
Im vergangenen Dezember hat die Udo-Lindenberg-Mittelschule Mellrichstadt eine Friedensbotschaft in die Welt gesendet. In ihrem Weihnachtsvideo "Bis es dunkel wird" hat die Schulfamilie die Schrecken von Kriegen auf der Welt thematisiert – damals ahnte noch niemand, dass am 24. Februar durch die Invasion russischer Truppen in die Ukraine solch ein Horrorszenario auf europäischem Boden zur Realität wird. So ist die Frage "Wozu sind Kriege da?" heute aktueller denn je, und die Eindringlichkeit, mit der die Schülerinnen und Schüler das Thema im Kurzfilm umgesetzt haben, hat nun auch eine hochkarätige Jury beeindruckt. Beim ersten deutschen Online-Schulfilmfestival wurde die Mittelschule mit dem Förderpreis der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ausgezeichnet.

Schulleiter Achim Libischer hatte im vergangenen Herbst die Idee, die Kurzgeschichte "Nachts schlafen die Ratten doch" von Wolfgang Borchert mit dem Udo-Lindenberg-Song "Wozu sind Kriege da" von 1981 miteinander zu verknüpfen. Die bewegende Geschichte, 1947 in der Nachkriegszeit entstanden, und das Lied, geschrieben in einer Zeit, als der Kalte Krieg die Welt in Atem hielt, zeigen auf, was Millionen Menschen gerade erleben: Angst, Leid, Zerstörung, Vertreibung und Tod.
Wie drücken die Schüler ihre Gefühle im Film aus?
Das Schulfilmfestival "Aufblende 2022" ist neu, lief wegen der Corona-Pandemie ausschließlich im Netz und sollte zeigen, was Kinder und Jugendliche bewegt und wie sie ihre Gefühle filmisch ausdrücken. Ab 10. März wurden vier Tage lang Filme deutschsprachiger Schulen, auch deutscher Auslandsschulen rund um den Globus, präsentiert. Insgesamt wurden sechs Filme mit einem Förderpreis gewürdigt. Veranstaltet wurde das Event vom Verein Drehort Schule sowie der LAG Theater und Film an den Schulen in Bayern.
Von den 64 eingereichten Filmbeiträgen wählte die Jury zunächst 31 aus, die beim Festival gezeigt wurden. Daneben standen moderierte Online-Filmgespräche mit den Schülern und Online-Workshops mit Profis der Filmbranche im Mittelpunkt des virtuellen Treffens. Auch die Lehrer diskutierten im Netz über die Filmarbeit in der Schulpraxis.
Bewegender Appell für den Frieden in der Welt
Am zweiten Festivalnachmittag hatte dann die Mittelschule Mellrichstadt ihren großen Auftritt. Nachdem der knapp acht Minuten lange Videoclip "Bis es dunkel wird" über die virtuelle Leinwand geflimmert war, standen sieben Jugendliche sowie Lehrerin Lena Grötsch online der Jury und anderen Kommentatoren Rede und Antwort, wie aus Borcherts Kurzgeschichte und Lindenbergs Anti-Kriegs-Lied ein bewegender Appell für den Frieden in der Welt wurde.
Die Fragen waren laut Lena Grötsch einerseits praktischer Natur, aber auch auf die Emotionen der Schüler ausgerichtet. "Die Jury wollte zum Beispiel wissen, wie wir es geschafft haben, nahezu die ganze Schule für den Kurzfilm zu mobilisieren", sagt Lena Grötsch. Kommentatoren fragten aber auch nach, ob es schwierig für die Jugendlichen war, sich mit den Thema Krieg auseinanderzusetzen und wie sie den Dreh emotional erlebt haben. Da agierten die Schüler cool: "Wir sind alte Hasen", haben sie laut Grötsch lässig vor der Jury verkündet.
Mittelschule setzt ein klares Statement gegen Krieg
Die Lehrerin kann dem nur stolz beipflichten. Sie hat das Filmprojekt maßgeblich betreut und freut sich über den Erfolg. "Am Festival haben auch Abiturklassen teilgenommen. Daher ist es einfach toll, dass die künstlerische Arbeit unserer jungen Schüler mit einem Preis gewürdigt wird." Die Udo-Lindenberg-Mittelschule wurde von der Jury als Vorreiterin gelobt, die ein deutliches Statement gegen Krieg gesetzt habe. Auch andere Schulen sind laut Lena Grötsch aufgerufen, diesem Beispiel zu folgen.
Bei der Bewertung ihres Kurzfilms wird die Schulfamilie mit Lob überhäuft. Im Wortlaut heißt es: "Selten war ein Film in politischer Hinsicht aktueller als dieser: Wozu sind Kriege da? Das Lied von Udo Lindenberg nahmen sich die Kinder der Mittelschule aus Mellrichstadt zum Anlass, ein Gesamtkunstwerk aus Literatur, Musik, Video und Theater zu gestalten. Eine Kurzgeschichte von Wolfgang Borchert steht im Mittelpunkt des Werks. Ein Junge bewacht die Ruine seines Hauses, das von einer Bombe getroffen wurde. Er will die Ratten fernhalten. Es geht um sinnlosen Verlust und Verantwortung. Um Kinder, denen der Krieg die Kindheit geraubt hat.
"Man glaubt, Profis statt Schülerinnen und Schüler vor sich zu haben"
Die Szenen werden so glaubwürdig und eindringlich gespielt, die Situation filmisch so gekonnt aufgelöst, das Lied wird so bewegend vorgetragen, dass man glaubt, Profis statt Schülerinnen und Schüler vor sich zu haben. Damit nicht genug: Es ist die ganze Schule, die mit dieser Inszenierung ein Statement gegen den Krieg abgibt. Von Udo Lindenberg, seiner Melodie und seinem Text inspiriert, treten sie für Frieden und Zusammenhalt der Menschen ein. Was für ein beeindruckendes Bild, wenn am Ende des Films alle Schülerinnen und Schüler für diese Werte einstehen."

So sehr sich Lena Grötsch über die Würdigung der Jurymitglieder freut, sieht sie die Auszeichnung mit einem lachenden und einem weinenden Auge. "Wir haben den Preis auch erhalten, weil unser Video die derzeitige politische Lage so deutlich widerspiegelt. Lieber wäre es uns allen, wenn Frieden in der Ukraine herrschen würde", macht sie deutlich.
Kurzfilm wurde bereits über 11.000 Mal angeklickt
Einmal mehr stellt sich die Frage: Wozu sind Kriege da? Die Botschaft der Schülerinnen und Schüler erreicht immer mehr Menschen. Mehr als 11.000 Mal wurde der Kurzfilm "Bis es dunkel wird" nun schon auf YouTube angeklickt. Schulleiter Achim Libischer ist stolz auf die Schulfamilie, auf die Hauptdarsteller Jamal und Sophia und den großen Zusammenhalt beim Videodreh. Zur Preisverleihung verkündet er auf der Homepage der Schule: "Was für eine Freude! Wir bedanken uns ganz herzlich und machen, getragen durch so viel Rückenwind, mindestens so lange weiter, bis es wieder hell wird."