Die Schweinfurter Flessabank wird im Jahr 2024 100 Jahre alt. Anstatt eines Festakts hat die Bank, die bis heute in Familienbesitz ist, lieber gespendet: 100.000 Euro gehen an den Hospizverein, der zusammen mit den Johannitern ein stationäres Hospiz für Schweinfurt und Umgebung errichten will.
Spendenüberreichungen gelten in aller Regel nicht als besonders unterhaltsame Anlässe. Diese vor geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Medizin und Pflege in der Schweinfurter Kunsthalle war anders: kurze, prägnante Ansprachen, mal herzlich, mal in die Tiefe gehend, aufschlussreich moderierte Kammermusik, Zeit für persönliche Begegnungen.
Johannes Mühler, Vorsitzender des Hospizvereins, setzte gleich zu Beginn den Ton: "Ich habe die ausdrückliche Anregung bekommen, die vielen bedeutenden Menschen, die heute hier anwesend sind, nicht einzeln zu begrüßen." Und Mathias Ritzmann, einer von drei persönlich haftenden Gesellschaftern der Flessabank und Überreicher des Spendenschecks, leitete seine Ansprache mit den Worten ein, "es geht schnell".
In großer Einmütigkeit sei die Wahl auf den Hospizverein gefallen, so Ritzmann. "Die Begleitung in den letzten Momenten des Lebens, der Beistand für die Betroffenen und die Stärkung der ihnen Nahestehenden, oft auch im Stillen, ist eine großartige Leistung, die Sie ehrenamtlich und voller Engagement für unser Gemeinwohl erbringen." Damit verkörpere der Hospizverein "die Ideale und Werte, die auch wir leben wollen".
Wenn sich der vermeintliche Fortschritt im Alter als Bürde erweist
Die Flessabank beschäftigt knapp 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unterhält neben dem Schweinfurter Hauptsitz 28 Niederlassungen in Bayern, Thüringen und Sachsen. Die Bilanzsumme betrug 2023 2,65 Milliarden Euro und sei über die Jahre kontinuierlich gewachsen, teilt die Bank mit. Heute leiten die persönlich haftenden Gesellschafter Mathias Ritzmann, Gerd Sachs und Fritz Ritzmann und seit 2023 auch Christoph Höger als Mitglied der erweiterten Geschäftsführung die Geschicke der Bank.
Geladen war auch das Bamberger Streichquartett, das mit Werken von Mozart, Haydn und Beethoven einen fundierten Rundumschlag zur Wiener Klassik beisteuerte, deren stilistische wie philosophische Entwicklung das begeisterte Publikum dank der unterhaltsamen Moderation von Cellist Karlheinz Busch quasi live nachvollziehen konnte. Busch: "Mozart und Haydn wollten unterhalten, Beethoven aber wollte mehr. Er wollte die Menschen durch die Musik besser machen."
Johannes Mühler, Chefarzt der neurologischen Klinik am Leopoldina-Krankenhaus, griff in seinem Referat das Thema Musik auf: "Der Mensch ist, soweit wir wissen, die einzige Spezies, die Musik kennt." Erst mit dem Bewusstsein seiner eigenen Endlichkeit habe der Mensch angefangen, Sprache, Kunst und Kultur zu entwickeln.
"Sterben war früher anders als heute", so Mühler. Im Jahr 1800 habe die Lebenserwartung maximal 30 Jahre betragen. "Da wären die Reihen heute deutlich gelichtet." Aber jeder Fortschritt schaffe auch Herausforderungen. Was den heute Jungen erstrebenswert erscheine – Individualisierung, Mobilität, Autonomie – werde im Alter zur Bürde. "Da werden wir wieder Angewiesene und Bedürftige."
Der Wandel der gesellschaftlichen Strukturen hinterlasse Lücken. "Diese Lücken schließt die Hospizbewegung", so Mühler. Sie stehe für Selbstbestimmung am Ende des Lebens. Eine weitere Lücke werde sich außerdem sehr bald schließen. "Wir haben noch kein stationäres Hospiz. Es ist manchmal mühsam, die Dinge voranzubringen, aber jetzt stehen wir ganz kurz vor dem Durchbruch." Seit Donnerstagabend ist der Verein jedenfalls 100.000 Euro näher am Ziel.