
Als den gelernten Zimmerer Mitte Oktober 2023 Polizisten von seiner Wohnung in der Schweinfurter Obdachlosenunterkunft abholen wollen, um ihn zu einem Gerichtstermin vorzuführen, ist er damit gar nicht einverstanden. Er will sich nicht ausweisen, nicht mitkommen und wehrt sich heftig. Verstärkung muss gerufen werden.
Der 53-Jährige kann nur gefesselt zum Gericht gebracht werden, er beleidigt Beamte, versucht einem von ihnen einen Kopfstoß zu versetzten. Der Amtsrichter gibt das Verfahren ab, weil bei möglicher Schuldunfähigkeit des Mannes aufgrund psychischer Umstände statt einer Verurteilung auch eine Unterbringung in Betracht kommt – und darüber muss das Landgericht entscheiden.
Also sitzt der 53-Jährige mit dem markanten Haarschnitt nun vor einer fünfköpfigen Großen Strafkammer, und verhandelt wird über sieben Anklagen, der Großteil eher Kleinkriminalität: Sachbeschädigungen an einem Fenster und einer Tür in der Wohnanlage, ein beschmierter Stromverteilerkasten, und ein Buch aus einer Bücherbox am Zeughaus soll er verbrannt haben. Ferner habe der Mann in einem Brief an den Leiter der Staatsanwaltschaft Schweinfurt zwei Polizisten falsch beschuldigt.
Missbrauchsaufnahmen als "Beifang"?
Die Sachbeschädigungen in der Unterkunft bestreitet der Angeklagte, bei der Bücherbox habe er nur dort vorgefundenen "Unrat" verbrannt, wie eine Zigarettenschachtel und Dönerpapier, die Schmiererei am Telekom-Kasten räumt er ein. Sein massiver Widerstand gegen die Vorführung zum Gerichtsverfahren wird durch zahlreiche Zeugen belegt, auch ein Kopfstoß gegen einen Beamten, dem dieser aber noch ausweichen konnte, den der Angeklagte aber bestreitet. Ferner soll der 53-Jährige Polizisten als "Opfer", "Schlumpf" und "Vollpfosten" beleidigt haben.
Als gravierendsten Vorwurf sieht der Verteidiger den des Besitzes von 250 kinderpornografischen Dateien auf einem Mobiltelefon. Dieser Hinweis war aus den USA ans Bundeskriminalamt gelangt. Laut Verteidiger sollen die Dateien als "Beifang" eines Herabladens von legaler Pornografie versehentlich auf das Handy gelangt sein. Der sachkundige Polizeizeuge fand jedoch "keine Anhaltspunkte", dafür, "dass gemischte Container heruntergeladen wurden".
Jede Menge Vorstrafen
Unbekannt ist der Angeklagte für die Justiz nicht. Seit 1989 hat er 15 Vorstrafen angehäuft, unter den Delikten viele Körperverletzungen und Sachbeschädigungen, Versicherungsbetrug, Kennzeichenmissbrauch, räuberischer Diebstahl, Beleidigung, Betrug, Bedrohung, Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Nun also sieben neue Anklagen, seit Mitte Oktober sitzt er in Untersuchungshaft.
Doch wie schuldfähig ist der Mann? 2002 sei er erstmals wegen einer psychotischen Symptomatik behandelt worden, sagt die psychiatrische Sachverständige. Ärzte hätten immer wieder von Amphetamin- und THC-Konsum berichtet, nie aber von Halluzinationen. Paranoide Schizophrenie, wie einmal gemutmaßt, schließt sie demnach aus. Sie geht eher von einer nicht zu schwer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung des Angeklagten und drogeninduzierter Psychose aus. Pädophilie? "Keine Hinweise auf Auffälligkeiten."
Nur bei zwei Taten schließt sie eine eingeschränkte Schuldfähigkeit aufgrund einer drogeninduzierten Psychose nicht aus. Für eine Unterbringung sieht die Gutachterin keine Grundlage. Ein Urteil soll am Freitag, 3. Mai, fallen.