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Bad Neustadt
Nach den tödlichen Verkehrsunfällen auf der B279: Wie gehen Rettungskräfte mit Leid und Tod um?
Es sind oft Ehrenamtliche, die als erste zu dramatischen Unfällen kommen. Wie verkraften sie die belastenden Einsätze? Und wer bietet ihnen Hilfe an?
Die schnelle Hilfe für die verletzten Personen steht bei Unfällen an erster Stelle. Oftmals musste die Feuerwehr vorher bei der Rettung aus dem Fahrzeug mithelfen.
Foto: Hanns Friedrich | Die schnelle Hilfe für die verletzten Personen steht bei Unfällen an erster Stelle. Oftmals musste die Feuerwehr vorher bei der Rettung aus dem Fahrzeug mithelfen.
Hanns Friedrich
Hanns Friedrich
 |  aktualisiert: 23.05.2024 02:50 Uhr

Verkehrsunfälle mit Schwerverletzten oder getöteten Personen sind für Rettungskräfte belastend. So auch am 30. April auf der 279 bei Frankenheim, wo eine Fahrerin aus bislang ungeklärter Ursache frontal mit einem Lastkraftwagen zusammenprallte.

Wenige Tage später dann, ebenfalls auf der B 279, bei Bad Neustadt am Zubringer zur A 71, der nächste Einsatz. Hier wurde der Fahrer aus dem Auto unter einen Lastkraftwagen geschleudert und tödlich verletzt. Seine Mitfahrerin wurde lebensgefährlich verletzt und starb einen Tag später in der Klinik. Hinzu kamen weitere Verletzte und Leichenteile, die auf der Fahrbahn verstreut lagen. Es sind schreckliche Anblicke, die auf Hilfskräfte immer wieder zukommen. 

Zunächst wurden die Schwerverletzten gerettet

Vor Ort waren Kreisbrandrat Stefan Schmöger, Einsatzleiter der Feuerwehr war Kreisbrandinspektor Michael Omert. Ein Toter musste später geborgen werden, zunächst aber galt es, die Schwerverletzten aus Fahrzeug und Lastkraftwagen zu retten und dem Rettungsdienst zu übergeben.

Erst danach sprach der Einsatzleiter der Feuerwehr mit Kommandant Markus Schneyer von der Feuerwehr Bad Neustadt, wer die Bergung des Toten unter dem Lastkraftwagen übernehmen könnte. "Das kann ich nicht anordnen, dass müssen meine Männer selbst entscheiden", entgegnete der Kommandant darauf und fügte an: "Ein solches zerstörtes Unfallfahrzeug habe ich bisher noch nicht gesehen und auch die Bergung gestaltete sich sehr schwierig, da das Auto im Lastkraftwagen verklemmt war, sodass die Fahrzeuge erst auseinandergezogen werden mussten." Dies alles geschah aber erst, als der Bestatter bereits vor Ort war, damit ihm die Leiche übergeben werden konnte.

Psychosoziale Notfallversorgung ist unerlässlich

Unterstützung gab es durch die Saaler Feuerwehrleute. "Wir waren zwar nur unterstützend dabei, haben uns im Hintergrund gehalten, aber es war auch für unsere Jungs ein äußerst schwieriger Einsatz, den man nicht so einfach wegsteckt", sagt der stellvertretende Kommandant Matthias Hess. Ein großer Vorteil ist in seinen Augen die Psychosoziale Notfallversorgung, die in solchen Fällen als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung steht: "Sie sind ganz wichtig, vor alle für junge Feuerwehrleute, um so etwas zu verkraften."

Dazu gehöre es auch nach dem Einsatz am Feuerwehrgerätehaus noch zusammen zu sitzen und zu reden. "Da ist die Kameradschaft ganz, ganz wichtig und hilfreich", fügt der Bad Neustädter Kommandant Markus Schneyer an. In Bad Neustadt habe es Pizza und Getränke gegeben und damit die Möglichkeit zur Nachbesprechung

Nüchterne Aufarbeitung des Erlebten

Meistens ist der Rettungsdienst als erster vor Ort, dann folgt der Einsatzleiter Rettungsdienst. Elias Holzheimer, Einsatzleiter Rettungsdienst, war bei beiden Unfällen dabei. Wie verarbeitetet man einen so schweren Einsatz, wie jetzt am Zubringer zur A 71? "Notwendig sind für die persönliche Verarbeitung, auch im Nachhinein, die Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen, und zwar ganz nüchtern und ohne emotional zu werden", sagt Holzheimer. Gerade die Einsatzleiter Rettungsdienste seien gut geschult. Sie müssen sowohl in einer Leitstelle, bei der Polizei und in einer Klinik, als auch bei der Feuerwehr hospitieren, um Einblicke und Kontakte für den künftigen Dienst zu bekommen.

