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Bad Neustadt
Nächste Hiobsbotschaft in der Industriekrise: Siemens will Stellen in Bad Neustadt abbauen – So viele sind betroffen
Im Kreis Rhön-Grabfeld vermeldet das nächste, große Industrieunternehmen, dass Stellen abgebaut werden sollen. Was bisher bekannt ist und wie der Abbau ablaufen soll.
Der geplante Stellenabbau von Siemens trifft auch den Standort in Bad Neustadt.
Foto: René Ruprecht (Archivfoto) | Der geplante Stellenabbau von Siemens trifft auch den Standort in Bad Neustadt.
Michael Endres
 |  aktualisiert: 29.03.2025 02:34 Uhr

Die nächste Hiobsbotschaft für die Wirtschaft im Landkreis Rhön-Grabfeld: Jetzt steht fest, dass der Siemens-Standort in Bad Neustadt von den Stellenabbauplänen des Konzerns betroffen ist. Siemens hat kürzlich den Abbau von rund 6000 der 312.000 Stellen weltweit angekündigt, in Deutschland sind 86.000 Menschen beschäftigt. Die angekündigten, geplanten Maßnahmen betreffen Einheiten des Automatisierungsgeschäfts bei Digital Industries sowie das Geschäft mit Ladelösungen für Elektrofahrzeuge innerhalb von Smart Infrastructure. Insgesamt sollen bundesweit 2850 Stellen wegfallen.

Auch am Standort in Bad Neustadt mit seinen aktuell 1800 Mitarbeitenden und zusätzlich rund 100 Auszubildenden sowie dualen Studierenden sollen Stellen wegfallen. "Da Siemens in Nordbayern eine starke Präsenz der Automatisierungstechnik unter anderem auch an unseren Standorten Amberg, Bad Neustadt, Erlangen, Fürth und Nürnberg hat, werden diese Standorte auch betroffen sein", schreibt Unternehmenssprecher Bernhard Lott auf Anfrage dieser Redaktion.

Wie die Redaktion aus verschiedenen Quellen gehört hat, bewege sich der geplante Stellenabbau im Bereich von circa 130 Stellen. Unternehmenssprecher Lott bestätigt auf Nachfrage eine Größenordnung im "niedrigen, dreistelligen Bereich". Zwischen Siemens und der Arbeitnehmerseite würden die Gespräche beginnen, die bis zum Ergebnis, also einem Interessensausgleich, vertraulich geführt werden.

Siemens stellt Arbeitnehmervertretern Pläne vor

In einer Konzern-Pressemitteilung vom 18. März heißt es, dass Siemens der Arbeitnehmervertretung Pläne zur weiteren Steigerung der globalen Wettbewerbsfähigkeit vorgestellt hätte. "Veränderte Bedingungen in zentralen Märkten machen jeweils Kapazitätsanpassungen notwendig. Insbesondere der deutsche Markt ist seit zwei Jahren rückläufig." Daher müssten Kapazitäten in Deutschland angepasst werden.

Die Gewerkschaft IG Metall und der Betriebsrat kritisieren die Pläne von Siemens. Die Aufnahme entstand bei einem Warnstreik von mehreren Unternehmen rund um Tarifverhandlungen der IG Metall im November 2024 in Bad Neustadt.
Foto: René Ruprecht (Archivfoto) | Die Gewerkschaft IG Metall und der Betriebsrat kritisieren die Pläne von Siemens. Die Aufnahme entstand bei einem Warnstreik von mehreren Unternehmen rund um Tarifverhandlungen der IG Metall im November 2024 in Bad ...

Siemens schreibt außerdem: "Betriebsbedingte Kündigungen in Deutschland sind dabei ausgeschlossen." Trotz der geplanten Anpassungen bleibe der Personalbestand von Siemens in Deutschland insgesamt in der Tendenz konstant, da in anderen, wachsenden Bereichen rekrutiert wird.

Bis wann sollen die Stellen abgebaut werden?

Die geplanten Kapazitätsanpassungen im Automatisierungsgeschäft habe Siemens nach eigenen Aussagen bereits zur Jahrespressekonferenz im November 2024 angekündigt. Der Stellenabbau bei Digital Industries sollen bis zum Ende des Geschäftsjahrs im September 2027 umgesetzt sein, erklärt Siemens.

"Nach Möglichkeit werden den betroffenen Mitarbeitenden Weiterbildung und Umschulung angeboten. Zudem spielt die interne Jobvermittlung bei der Umsetzung der Maßnahmen eine wichtige Rolle", heißt es.

Derzeit gebe es bei Siemens mehr als 7000 offene Stellen, davon allein rund 2000 in Deutschland. Darüber hinaus werden Mitarbeitende in Deutschland altersbedingt aus dem Unternehmen ausscheiden, so Siemens. Und: "Siemens bekennt sich weiterhin klar zum Industriestandort Deutschland."

"Kein Verständnis": Betriebsrat und Gewerkschaft IG Metall mit Kritik an Siemens-Plänen

Die IG Metall Schweinfurt und der Betriebsrat kritisieren in einer Pressemitteilung den angekündigten Arbeitsplatzabbau bei Siemens. Arbeitgeber und Betriebsrat hätten demnach die Beschäftigten am Donnerstag in Bad Neustadt bei Informationsveranstaltungen und Rundgängen über die aktuellen Entwicklungen im Konzern informiert. "Wir haben kein Verständnis für die geplanten Maßnahmen im Bereich Digital Industries – vor allem, weil die Beschäftigten seit Längerem durch Arbeitszeitabsenkungen und dem damit verbundenen Entgeltverlust einen erheblichen Beitrag zur Stabilisierung des Standorts Bad Neustadt leisten", wird Betriebsratsvorsitzender Oliver Mauer zitiert.

