Branchenverbände und Kontrollgremien hinter dem Warnstreik stünden, müssten die Geschäfte, die einen Tag schließen, keine negativen Konsequenzen fürchten. Auch die Ärzteschaft zeige insgesamt großes Verständnis für den öffentlichkeitswirksamen Hilferuf der Apotheken.
Ein gewisses Unbehagen bereitet den Apotheken, dass der Protesttag am Ende vor allem ihre Kundinnen und Kunden trifft, "die baden das eigentlich aus", sagt Fugmann. Und auch Thomas Glaser, Inhaber der St.-Florian-Apotheke findet es "nicht schön, dass wir die Wut indirekt an den Kunden auslassen". Doch eine wirkungsvolle Alternative sieht auch er nicht.
Glaser ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass es ihm und seinen Berufskolleginnen und -kollegen nicht nur ums Geld geht. "Es geht ums System", sagt er. So begründet die ABDA den Protesttag zwar schon auch damit, dass das sogenannte Fixum, das Apotheken zum Ausgleich ihrer festen Betriebskosten erhalten, zuletzt im Jahr 2013 erhöht wurde – um lediglich 25 Cent auf 8,35 Euro netto. Dieses soll auf zwölf Euro steigen, allein um die Inflation auszugleichen.
Extraaufwand: Manche Medikamente kaum aufzutreiben
Doch verweist die ABDA auf eine Reihe weiterer Probleme. So würden Dokumentationspflichten Apotheken sehr viel Zeit kosten. Hinzu käme der zusätzliche Aufwand zur Bewältigung von Lieferengpässen bei Medikamenten, den die ABDA für jede Apotheke ("bei zurückhaltenden Schätzungen") mit mindestens sechs Stunden pro Woche veranschlagt. Dieser Aufwand würde nicht vergütet.
Und noch ein Unding aus Sicht der Apothekerinnen und Apotheker: In bestimmten Fällen erhalten sie von Krankenkassen für ausgegebene Medikamente kein Geld. Diese Retaxation genannte Praxis, die bis zum vollen Preis des Medikaments reichen kann, gilt derzeit unabhängig davon, ob einer Krankenkasse tatsächlich ein Schaden entstanden ist, und ob die Apotheke den Schaden verursacht hat. "Wenn beispielsweise ein Arzt vergisst, auf einem Rezept die Dosierung des Medikaments anzugeben und wir nehmen dieses Rezept entgegen, dann bleiben wir auf den Kosten sitzen", nennt Fugmann von der Kronen-Apotheke ein Beispiel.
Ärzte gefordert: Rezepte rechtzeitig vorher ausstellen
Um ihre Kunden rechtzeitig zu informieren, dass sie am 14. Juni geschlossen haben, haben alle drei Apotheken in Gerolzhofen ihr Schaufenster mit Hinweisen plakatiert. Auch die Ärzte seien gebeten worden, den Streiktag zu berücksichtigen und ihre Patienten rechtezeitig mit Rezepten zu versorgen, erklärt Glaser von der St.-Florian-Apotheke.
Wer am Protesttag dringend Medikamente benötigt, der muss zu den geöffneten Notdienst-Apotheken gehen, sagt Zalán Eperjessi, Inhaber der Stadt-Apotheke in Gerolzhofen. Für den Raum Gerolzhofen befinden sich die nächstgelegenen in Ebrach. Im Landkreis Schweinfurt hat am Protesttag die Apotheke in Euerbach Notdienst. Allerdings werde an diesem Tag tatsächlich nur an der Klappe bedient, kündigt Glaser an, dem auch die Notdienst habende Apotheke in Ebrach gehört.
Kein Lieferdienst: Bestellte Medikamente kommen nicht
Er gibt zudem zu bedenken, dass am 14. Juni auch der Lieferdienst, der Apotheken mit Medikamenten versorgt, nicht wie gewohnt funktioniert. Apotheken erhalten an diesem Tag also auch keine bestellten Medikamente.
Protestaktionen in Gerolzhofen planen die drei örtlichen Apotheken nicht. Manche schicken ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Kundgebungen, wie sie in Schweinfurt von 10 bis etwa 14 Uhr auf dem Georg-Wichtermann-Platz oder in Bamberg geplant sind.