
Erneut hat die Deutsche Bahn sich von einem Grundstück entlang der stillgelegten Strecke der so genannten Unteren Steigerwaldbahn getrennt: Die ehemalige Ladestraße und einstigen Lagerflächen östlich der Gleise am früheren Alitzheimer Bahnhof wurde in Berlin beim privaten Auktionshaus Karhausen AG am vergangenen Freitag zur Versteigerung aufgerufen. Das Auktionshaus hatte in den vergangenen Wochen mit einem Plakat am abgeschlossenen Tor des Grundstücks in Alitzheim auf die Versteigerung aufmerksam gemacht.
Das Grundstück der Deutschen Bahn am Lindenweg wechselte für 40 000 Euro den Eigentümer. Wer den Zuschlag für das Grundstück bekommen hat, blieb für die Öffentlichkeit zunächst unklar. Der Ersteigerer war in der Hauptstadt nicht anwesend, ein Mitarbeiter des Auktionshauses hob für ihn die Bieterkarte. Nach Angaben des Auktionshauses Karhausen handelt es sich aber um eine Privatperson aus der Region.
Warnung vor Altlasten
Im Expose wurde die ehemalige Ladestraße des Bahnhofs als "ungleichmäßig geschnittenes, langgezogenes Grundstück mit teilweisem Strauch-, Baum- und Wildwuchs" beschrieben. Das gut 8100 Quadratmeter große Objekt liege zwischen der stillgelegten Bahnstrecke und einem Wohngebiet. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, das "kleinere Teilflächen des Grundstücks" als Altlasten-Verdachtsfälle eingestuft sind. Ein entsprechendes Gutachten sei vorhanden. Der Grund für die möglichen Altlasten im Untergrund sei eine ehemalige Flugbenzin-Verladestelle. Deswegen sei mit erhöhten Entsorgungskosten zu rechnen. Der Bodenrichtwert für ein Mischgebiet in Alitzheim betrage rund 45 Euro pro Quadratmeter, das Mindestgebot für das Grundstück betrug 38 000 Euro.
Ob der unbekannte Käufer auf dem Grundstück seine Vorstellungen umsetzen kann, ist allerdings fraglich. Die Gemeinde Sulzheim hat nur wenige Tage vor der Versteigerung ein besonderes Vorkaufsrecht nach Paragraf 25 Baugesetzbuch für die ehemalige Ladestraße geltend gemacht, eine entsprechende Satzung erlassen und im Amtsblatt der Gemeinde (Ausgabe vom 24. Juni 2020) bekanntgemacht. Begründet wird dies damit, dass städtebauliche Maßnahmen auf dem ehemaligen Lagerplatz in Betracht gezogen werden und die Fläche für eine geordnete städtebauliche Entwicklung der Gemeinde zu sichern ist. Nach Paragraf 25 Baugesetzbuch ist dies auch für noch nicht überplante Gebiete, zum Beispiel das bisherige Bahngelände, möglich.

Nur ein Interessent
Auktionator René Silva vom Auktionshaus Karhausen wies vor dem Beginn der Versteigerung auf diese neue, ganz aktuelle Entwicklung hin, die nicht mehr in den Versteigerungskatalog aufgenommen werden konnte. Ob es daran lag, dass es nur einen Interessenten gab, der mit seinem schriftlichen Gebot erfolgreich war? Bei zahlreichen anderen Objekten, die die Deutsche Bahn nicht mehr benötigt und die sie regelmäßig über zwei Berliner Auktionshäuser verkaufen lässt, lagen die Zuschläge im Gegensatz zum Alitzheimer Fall deutlich über den Mindestgeboten. Oder lag es auch an dem Hinweis im Verkaufskatalog, dass „in diesem Bereich mit erhöhten Entsorgungskosten zu rechnen“ ist?
Gemeinde ist am Zug
Abzuwarten bleibt, ob die Gemeinde Sulzheim ihr Vorkaufsrecht für die Altlastenverdachtsfläche letztlich auch ausübt. Bei einem Verkauf eines Grundstücks, das mit einem Vorkaufsrecht belegt ist, weist der Notar vor der Beurkundung den Käufer nochmals auf diesen Umstand hin. Und gleichzeitig informiert der Notar dann auch denjenigen, der das Vorkaufsrecht innehat (in diesem Fall die Gemeinde Sulzheim), schriftlich über den geplanten Kauf und setzt zugleich eine Frist, in der das Vorkaufsrecht ausgeübt werden muss oder nicht. Binnen dieser Frist muss der Gemeinderat diese Frage klären.
Vergleichbar wie der Gemeinderat Sulzheim hatte auch der Stadtrat von Gerolzhofen reagiert, als bekannt wurde, dass die Deutsche Bahn westlich und östlich des ehemaligen Gerolzhöfer Bahnhofs Flächen zum Verkauf anbietet. Auch in Gerolzhofen wurde eine Satzung erlassen, in der bestimmte kleinere Flächen aufgelistet sind, für die die Stadt ein Vorkaufsrecht geltend macht.
Flächen für die Eisenbahn?
Die kleineren Flächen werden in Gerolzhofen möglicherweise benötigt, um eine Erschließungsstraße für das ehemalige Bahnhofsgelände und um einen Fußweg zu bauen. Die von einigen Stadträten ebenfalls angestrebte Reservierung von weiteren Flächen, die möglicherweise bei einer Reaktivierung der Eisenbahnstrecke benötigt würden, fand keine Mehrheit im Stadtrat. Was der Gemeinderat von Sulzheim, falls er sein Vorkaufsrecht tatsächlich ausübt, mit dem ehemaligen Bahngelände in Alitzheim letztlich vorhat und ob er Flächen für eine möglich Eisenbahn-Reaktivierung zur Verfügung stellt, ist noch nicht bekannt.