Gewerkschaftssekretärin Franziska Müller betreut den Siemens-Standort in Bad Neustadt.
Foto: René Ruprecht (Archivbild) | Gewerkschaftssekretärin Franziska Müller betreut den Siemens-Standort in Bad Neustadt.

Der bundesweite Stellenabbau bei Siemens steht aus Sicht der IG Metall im Widerspruch zu einem Nettogewinn von neun Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2024. "Die Abbaupläne sind für uns deshalb momentan weder plausibel begründet noch nachvollziehbar", sagt Gewerkschaftssekretärin Franziska Müller, die den Standort in Bad Neustadt seitens der IG Metall Schweinfurt betreut. "Die Beschäftigten sind doch die Ermöglicher einer erfolgreichen Transformation."

"Es passt einfach nicht zusammen", fügt der Bad Neustädter Betriebsratsvorsitzende Oliver Mauer laut Pressemitteilung an. Die Transformation bewältige man durch positive Veränderung – indem man die Beschäftigten mitnehme, sie weiterbilde und qualifiziere für künftige Aufgaben. "Ein Beschäftigungsabbau führt dagegen zu massiver Verunsicherung und zu einem Vertrauensverlust", sagt Mauer. "Uns Betriebsräten ist es wichtig, dass auch zukünftig sowohl in die Weiterentwicklung des Betriebs als auch in Qualifizierung für die Beschäftigten in Bad Neustadt investiert wird, um langfristig Ausbildungs- und Industriearbeitsplätze in der Region zu sichern."

 
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  • Willi Rößner
    Auf Dauer mehr Geld ausgeben als einnehmen funktioniert nicht. Diesen Grundsatz zu ignorieren gilt bis heute als intellektuelle Hochleistung.

    Um aus der beschriebenen Staats(Industrie- und Schulden)krise herauszukommen, bleibt nur übrig:
    Länger, effektiver (und konkurrenzfähiger) zu arbeiten und in einem schlanken Staat weniger Wahlgeschenke zu verteilen.
    Das trifft nicht das Gemüt mancher Bürger, muss aber auch einmal in die Diskussion mit eingebracht werden.
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  • Robert Hippeli
    @Willi Rößner: Stimmt!

    Und das gilt auch für die Boni und Gehälter im Management!!!!
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  • Willi Rößner
    Ja, das gilt für "Alle!"
    Das gilt auch für konkurrenzfähiges Handeln von Unternehmen, Gewerkschaften und Politik.
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  • Robert Hippeli
    @Alfred Nowak: gut dass sie uns auf geklärt haben.

    Ich dachte immer:
    - die ganze Krise in Deutschland, Europa der Welt der letzten Jahre hat Putin mit dem Überfall auf die Ukraine ausgelöst,
    - auch dachte ich der Investitionsstau bei Autobahnen, Bahn, Umweltschutz und dergleichen käme aus 16 Jahre "weiter so"
    - und die deutsche Automobilkrise kommt vom Missmanagement die erst auf Teufel komm raus beschissen hat und dann die Zukunftstechnologie verschlafen hat!

    Aber nun weis ich dankenswerterweise von Ihnen das war alles die Ampel.

    Und Gott seih Dank, der neue Kanzler unterschreibt am ersten Tag viele Dekrete, alles wird besser machen und macht keine Schulden mehr! (die lächerlichen 1 Billionen Schulden kommen eh auch von der Ampel, denn diese wurden ja noch von der ALTEN Regierung beschlossen!)
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  • Alfred Nowak
    Erst war die Finanzkrise, dann Corona, jetzt der Krieg der „Joker“ für die jeweilige Bundesregierung bzw. die EU keine wirklichen nachhaltigen und massiven Reformen durchzuführen. Was kommt als nächstes?
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  • Erich Spiegel
    An Stellenabbau werden wir uns gewöhnen müssen. Vor 30 Jahren war Deutschland der Ausrüster der Welt für Autos, Maschinen, Chemieprodukte und Apotheke der Welt. Diese Bereiche wurden in Billiglohnländer verlagert. Andere Länder z.b. China haben mit westlichem Know-How aufgeholt und sind heute Konkurrenten, die die gleiche Qualität ca. 30 bis 50% billiger liefern. Auch der Online Handel spürt die Konkurrenz aus China. Mein Bekannter schwärmt von den tollen und billigen Produkten bei Temu. Er bestellt im Internet nur noch da. Um was zu ändern müsste sich das ganze Land auf die Hinterbeine stellen. Aber es herrscht allgemeine Ahnungslosigkeit. Stattdessen macht die Politik einen Billon neue Schulden und suggeriert dem Wähler das alles so weiter gehen kann wie bisher. Irgendwann wird Deutschland bzw. Europa in der Kreditwürdigkeit heruntergestuft. Wie Staaten wirtschaftlich absacken und verarmen kann man am Beispiel von Argentinien nachlesen.
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  • Robert Hippeli
    Es ist noch nicht lange her, da jammerten viele große Firmen über Fachkräftemangel und wie wichtig Digitalisierung seih!

    Es ist erst Tage her, da wurde der Weg frei für große Wirtschaftstöpfe aufgemacht, welche noch gar nicht verfügbar sind und uns Steuerzahler Jahrzehnte lange belasten, und schon kommt die Jammerer wieder zum Vorschein!

    Wie passt das zusammen vor allem bei einem Nettogewinn von neun Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2024?
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  • Alfred Nowak
    Hat jemand was anderes erwartet !? Ein „ Dank“ an die ehemalige Bundesregierung.
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  • Michael Albert
    @ Hr. Nowak,
    Welche der ehemaligen Bundesregierungen der letzten 20 Jahre meinen Sie denn genau?
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