
Ein unbeschriebenes Blatt ist die junge Frau nicht, die am Mittwoch, 19. Februar, in Fußfesseln in den Sitzungssaal 16 des Amtsgerichts Schweinfurt geführt wird. Mehr als zehn Einträge verliest der Richter aus dem Bundeszentralregister. Darunter Diebstahl und Beleidigung in mehreren Fällen sowie räuberischer Diebstahl, Sachbeschädigung und der Besitz einer verbotenen Waffe.
Vor dem Amtsgericht Schweinfurt sollten nun weitere Einträge hinzukommen. Das Gericht spricht die wohnungslose 30-Jährige wegen gemeinschaftlichen Diebstahls, Volksverhetzung, Beleidigung sowie Widerstands gegen und tätlichen Angriffs auf Vollzugsbeamte, vorsätzlicher Körperverletzung und Bedrohung schuldig. Konkret geht es dabei um zwei Vorfälle in Berlin im März und Mai 2024 sowie drei Vorfälle in Schweinfurt im August vergangenen Jahres.
In Berlin soll die Angeklagte gemeinsam mit einem Bekannten versucht haben, Alkohol, Wasser und Schokoriegel aus einem Supermarkt zu stehlen. Zwei Monate später soll sie in einer McDonald's Filiale am Ostbahnhof einer Frau ohne ersichtlichen Grund ins Gesicht gespuckt haben. Eine Atemalkoholprobe ergab damals einen Wert von 2,72 Promille, heißt es in der Anklageschrift.
Angeklagte ist Alkoholikerin, lebte lange auf der Straße
Auch bei dem Vorfall, der sich am 5. August 2024 am Hauptbahnhof in Schweinfurt ereignet haben soll, sei sie betrunken gewesen. "So wie immer halt", sagt die junge Frau. Sie sei Alkoholikerin, trinke bereits seitdem sie 13 Jahre alt war. Am Tag des Vorfalls habe sie bereits seit über einem Jahr auf der Straße gelebt, sei "mit anderen obdachlosen Kids durch ganz Deutschland gereist". Geschlafen habe sie mal in Notunterkünften, mal im Auto eines Bekannten, mal auf der Straße, sagt sie.
In Schweinfurt sei sie rein zufällig gelandet, als sie auf dem Weg nach Dresden einer Fahrkartenkontrolle habe entgehen wollen. An das, was folgte, könne sie sich nur bruchstückhaft erinnern. "Mir fehlen aus der Zeit viele Erinnerungen", sagt die 30-Jährige vor Gericht. Sie halte es aber durchaus für möglich, dass es sich wie in der Anklageschrift beschrieben zugetragen habe.
Dort heißt es, sie habe am Bahnsteig weiter Alkohol getrunken. Als eine Gruppe Personen mit dunkler Hautfarbe vorbeikam, habe sie diese lauthals rassistisch beleidigt. "Es war so laut, dass andere Leute sich umgedreht haben", sagt ein Polizeibeamter vor Gericht aus. Er sei gerade auf der Durchreise zu seinem Dienstort in München gewesen, habe dennoch eingegriffen und der jungen Frau, die "deutlich alkoholisiert" gewesen sei, einen Platzverweis ausgesprochen.
Polizist geschlagen und Arzt bedroht
Daraufhin sei es zur Rangelei gekommen, in deren Verlauf sie ihm mit der flachen Hand auf die Nase geschlagen habe, berichtet der Beamte. Später soll die junge Frau dann auch noch einen mit der Blutentnahme betrauten Arzt beleidigt und verbal bedroht haben. Mehr als zwei Promille habe sie dabei im Blut gehabt, soll sich laut Akte zudem "deutlich streitsüchtig" und "infantil" verhalten haben.
Nach Einschätzung einer psychiatrischen Gutachterin ist die Angeklagte alkoholkrank, leidet zudem an einer Opioid-Abhängigkeit. Sie gehe davon aus, dass die junge Frau zum Zeitpunkt der Taten aufgrund ihres Alkoholkonsums vermindert steuerungsfähig gewesen sei. Allerdings habe sie sich, nach einem ersten abgebrochenen Entzug im Jahr 2019, nun "motiviert für eine Behandlung" gezeigt, sagt die Gutachterin vor Gericht.
Die Angeklagte erwarten zwei weitere Verfahren
Auch das Gericht geht von einer verminderten Schuldfähigkeit der Angeklagten aus und verurteilt sie zu einem Jahr und drei Monaten Haft ohne Bewährung. Zudem wird die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. "Sie sind nicht unbescholten, Sie haben eine ganze Latte an Vorstrafen", sagt der Richter bei der Urteilsverkündung. Zu Gunsten der Angeklagten habe er ihr umfangreiches Schuldeingeständnis gewertet.
"Erfahrungsgemäß ist das Ihre letzte Chance, die Kurve noch zukriegen", legt der Richter der 30-Jährigen nahe. "Ich habe eingesehen, dass ich wirklich Hilfe brauche", sagt die Angeklagte. Diesmal wolle sie den Entzug "auch wirklich durchziehen". Bei der Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten werde es wohl aber nicht bleiben, heißt es zum Abschluss der Verhandlung. Offenbar stehen der jungen Frau noch zwei weitere Verfahren in anderen Städten bevor. Der Grund: Sie soll bei einer Auseinandersetzung mit einem Messer zugestochen haben.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.