Es war der 17. März 2020, da meldete das Landratsamt den ersten Corona-Patienten aus Rhön-Grabfeld, der wegen seiner Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden musste. Es sollten, wie man jetzt weiß, über die nun schon fast zwei Jahre Pandemie viele weitere am Rhön-Klinikum Campus in Bad Neustadt hinzukommen.
Als Corona-Schwerpunktklinik nimmt der Campus darüber hinaus auch Patienten aus den umliegenden Landkreisen oder gar anderen Bundesländern auf. "Wir sind stolz auf unsere Mitarbeiter, die täglich über ihre Grenzen gehen", dankte ihnen Sandra Henek, die geschäftsführende Direktorin des Campus, und sprach den weiteren Verantwortlichen der Klinik aus der Seele.
Dem Personal wird viel Flexibilität abverlangt
So auch Christian Imhof, Pflegedienstleitung des Zentrums für klinische Medizin Normalstationen. Neben der schweren körperlichen Arbeit mit dem stundenlangen Tragen der FFP2- und einer zusätzlichen Gesichtsmaske komme hinzu, dass das Personal je nach Qualifikation und Eignung aufgrund der engen Zusammenarbeit mit der Neurologie am Standort gebündelt und verschoben werden müsse.
"Das ist ein sehr hoher organisatorischer Aufwand und erfordert von unseren Mitarbeitern extrem viel Flexibilität", beschreibt es Imhof. Teilweise könne man dem Personal am Vormittag noch gar nicht sagen, wo sie am Nachmittag im Einsatz sind.
Neben dem körperlichen Aspekt überwiege aufgrund der langen Pandemie-Zeit mittlerweile die emotionale Komponente. "Wie in der Bevölkerung macht sich auch in der Pflege eine gewisse Müdigkeit breit", fällt Imhof auf. Obwohl man viel Personal, Kraft und Energie einsetze, komme man momentan nicht mehr vor die Welle. "Und das ist das Gefühl, was die Pflegenden alle umtreibt. Dass die eingesetzte Energie zu verpuffen droht", so der Pflegedienstleiter.
Zeitweise dreimal mehr Personal als üblich auf Station
Zeitweise waren auf der Coronastation C6 zu Spitzenzeiten bis zu 30 Mitarbeiter im Einsatz - fast das Dreifache als üblich, um die erforderlichen Erholungspausen zu ermöglichen und dem Patienten gerecht zu werden. Christian Imhof erinnert sich in diesem Zusammenhang an eine Schlagzeile, in der es hieß, dass den "Marathonsprintern" drohe, die Luft auszugehen. "Das beschreibt es relativ gut." Marathon wegen der langen Pandemie-Zeit und Sprint, weil man unter anderem aufgrund der Schwere der Erkrankungen schnell reagieren und handeln müsse.
So komme es nicht selten vor, dass sich auf der Corona-Station der Zustand von Patienten schnell stark verschlechtert. "Das macht etwas mit den Leuten und das ist kein Einzelfall", so Imhof, der deshalb auch mit Sorge auf die Omikron-Variante blickt. Mit seelsorgerischen Angeboten und Resilienz-Trainings (Erhöhung der Widerstandsfähigkeit) möchte man den Mitarbeitern helfen, besser mit der psychischen Belastung umzugehen und gegebenenfalls akute Krisen zu meistern.
Campus-Impfquote nicht genau bezifferbar
Sorge bereitet den Campus-Verantwortlichen darüber hinaus, Mitarbeiter aufgrund der beschlossenen Impfpflicht für Pflege- und Klinikpersonal zeitnah zu verlieren. Wie hoch die Impfquote unter den Campus-Mitarbeitern ist, konnte Bernd Griewing, Vorstand Medizin der Rhön-Klinikum AG, tagesaktuell nicht genau beziffern. "Die Zahl wäre aufgrund der laufenden Impfungen und der verbundenen Dynamik bei uns morgen schon wieder überholt", sagt er.
Da der Campus laut seiner Aussage ein Spiegelbild der Gesellschaft sei, arbeiten auch hier noch einige ungeimpfte Mitarbeiter. Die bayernweite Impfquote bezogen auf eine vollständige Immunisierung (zwei Impfungen) lag am Dienstag bei rund 69 Prozent.
Ungeimpfte Mitarbeiter von Impfung überzeugen
"Natürlich sind wir alle daran interessiert, dass unsere wertvollen Mitarbeiter am Campus, egal ob ungeimpft oder geimpft, auch weiter unsere Mitarbeiter bleiben", macht Sandra Henek deutlich. Im gemeinsamen Dialog wolle man sie von der Sinnhaftigkeit der Impfung überzeugen. Erreicht werden soll dies durch Telefonsprechstunden oder das Angebot von mehrsprachigen öffentlich zugänglichen Videogesprächen, an denen Vertreter der Krankenhaushygiene und Ärzte teilnehmen.
"Wir bieten auch Präsenzveranstaltungen in Kleingruppen an. Dort können die Mitarbeiter in den direkten Dialog mit uns treten, um ihre Fragen und Bedenken zu äußern", so Henek weiter. Denn Druck erzeuge bekanntlich Gegendruck.
Den will auch Bernd Griewing tunlichst vermeiden. "Im Einzelfall kann es natürlich harte arbeitsrechtliche Konsequenzen haben", sagt der Mediziner, "aber wir wollen sie möglichst ausschließen."
Motto: "Alleine stark, gemeinsam unschlagbar"
Gespräche, Aufklärung und Sensibilisierung sind in Bezug auf die Impfpflicht die Überbegriffe, da sind sich alle Campus-Verantwortlichen einig. Man wolle es gemeinsam schaffen. Passend dazu sind auf dem Gelände im Rahmen einer kürzlich gestarteten Personaloffensive Bauzäune mit Bannern aufgestellt worden. Ein Slogan lautet: "Alleine stark, gemeinsam unschlagbar."