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Bad Neustadt
Unter Hypnose: Hirntumor-OP am Rhön-Klinikum erstmals ohne Narkose
Dr. Albrecht Waschke (links) und Dr. Rupert Reichart (rechts vorne) beim Eingriff der Wach-Tumor-Operation unter hypnotischer Begleitung am Rhön-Klinikum Campus.
Foto: Katrin Maria Schmitt | Dr. Albrecht Waschke (links) und Dr. Rupert Reichart (rechts vorne) beim Eingriff der Wach-Tumor-Operation unter hypnotischer Begleitung am Rhön-Klinikum Campus.
Bearbeitet von Christian Hüther
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:59 Uhr

Beim Stichwort Hypnose denken viele zuerst an spektakuläre Bühnenshows. Doch medizinische Hypnose zählt zu den ältesten Heilverfahren, ist wissenschaftlich anerkannt und wird bei verschiedenen Operationen erfolgreich angewendet. Ärzte derKlinik für Neurochirurgie am Rhön-Klinikum Campus Bad Neustadt haben nun erstmals unter hypnotischer Begleitung bei einem Patienten einen Hirntumor entfernt. Das teilte die Klinik in einer Mitteilung mit.

Der Tumor des 54-jährigen Mannes befand sich demnach unmittelbar in der Nähe des Sprachzentrums. Um den Verlauf der Operation exakt zu kontrollieren und möglichen Risiken für den Patienten vorzubeugen, entschieden sich die Experten für diese Methode. Dr. Albrecht Waschke, Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie, führte den eigentlichen Eingriff durch. Der erfahrene Neurochirurg Dr. Rupert Reichart, Oberarzt und Leitender Arzt für Schmerztherapie, versetzte den Patienten in Trance.

"Dem Patienten geht es sehr gut, und er konnte bereits wenige Tage nach der Operation nach Hause entlassen werden. Der Tumor wurde entfernt und die Sprachfähigkeit komplett erhalten. Kurzum: Ein voller Erfolg", freute sich Waschke.

Neurologische Ausfälle verhindern

Die Erhaltung der Hirnfunktion habe oberste Priorität bei allen Operationen, hieß es in der Mitteilung weiter. Hier sei absolute Präzision gefragt. Eine virtuelle Operationsplanung erlaubt beispielsweise, viele OP-Schritte bereits vorab zu planen und durchzuspielen. Dank der "Mapping"-Technik können vor dem Eingriff Bereiche des Hirns, vergleichbar mit einer Landkarte, genau lokalisiert werden, beispielsweise das sensible Sprachzentrum.

Der Patient wurde intensiv auf den Eingriff vorbereitet. Von der OP selbst hat er nichts mitbekommen und war schmerzfrei - ohne Narkose. Lediglich seine Kopfhaut wurde in örtlicher Betäubung berührungsunempfindlich gemacht. Dennoch stand zur Sicherheit ein erfahrenes Anästhesie-Team den Neurochirurgen zur Seite.

Der Patient war während des vierstündigen Eingriffs immer ansprechbar. An seiner Seite saß Rupert Reichart, der mit ihm leise sprach und ihn während der gesamten Operation in Hypnose hielt. Ein Logopäde unterhielt sich mit dem Patienten, zeigte ihm über ein Tablet verschiedene Abbildungen und fragte nach den dargestellten Gegenständen, Farben, Empfindungen oder Gefühlen.

Chefarzt Albrecht Waschke hatte so eine genaue Kontrolle und hätte jederzeit bei einer Verschlechterung der Sprechfähigkeit reagieren können. "Während der Operation besteht die Gefahr, dass mit dem Tumorgewebe möglicherweise auch gesundes Gewebe entfernt wird und es zu neurologischen Ausfällen kommt", wurde Waschke zitiert. Um dies zu verhindern, sei das Hirngewebe, das den Tumor umgibt, elektrisch stimuliert worden. So hätte man exakt in diesem hochsensiblen Bereich des Sprachzentrums zwischen gesundem und Tumorgewebe differenzieren können. 

Veränderter Bewusstseinszustand

Wie der Campus betonte, sei die positive Wirkung von Hypnose belegt, Schmerzreize können unterdrückt beziehungsweise nicht wahrgenommen werden. "Eine Hypnose eignet sich prinzipiell für jeden Patienten. Das Versetzen in Trance bedeutet dabei eine Veränderung des Bewusstseinszustands. Dafür ist Vertrauen in den Arzt und eine intensive und transparente Vorbereitung notwendig", erklärte Reichart. Dieser sei einer von wenigen neurochirurgischen Ärzten in Deutschland mit dieser Zusatzqualifikation.

Die Einsatzmöglichkeiten, so Reichart, seien vielfältig. "Die Voraussetzung für den Einsatz sollte aber immer ein medizinischer Grund sein", ergänzte der Mediziner.

Neurozentrum mit Klinik für Neurochirurgie

Die Klinik für Neurochirurgie am Rhön-Klinikum Campus Bad Neustadt versteht sich als Zentrum für endoskopische und minimalinvasive Neurochirurgie. Jährlich werden hier viele komplexe Fälle behandelt. Mittels fortschrittlicher Technologien, endoskopischer Technik und der Expertise der Ärzte seien laut Campus viele Operationen über kleinste, sogenannte "Schlüsselloch"-Eröffnungen möglich. Für die Patienten hätten die Operationen große Vorteile: Sie können schneller entlassen werden, haben deutlich weniger Schmerzen und Komplikationen sowie ein "exzellentes kosmetisches Ergebnis".
Quelle: Rhön-Klinikum Campus
 
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  • H. S.
    Ich bin jetzt etwas irritiert:
    Ich meine zu wissen dass schon seit den 1930er Jahren bekannt ist, dass das Gehirn keine Schmerzrezeptoren besitzt, und daher gar keine Schmerzen empfinden kann.
    Bei einer Gehirn-OP muss man allerdings die Kopfhaut aufschneiden und ein Loch in den Schädel bohren. Das geschieht in einer konventionellen OP heute oft unter einer lokalen Anästhesie. Denn bei vielen Eingriffen im Gehirn ist es ja durchaus wichtig, dass der Patient ansprechbar ist, und wichtige Rückmeldungen an den operierenden Arzt geben kann, um ihm anzuzeigen, ob er sich an der richtigen Stelle befindet (z.B. Motorik, etc.)...

    So eine Situation stelle ich mir jedoch sehr beängstigend vor!
    Also was ist an dieser Operation jetzt anders gewesen? Die lokale Anästhesie gab es hier ja trotzdem, um ins Gehirn zu gelangen.
    Hat man dem Patienten mit der Hypnose letztlich nur die Angst genommen? Wenn ja, dann ist das ein guter Erfolg.
    Gibt es hier Gehirn-Chirurgen, die das Rätsel lösen können?
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