
Der Deutsche Herbst 1977war die wohl einschneidenste Erfahrung im Berufsleben von Klemens Damm. Er bewachte damals als Personenschützer beim Bundesgrenzschutz das Bundespräsidialamt und die Villa Hammerschmidt, den Wohnsitz des damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel. Direkt nebenan: das Bundeskanzleramt mit Kanzler Helmut Schmitt. Und es herrschte Alarmstufe rot.
Die Terrorgruppe RAF versetzte durch eine Reihe von Anschlägen das Land in Angst und Schrecken, der Terror gipfelte in der Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer im September 1977. Im Oktober entführte ein palästinensisches Terrorkommando die Lufthansa-Maschine "Landshut", ein GSG9-Kommando stürmte die Maschine in Mogadischu und befreite die Geiseln. Als die Nachricht zur inhaftierten RAF-Spitze durchdrang, begingen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in der Nacht vom 17. zum 18. Oktober 1977 in ihren Zellen Selbstmord.
Dankesworte von Walter Scheel
Klemens Damm erinnert sich an diese Zeit, als wäre es gestern gewesen. Gemeinsam mit Kollegen war er damals im Garten und auf dem Dach der Villa Hammerschmidt positioniert, um drohende Gefahren von der Staatsführung abzuwenden. Als Dankeschön wurden die Personenschützer am 15. Dezember 1977 von Walter Scheel zum "Kalten Büffet" in die Villa eingeladen. "Dies war für uns eine besondere Ehre", sagt er und zeigt ein Foto, auf dem Scheel ihm die Hand schüttelt.

Nach fünf Jahren in der freien Wirtschaft und vier Jahren beim Bundesgrenzschutz, wo er auch eine Hubschrauber-Mechaniker-Ausbildung bei der Fliegergruppe in St. Augustin absolvierte, fand Klemens Damm Gefallen an einem Beruf, der ihn aus der Schusslinie nahm, aber dennoch im Dienste des Personenschutzes steht. 40 Jahre lang prüfte er im Beschussamt in Mellrichstadt Schusswaffen und ballistische Schutzmaterialien. Am 31. Januar wurde er als technischer Inspektor in den Ruhestand versetzt.
Als Waffenprüfer ins Beschussamt
Seine Urkunde hat der Direktor des Landesamts für Maß und Gewicht in Bad Reichenhall, Thomas Weberpals, unterzeichnet, vor Ort im Beschussamt in Mellrichstadt verabschiedete der stellvertretende Referatsleiter Lucian Beck, der seit April 2021 das Amt kommissarisch führt, den altgedienten Mitarbeiter, der seinen Werdegang noch einmal Revue passieren ließ.
Am 1. Januar 1982 begann Klemens Damm seine Laufbahn als Waffenprüfer und Betriebselektriker im ein Jahr zuvor neu erbauten Beschussamt Mellrichstadt. Zuvor hatte er ab 1972 eine Ausbildung zum Elektromechaniker bei der Firma Siemens in Bad Neustadt absolviert und in der Produktionsentwicklung für Hausgeräte gearbeitet. 1976 ging er zum Bundesgrenzschutz und absolvierte ab 1978 eine Hubschrauber-Mechaniker-Ausbildung in St. Augustin. Insbesondere seine mechanischen Kenntnisse kamen ihm im neuen Job im Beschussamt dann schnell zugute.
Ballistische Prüfungen waren sein Steckenpferd
Anfangs war Damm für die Prüfung von Pistolen und Revolvern zuständig. Nebenher reparierte er elektrische Anlagen und war gleichzeitig stellvertretender Hausmeister. Mit dem Ausbau der ballistischen und mechanischen Prüfungen sowie der Sprengprüfungen wechselte das Aufgabengebiet: Klemens Damm prüfte, ob Schutzwesten, Helme und Schutzschilde kugelfest sind, nahm beschusshemmende Stähle und Verglasungen ins Visier und testete, wie sicher gepanzerte Fahrzeuge und Konstruktionen sind. Bei vielen neuen Prüfvorrichtungen, die in Eigenentwicklung hergestellt wurden, war er gefragter Fachmann beim Erstellen der elektrischen Steuerungen.

Berufsbegleitend besuchte er die Meisterschule in Würzburg, die er 1987 als geprüfter Industriemeister, Fachrichtung-Elektrotechnik, abschloss. Damms Spezialgebiet war die Prüfung von ballistischen Körperschutzmaterialien für Polizeieinsatzkräfte und Soldaten. Wie Lucian Beck informierte, war der Mellrichstädter in diesem Bereich Hauptansprechpartner für die Hersteller und Beschaffer von Schutzausstattungen für Polizei und Bundeswehr.
Längere Zeit engagierte sich der Mellrichstädter im Hauptpersonalrat für seine Kolleginnen und Kollegen, ab 1996 war er auch als Sicherheitsbeauftragter im Beschussamt tätig. Ein Höhepunkt der letzten Jahre war 2015 der Umzug in den imposanten Neubau in der Lohstraße.
Wie sich das Arbeitsleben verändert hat
Acht Vorgesetzte und zehn Wirtschaftsminister hat er in seinen 40 Berufsjahren im Beschussamt miterlebt. Und eine turbulente Zeit Mitte 2000, als im Zuge der Reformvorhaben von Ministerpräsident Edmund Stoiber die Staatsregierung die Privatisierung der bayerischen Beschussverwaltung ins Auge gefasst hatte. Heute Schnee von gestern. Am liebsten erinnert sich Klemens Damm an seine Anfangsjahre im Amt, als es "deutlich unkomplizierter zuging und dennoch bestens funktioniert hat", nimmt er kein Blatt vor den Mund. "Wir konnten früher eigenständig mitgestalten. Heute hat sich das Arbeitsleben stark verändert, es ist alles viel bürokratischer geworden."

Lucian Beck verabschiedete seinen langgedienten Mitarbeiter mit viel Lob in den Ruhestand. Klemens Damm habe die Wurzeln dafür mitgelegt, dass das Beschussamt in Mellrichstadt beim Personenschutz die erste Adresse ist. Seine Erfahrung wird den Kollegen fehlen. Und sicher auch seine spannenden Episoden aus seiner bewegten Zeit beim Bundesgrenzschutz. Etwa, was er erlebt hat, als er den russischen Staatspräsidenten Leonid Breschnew bei seinem zweiten Besuch 1977 in Bonn bewacht hatte. Geschichten, mit denen Klemens Damm nun im privaten Umfeld für Unterhaltung sorgen wird.