Elias Holzheimer, der Einsatzleiter des Rettungsdienstes, hielt auch bei dem Unfall am Autobahnzubringer der B279 den Kontakt mit Kliniken zur Aufnahme der Patienten.
Foto: Hanns Friedrich | Elias Holzheimer, der Einsatzleiter des Rettungsdienstes, hielt auch bei dem Unfall am Autobahnzubringer der B279 den Kontakt mit Kliniken zur Aufnahme der Patienten.

Richard Rockenzahn, Leiter der Einsatzleitergruppe Rettungsdienst beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) in Rhön-Grabfeld, nennt die kollegialen Ansprechpartner im BRK und vor allem "das Miteinanderreden." Auch für Notarzt Klaus Büchner war dies kein alltäglicher Einsatz. "Vor Ort erledigt man seine Arbeit und schaut, dass den Patienten schnell geholfen wird und sie in die Klinik gebracht werden, den Einsatz selbst verarbeitet man dann später." In fast 35 Jahren Notarztdienst weiß Klaus Büchner, wovon er spricht, denn "da habe ich schon einiges erlebt, das verkraftet werden musste", wie Büchner erzählt.

Seelsorger am Rhönklinikum Bad Neustadt standen bereit

In das Einsatzgeschehen sind immer Beamtinnen und Beamte der Polizei eingebunden, die den Unfallhergang aufnehmen. Bei schweren Unfällen, wie am Zubringer oder bei Frankenheim, gibt es auch hier eine Nachbesprechung. Das Präsidium bietet zusätzlich Diplompsychologen, die für Beamte nach besonders schweren Einsätzen zur Verfügung stehen. Angefordert werden bei schweren Unfällen auch Notfallseelsorger.

Unter den Rettungskräften war auch Notfallseelsorger Thomas Menzel
Foto: Hanns Friedrich | Unter den Rettungskräften war auch Notfallseelsorger Thomas Menzel

In Bad Neustadt waren sowohl der Mellrichstädter Pfarrer Thomas Menzel als auch Thomas Keßler aus Brendlorenzen vor Ort. Informiert wurde zudem die Seelsorgerin am Rhön-Klinikum-Campus in Bad Neustadt, wo die Schwerverletzten eingeliefert wurden. Als Notfallseelsorger sei man Ansprechpartner für die Einsatzkräfte und auch für diejenigen dagewesen, die später den Toten unter dem Lastkraftwagen geborgen haben.

Die Einsatzleitung mit Kreisbrandrat Stefan Schmöger und dem Stellvertreter Kreisbrandinspektor Michael Omert sowie Christian Klein vom Technischen Hilfswerk (THW) am Bereich der Brücke. Hier ging es darum, wohin eventuell auslaufende Betriebsstoffe fließen.
Foto: Hanns Friedrich | Die Einsatzleitung mit Kreisbrandrat Stefan Schmöger und dem Stellvertreter Kreisbrandinspektor Michael Omert sowie Christian Klein vom Technischen Hilfswerk (THW) am Bereich der Brücke.

Die Notfallseelsorge ist für Pfarrer Thomas Menzel gerade in solchen Situationen wichtig. Oft sei es ein Signal für die Einsatzkräfte, dass jemand da ist, der Menschen in akuten Notsituationen zumindest ein bisschen Halt geben kann. "Wenn am Ende eines Einsatzes ein 'Danke, dass Sie da waren' über die Lippen kommt, dann weiß ich, etwas Gutes und Richtiges getan zu haben", sagt Menzel. Er selbst verarbeite und verkrafte solche Einsätze durch Gespräche mit einer vertrauten Person.

 
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Kommentare
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  • Franz Schröter
    An alle Einsatzkräfte, schön dass es euch gibt. Vielen Dank für euren Einsatz, Leben zu Retten, egal wie schwer es ist.
    Das nenne ich mal einen tollen Bericht von der Mainpost.
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  • Kristina Kunzmann
    Sehr geehrter Herr Schröter, vielen Dank für Ihr Lob! Ich gebe es gerne an den Autoren Herrn Friedrich weiter. Herzliche Grüße von Kristina Kunzmann (Redaktion Rhön-Grabfeld)
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