Manchmal ist es eine Momentsache, die das Leben für immer verändert: Wenn plötzlich ein geliebter Mensch stirbt, stehen Notfallseelsorger den Angehörigen zur Seite. So wie bei dem schweren Verkehrsunfall am Sonntagnachmittag auf der B 22 bei Oberschwarzach. Ein 23-jähriger Mann kam dabei ums Leben. Sieben Menschen wurden zum Teil schwer verletzt, auch drei Kinder waren unter ihnen. Sieben Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger waren an der Unfallstelle im Einsatz und betreuten Unfallopfer, deren Angehörige und Einsatzkräfte.
"Einsätze, bei denen Kinder betroffen sind, sind stark belastend", sagt Gottfried Schemm. Über 25 Jahre war der Gerolzhöfer als Notfallseelsorger im Einsatz. Er hat dabei viel Wissen aus Theologie, dem Feuerwehrwesen und seiner Zeit als Lehrer für sich nutzen können. Im vergangenen Jahr ist er aus dem Team der Notfallseelsorger im Raum Schweinfurt ausgeschieden.
Als Notfallseelsorger sei er oft mit Einsätzen in Berührung gekommen, die ihm "zu Herzen gingen", erzählt er im Gespräch mit dieser Redaktion. "Wenn du ein totes Kind im Arm halten musstest", Schemm atmet tief durch, "dann holt dich das immer wieder ein, dann kommt die Erinnerung immer wieder hoch."
Wichtig ist das Zuhören
Schemm ist ausgebildeter Theologe und war in seiner Funktion als Kreisbrandinspektor bei vielen Einsätzen dabei, bei denen er auch als Notfallseelsorger gebraucht wurde. "Wichtig war immer das Zuhören." Dem Gegenüber signalisieren, "ich bin für dich jetzt da, du bist jetzt der Mensch, der mich braucht". Man merke dabei schnell, ob das Gegenüber reden und die angebotene Hilfe annehmen könne beziehungsweise wolle oder eben nicht. Und da sei es dann wichtig, dies zu akzeptieren und zu respektieren.
Bei einem Pilotlehrgang an der Feuerwehrschule Regensburg lernte Schemm vor 25 Jahren die Grundlagen der Notfallseelsorge kennen, die er in den 1990er-Jahren gemeinsam mit Pfarrer Klaus Kuhn und Pfarrer Werner Kirchner im Raum Schweinfurt gründete. Einer seiner Ausbilder war Pfarrer Hanjo von Wietersheim, zuletzt Pfarrer in Iphofen, heute im Ruhestand. Er gilt als Urgestein der Notfallseelsorge. Schemm absolvierte später auch die Ausbildung zum leitenden Notfallseelsorger.
Auch Notfallseelsorger brauchen Beistand
Im Rückblick erinnert sich Schemm auch an eine Großübung, die kurz vor der Freigabe der Autobahn A 71 abgehalten wurde. Es war ein schwerer Unfall simuliert worden, bei dem auch Tote zu beklagen waren. In der Realität sind die Notfallseelsorger aber nicht nur am Unfallort im Einsatz, sondern haben auch die schwere Aufgabe, den Angehörigen die Todesnachrichten zu überbringen.
"Da muss man stark sein, um für die Hinterbliebenen ein Anker zu sein", sagt Schemm und wird sehr nachdenklich. "Wir Helfer brauchen danach aber auch eine Möglichkeit, uns jemanden anzuvertrauen." Erfahrene Kollegen, die Familie, gute Freunde könnten hier Beistand leisten. Wichtig seien deshalb auch die Einsatznachbesprechungen.
Wie ernst Schemm seine Aufgabe als Notfallseelsorger nahm, zeigte sich im September 2022, als er bereits aus dem aktiven Dienst ausgeschieden war und trotzdem bei einem Brand bis zum Eintreffen der alarmierten Kollegen eine Familie betreute.
Dem Theologen Schemm half auch immer ein Blick in die Bibel. Im Psalm 121 heißt es unter anderem: "Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat." Er will aber niemanden seine Sichtweise aufdrängen. "Mir hat das immer geholfen", sagt der langjährige Kreisbrandinspektor im Landkreis Schweinfurt.
Für neue Kollegen hat der ausgeschiedene Notfallseelsorger einige Tipps parat: "Redet mit erfahrenen Kollegen, engagiert euch vorab wenn möglich schon in Hilfsorganisationen und lasst euch bei einem belastenden Einsatz auch ablösen." Und: "Seid ehrlich zu euch selbst."
Wer sich über die Arbeit der Notfallseelsorge informieren möchte, findet Informationen auf der Internetseite des Kreisfeuerwehrverbands Schweinfurt: kfv-schweinfurt.de