Krebs. Kaum jemand, der niemanden kennt, der Krebs hat. Kaum jemand, der niemanden im Familien-oder Freundeskreis an Krebs verloren hat. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) erkrankt in Deutschland fast jeder Zweite im Laufe seines Lebens an Krebs: Bei Frauen beträgt das Risiko 42,6 Prozent, bei Männern 47,5 Prozent. Rund 80 Patienten kommen täglich in die Praxis für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) des Leopoldina-Krankenhauses.
Ambulante und stationäre Versorgung aus einer Hand
Diagnostik, Beratung, das sind Bausteine der Arbeit hier, erzählt Dr. Hans Reinel, Facharzt für Innere Medizin, Schwerpunkt Hämatologie/Onkologie, Schwerpunkt Palliativmedizin und Leiter der Praxis. In die Praxis am MVZ kommt aber auch, wer eine medikamentöse Krebstherapie macht. Vor zehn Jahren ist diese Abteilung entstanden. Damals wie heute eine Besonderheit ist die ambulante und stationäre Versorgung aus einer Hand, erklärt Reinel. Ärzte, Ärztinnen, Schwestern, Pfleger: Die Mitarbeiter, die drüben im Leopoldina arbeiten, sind auch hier im MVZ im Einsatz. "Wir sind ein homogenes Team."
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Das schaffe Vertrautheit, gebe den Patienten auch ein Gefühl der Sicherheit. Die Ärzte arbeiten interdisziplinär zusammen, erklärt Reinel. Dreimal in der Woche findet eine Tumorkonferenz statt. Jeder Patient wird vorgestellt, gemeinsam entschieden, welche Therapie für ihn oder für sie die richtige ist. Pathologen, Onkologen, Strahlenmediziner, Chirurgen, Gynäkologen diskutieren über die Fälle. "Die sektionsübergreifende Arbeit hat sich super etabliert", sagt Reinel. "Wir waren hier in Schweinfurt der Vorreiter."
"Wir haben über Sie gesprochen": Das komme gut an bei den Patienten. Auch von anderen Kliniken werden Fälle an das Team in der Tumorkonferenz herangetragen. "Wir geben oft eine Zweitmeinung ab." Mit dem Thorax-Zentrum gibt es eine regelmäßige Videokonferenz, auch mit den Kollegen vom Josefskrankenhaus in Schweinfurt bespricht man sich regelmäßig.
Ein großes Netz für die Patienten
Was für Reinel wichtig ist: Den Patienten zu vermitteln, dass es ein großes Netz gibt, das sie aufnehmen kann. Ernährungsberatung, Psychoonkologie, auch das seien wichtige Bereiche. Schließlich geht es nicht nur um den Körper, sondern auch um die Seele. Das Netz umfasst aber auch die Schmerztherapie an der Schmerzklinik und die palliative Betreuung. Dazu kommt noch die Zusammenarbeit mit den Hausärzten. Und im Leopoldina-Krankenhaus sitzt auch eine Krebsberatungsstelle.
Nur gut ein Drittel der onkologischen Therapien ist die klassische Chemo, sagen Reinel und sein Kollege Christoph Köchel. Zusammen mit Schwester Julia Harth und MVZ-Leiterin Monika Pfrang-Schmitt führen sie durch die jetzt leeren Räume. 8 bis 14 Uhr ist Hochbetrieb, sagt Onkoschwester Julia Harth. Wenn die Chemo nicht den Hauptanteil ausmacht, wie wird dann hier behandelt? Tablettentherapie, Immuntherapie, Antikörpertherapie, listet Heinel auf. 99 Prozent der Therapien werden hier gemacht, nur Stammzellentherapie nicht.
"Wir wollen nicht nur eine gute Medizin, sondern auch einen guten Aufenthalt bieten", das ist MVZ-Leiterin Monika Pfrang-Schmitt wichtig. Die Patienten können Snacks, Laptop, Strickzeug, Lesestoff mitbringen. In einem Schrank gibt's tragbare CD-Spieler, Kopfhörer, Lesebrillen, Lesestoff. Und es gibt Bioobst aus der Ökokiste. Fünf bis sechs Stunden kann eine Infusionsbehandlung dauern, da ist es wichtig, dass sich der Patient wohlfühlt, sagt Julia Harth. Eine Kollegin hat sich mit Aromatherapie beschäftigt: Auch das wird eingesetzt.
"Hier wird auch viel gelacht", sagt Hans Reinel. Viele Patienten lernen sich hier kennen, haben den gleichen Behandlungs-Rhythmus. Das scheint zusammenzuschweißen. Aber auch für das Team hier ergeben sich besondere Momente, so Reinel. "Viele Patienten kennt man über Jahre", das sei etwas Besonderes. "Man sieht die Kinder aufwachsen."
Julia Harth zeigt noch das Gästebuch, das im Flur ausliegt. "Herzlichen Dank für die liebevolle Zuwendung in dieser schweren Zeit", hat eine Patientin geschrieben. Sie und ihre Kolleginnen freuen sich über Rückmeldungen. Und darüber, wenn es den Menschen gut geht.
24 Stunden im Leopoldina-Krankenhaus: Im Rahmen einer Serie stellen wir das Krankenhaus vor, in dem 24 Stunden an den unterschiedlichsten Orten und Bereichen Betrieb ist. Von A wie Apotheke bis Z wie Zentrale Notaufnahme. Dabei geht es auch an Orte, die Patienten und Besucher nicht sehen. Alle Teile der Serie finden Sie unter : www.mainpost.de/24+Stunden+Leopoldina./