
Die gute Nachricht zuerst: Bad Neustadts Haushalt steht am Ende des Jahres voraussichtlich besser da, als zu Beginn angenommen. Bad Neustadts Kämmerer Andreas Schlagmüller sprach im Stadtrat von einer "sehr erfreulichen Entwicklung", da der Haushaltsansatz nach jetzigem Stand am Ende des Jahres wohl um 1,7 Millionen Euro übertroffen werde. Grund sind vor allem Mehreinnahmen im Bereich der Gewerbesteuer.
Nichtsdestotrotz musste der Stadtrat in derselben Sitzung über eine Erhöhung der Realsteuerhebesätze diskutieren. Das sind die von der Stadt festgelegten Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer. Der Grund: Als die Kommunalaufsicht den Haushaltsplan 2023 und den Finanzplan 2024 bis 2026 prüfte, meldete sie Bedenken hinsichtlich der dauerhaften finanziellen Leistungsfähigkeit Bad Neustadts an.
Weshalb sich die Rechtsaufsicht über Bad Neustadts Finanzkraft sorgt
Der Punkt, der der Rechtsaufsicht Sorge bereitete: Bad Neustadts Verwaltungshaushalt erwirtschaftet in drei der vier Finanzplanungsjahre nicht die geforderte Mindestzuführung an den Vermögenshaushalt. Entsprechend genehmigte die Kommunalaufsicht eine Kreditaufnahme 2023 nur unter Auflagen. Eine der Anforderungen an die Kommune: Bad Neustadt müsse über eine Erhöhung der Realsteuerhebesätze beraten. Was jüngst in der Stadtratssitzung geschah.
"Gegenwärtig" hält die Verwaltung eine Erhöhung der Realsteuerhebesätze aber für noch nicht angebracht. Die Ratsmitglieder schlossen sich dieser Einschätzung einstimmig an.
Kämmerer Schlagmüller: "Ein Jahr, wo man sagt: eigentlich ganz in Ordnung."
Weshalb die Entscheidung so ausfiel, erläuterte Kämmerer Andreas Schlagmüller: Vorsichtige Schätzungen ließen erwarten, dass der Verwaltungshaushalt 2023 gegenüber der Planung ein um 3 Millionen Euro besseres Ergebnis erwirtschaften und mit einem Defizit von nur 7,3 Millionen Euro abschließen werde. Bereinige man das um einmalig darin enthaltene Zahlungsvorgänge, ergebe sich sogar ein möglicher Überschuss von 3,5 Millionen Euro und eine freie Finanzspanne von 2,8 Millionen Euro. "Ein Jahr, wo man sagt: eigentlich ganz in Ordnung", fasste Schlagmüller zusammen.
Ein "Aber" schwang in seinem Ausblick mit: Aufgrund von Kostensteigerungen müsse in den kommenden Jahren mit deutlich reduzierten Ergebnissen des Verwaltungshaushalts gerechnet werden. Im Jahr 2024 würden allein die Personalkosten aufgrund des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst und Personalmehrungen um über 1,6 Millionen Euro steigen.
Bei weiterem Kostenanstieg muss eine Erhöhung der Realsteuerhebesätze neu geprüft werden
Die Realsteuerhebesätze anzuheben, werde von ihm aktuell auch deshalb nicht empfohlen, da die Gemeindeordnung bei Konsolidierungsmaßnahmen eine "gewisse Rangfolge" empfehle: Zunächst sollten Gebühren und Entgelte für städtische Leistungen angehoben und Kosteneinsparpotenziale etwa bei freiwilligen Leistungen identifiziert werden.
Aufhorchen lässt, auch angesichts der dieser Tage anstehenden Diskussion um die Sanierung der Alten Amtskellerei, Schlagmüllers abschließendes Statement: "Wird sich künftig ein weiterer Kostenanstieg – auch aufgrund der Folgekosten neu geschaffener Einrichtungen – ergeben, wird eine Erhöhung unserer Realsteuerhebesätze neu zu prüfen sein."
Die Kalkulation der neuen Friedhofsgebühren lässt länger als gedacht auf sich warten
Die Erhöhung der Realsteuerhebesätze war nicht die einzige von der Kommunalaufsicht angestoßene Konsolidierungsmaßnahme, die von Seiten der Ratsmitglieder in dieser Sitzung abgelehnt wurde. Beim Thema Friedhofsgebühren waren die Bad Neustädter Räte aus anderem Grund zögerlich.
Dass die Friedhofsgebühren in naher Zukunft erhöht werden, ist innerhalb des Rates recht unstrittig. Um wie viel sollte bis Jahresende ein mit der Gebührenkalkulation beauftragtes Büro ermitteln. Das kann die Daten jedoch nicht, wie geplant, zum Jahreswechsel liefern, informierte Bürgermeister Michael Werner. Weshalb die Kommunalaufsicht einen Rückwirkungsbeschluss empfohlen habe, durch den die zu erwartenden höheren Gebühren den Bürgern rückwirkend in Rechnung gestellt werden dürften.
Weshalb ein Rückwirkungsbeschluss für die Stadträte keine Option ist
"Ich werde dem nicht zustimmen", widersprach Stadträtin Rita Rösch (SPD) als erste vehement diesem Vorgehen. Sie spreche sich damit nicht gegen eine Gebühren-Erhöhung aus, stellte sie klar. Aber bevor sie abstimme, wolle sie konkrete Zahlen kennen.
Der Rückwirkungsbeschluss sei kein Freibrief, der Stadtrat würde die Gebühren zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam beschließen, erläuterte Werner. Bis das passiere, lese der Bürger einen Passus auf seiner Rechnung, dass die Stadt aktuell in der Neukalkulation sei und im Falle einer Erhöhung eventuell rückwirkend noch eine Folge-Rechnung gestellt werde.
Einstimmig gegen den Beschlussvorschlag - dieses Abstimmungsverhalten kommt selten vor
Doch auch Christoph Rothaupt (Freie Wähler) zeigte sich skeptisch: "Man beerdigt jemanden, hat mit der Trauer zu kämpfen und dann steht auf der Rechnung: Vielleicht kommt noch einmal eine Rechnung." Alexander Barthelmes (CSU) ergänzte: "Jetzt haben wir seit 2015 die Gebühren nicht erhöht, da kommt es auf drei Monate nicht an."
Am Ende stimmten die Räte bei diesem Tagesordnungspunkt ungewöhnlich ab, indem sie einstimmig die Beschlussvorlage und damit einen Rückwirkungsbeschluss ablehnten. "Passt", kommentierte Bürgermeister Werner, der sich am Ende auch selbst den kritischen Stimmen anschloss, "dafür diskutieren wir".