Stefan Menz und Joyce Waldorf versuchen Menschen zu helfen, für die sich die Welt geändert hat. Von heute auf Morgen. Durch eine Krebsdiagnose. Seit Januar 2016 betreut Stefan Menz die Psychoonkologie am Leopoldina. Seit Januar 2020 hat er Unterstützung: Joyce Waldorf macht eine Ausbildung zur Psychoonkologin und unterstützt ihn. "Eine ganz große Entlastung", sagt Menz. Es war immer schwer, in Urlaub zu gehen, nicht für die Patienten da sein zu können, sagt er. "Das fällt schwer, wir gehen den Weg ja miteinander."
Worum es geht bei der Psychoonkologie? Stefan Menz hat das so formuliert, als wir uns vor zwei Jahren über seine Arbeit unterhalten haben. „Es geht um Lebensqualität.“ Also im Grunde darum, die Krankheitsverarbeitung zu unterstützen, die psychische Befindlichkeit sowie Begleit- und Folgeprobleme der medizinischen Diagnostik oder Therapie zu verbessern, soziale Ressourcen zu stärken, Teilhabe zu ermöglichen und damit die Lebensqualität der Patienten und ihrer Angehörigen zu erhöhen.
“Das trifft die Sache gut. Menz und Waldorf helfen Krebspatienten, mit der Diagnose fertig zu werden. Sie helfen aber auch, Menschen, die unheilbar erkrankt sind, einen Weg zu finden, die verbleibende Zeit zu nutzen. Die beiden helfen aber auch, die Diagnose und die Therapie zu verstehen. Zum Beispiel, in dem sie die Fragen, die einen Patienten bewegen, an die Ärzte und Ärztinnen weitergeben. Bei der Visite war der Patient vielleicht zu aufgeregt, um zu fragen. Oder es ist ihm erst später eingefallen, was er noch wissen möchte.
Verständnis wecken für das, was der Krebs im Körper auslöst
Was passiert mit meinem Körper? Warum bin ich müde? Warum kriege ich keine Luft? Das zu wissen, hilft vielen Patienten, mit der Krankheit umzugehen, sagt Waldorf. Ausgehend von dem Verständnis, was im Körper passiert, kann man mit den Patienten gemeinsam Maßnahmen ableiten, um Linderung zu schaffen, zum Beispiel bei Schmerzen, Luftnot, Übelkeit.
Das führt dazu, dass die Patienten das Gefühl bekommen, selbst etwas tun zu können, den Symptomen und auch der Erkrankung nicht hilflos ausgeliefert zu sein. Sie und Stefan Menz kümmern sich aber auch um weitere Infos: Hilfsangebote, zum Beispiel bei der Bayerischen Krebsgesellschaft, die auch im Leo sitzt oder bei Selbsthilfegruppen. "Wir schauen, dass alle zusammenhelfen", sagt Waldorf.
Menz und Waldorf reden aber nicht nur mit Patienten: Sie sind auch Ansprechpartner für die Angehörigen. Denn die Diagnose Krebs stürzt jeden Menschen und sein familiäres Umfeld aus heiterem Himmel in eine existenzielle Krise. Sie fallen in ein emotionales Loch.
Nicht jeder will über seine Krankheit reden
Wie gehen Menz und Waldorf damit um? Wie nah kommen ihnen die Schicksale, denen sie begegnen? "Vieles relativiert sich", spricht Stefan Menz den Umgang mit Alltagsproblemen an. Er sammelt Kraft in der Natur. "Man regt sich nicht mehr über alles auf", meint Joyce Waldorf. "Ich weiß meine eigenen Fähigkeiten viel mehr zu schätzen und meine Lebensqualität wird weniger durch irgendwelche Alltagszipperlein beeinträchtigt."
Nicht jeder Patient will reden über seine Krankheit. Mancher braucht noch ein bisschen Zeit, vielleicht auch, weil er verdrängt, was mit ihm los ist. "Man braucht ein Gefühl für die Leute", sagt Waldorf. "Man muss Geduld haben", sagt Menz. Frauen scheinen seiner Beobachtung nach eher daran interessiert zu sein, mit einem Außenstehenden über ihre Erkrankung zu reden. Männer seien oft eher schweigsam, wirken uninteressiert an seinem Gespräch, hat Menz beobachtet. War er aber mal nicht zur gewohnten Zeit auf Station, erfährt er dann, dass das einem Patienten gar nicht gefallen hat, obwohl er eigentlich keinen Kontakt wollte. Es gibt auch Patienten, die beiden sagen: "Ich brauche niemanden." Die Kinder sind dann aber zu ihnen gekommen, um sich Unterstützung zu holen.
Letzte Dinge Regeln, noch auf eine Sache hinleben: Das ist ein Herzensanliegen für viele Menschen, denen sie begegnen. Eine Frau schaffte es, noch zu erleben, wie ihr Kind in die Schule kommt. Eine andere wünschte sich, das neugebaute Haus ihres Sohnes zu sehen. Mit dem Wunschmobil des BRK hat sie diese Tour gemacht: "Schön, dass es sowas gibt", sagt Menz.
24 Stunden im Leopoldina-Krankenhaus: Im Rahmen einer Serie stellen wir das Krankenhaus vor, in dem 24 Stunden an den unterschiedlichsten Orten und Bereichen Betrieb ist. Von A wie Apotheke bis Z wie Zentrale Notaufnahme. Dabei geht es auch an Orte, die Patienten und Besucher nicht sehen. Alle Teile der Serie finden Sie unter : www.mainpost.de/24+Stunden+Leopoldina./