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Mellrichstadt
Unter Daueranspannung: Ambulante Pflege in Zeiten von Corona
Nach Corona könnte es in der Caritas-Sozialstation in Mellrichstadt eine Modenschau der besonderen Art geben. Was auf dem Laufsteg gezeigt wird, verrät Leiterin Ulli Feder.
Die Caritas-Sozialstationen in Rhön-Grabfeld bewältigen coronabedingt ganz besondere Herausforderungen, um die ambulante Pflege älterer und schwerkranker Patientinnen und Patienten zu leisten. Hier im Bild zeigt Sybille Paul, Pflegekraft der Sozialstation St. Kilian, eine komplette Schutzkleidung für Hausbesuche.
Foto: Ulli Feder | Die Caritas-Sozialstationen in Rhön-Grabfeld bewältigen coronabedingt ganz besondere Herausforderungen, um die ambulante Pflege älterer und schwerkranker Patientinnen und Patienten zu leisten.
Martina Harasim
Martina Harasim
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:17 Uhr

In der ersten und zweiten Welle der Corona-Pandemie standen besonders die Bewohnerinnen und Bewohner  der Seniorenheime im Fokus der Aufmerksamkeit. Dort leben viele Hochbetagte auf engem Raum zusammen, viele haben mehrere Erkrankungen. In der Pandemie hat das dramatische Folgen: Immer wieder kam es zu großen Ausbrüchen, bei denen viele Heimbewohner und -bewohnerinnen starben.

Die Klienten, die von ambulanten Pflegediensten in ihren eigenen vier Wänden betreut werden, zählen ebenso zu dieser verletzlichen Gruppe. Diese Menschen während der Pflege gut zu schützen, war und ist Aufgabe der ambulanten Pflegedienste. Ulli Feder, Leiterin der Caritas Sozialstation St. Kilian Mellrichstadt, berichtet, wie ihr Team sich aufgestellt hat.

Besonders in den ersten Wochen der Pandemie machten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Job ohne wirklichen Schutz, mit viel Kreativität, vor allem aber mit Engagement. Seit Beginn der Pandemie hat sich der Verbrauch an Desinfektionsmittel in der Sozialstation verdreifacht. In der Garderobe eines jeden Patienten hängt für jede Pflegekraft ein Kittel, darüber wird noch eine Plastikschürze gezogen. Handschuhe, manchmal auch zwei Paar übereinander, und FFP-2-Masken komplettieren das Outfit. 

Eine Spende brachte die Wende 

Womit wir wieder bei der Modenschau wären: Gerade am Anfang der Pandemie im Frühjahr 2020 mangelte es an Schutzausrüstung für das Personal. Schutzkleidung, FFP2-Masken, in vielen Fällen aber auch einfacher Mund-Nasen-Schutz, waren Mangelware. "Was Ihr braucht, braucht Ihr", habe ihre Chefin, Caritas-Geschäftsführerin Angelika Ochs, gesagt.

Ulli Feder, Leiterin der Caritas Sozialstation St. Kilian in Mellrichstadt.
Foto: Martina Harasim | Ulli Feder, Leiterin der Caritas Sozialstation St. Kilian in Mellrichstadt.

Also hat Feder Schutzkleidung gekauft, wo immer sie diese bekommen konnte. Und diese Kittel würde sie gerne mal auf dem Laufsteg präsentieren, weiße und farbige, kurzärmlige und langärmlige, hochwertige und minderwertige. Und das zu Preisen, die oft nicht angemessen waren. Bis eine Spende von Eugen Münch dafür sorgte, dass Pflegedienste und Heime mit hochwertiger Schutzkleidung ausgestattet wurden

"Ab Ende März 2020 haben wir unter Vollschutz gearbeitet", sagt Feder. Man habe versucht, auch die Klienten, denen man eine Maske zumuten konnte, mit Mund-Nasen-Schutz zu versorgen. Da es damals keine Masken zu kaufen gab, wurden welche aus Baumwollstoff genäht.

Ansteckungen im privaten Umfeld

Das Schutzkonzept habe sich bewährt. Ja, zehn Prozent ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten sich mit Corona angesteckt und auch Klienten seien erkrankt, mache seien auch in Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Die Nachverfolgung habe aber in jedem einzelnen Fall ergeben, dass die Ansteckung im privaten Bereich erfolgte. "Keiner aus dem Team hat einen Klienten angesteckt. Und kein Klient hat einen aus dem Team angesteckt", sagt Feder. Und das, obwohl viele Covid-Patienten gepflegt wurden.

Anstrengend waren die vergangenen 14 Monate für alle Beteiligten.  Nicht nur, weil die Anspannung bei der Arbeit enorm war ("Keiner will damit leben, einen anderen anzustecken"), sondern weil man immer wieder für infizierte Kollegen einspringen musste. "Ich bin irre stolz auf meine Mitarbeiterinnen. Für sie stehen die Patienten im Vordergrund. Sie sind immer mit dem Herzen dabei und haben super durchgehalten", lobt Ulli Feder. "Die Situation nervt alle, der Umgang damit nicht." Mittlerweile lasse die Anspannung etwas nach, weil 85 Prozent des Teams geimpft sind. Auch die regelmäßige Testung bringe mehr Sicherheit. 

Pflegende Angehörige in Selbstisolation

Richtig schlimm, findet Feder, war und ist die Situation für die Patienten und ihre pflegenden Angehörigen. Viele hätten sich aus Angst, den Pflegebedürftigen anzustecken, in eine Selbstisolation begeben, was sehr belastend sei.  Weil Angebote und Entlastungen wegfallen, müssen sie mehr Aufgaben selbst übernehmen.  "Die sind schon ziemlich einsam", weiß Feder.

Entlastung erfahren pflegende Angehörige durch die Tagespflege. Dieses wird in St. Kilian seit Juni 2020 wieder angeboten, allerdings in reduziertem Umfang. Die Plätze könnten zurzeit nur zu 60 Prozent belegt werden, auch wenn manche Gäste gerne öfters kommen würden. 

Sozialstationen der Caritas Rhön-Grabfeld

„Die Pandemie fordert in besonderem Maße Pflegekräfte, Patienten und Angehörige“, unterstreicht Angelika Ochs, Geschäftsführerin des Caritasverbandes Rhön-Grabfeld, in ihrem Bericht für das Jahr 2020. Unter höchsten Hygieneschutzmaßnahmen haben die Pflegekräfte der drei Sozialstationen St. Peter (Bad Königshofen), St. Kilian (Mellrichstadt) sowie St. Laurentius (Bad Neustadt) 1850 Patienten an 365 Tagen versorgt. Über 771.000 Leistungen in Pflege und Betreuung wurden im Jahr 2020 gezählt. Weiterhin leisteten die Pflegestationen zahlreiche Demenzschulungen, Hauskrankenpflegekurse und 867 Pflegeberatungen. Rund 861.000 Kilometer waren die Caritas-Autos im Landkreis unterwegs. 
Quelle: Caritas
 
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