
Der machtvolle Beweis, dass es Europa besser kann als Donald Trumps größenwahnsinniges Amerika, er liegt im kleinen Hellingen. Je nach Standort ist das thüringische Dorf einen Steinwurf entfernt vom Landkreis Rhön-Grabfeld oder vom Landkreis Haßberge. Altes DDR-Grenzgebiet. Vergessene Welt. Mehr menschenleere Frühlings-Idylle geht nicht.
So still ist es in diesem verlassenem Landstrich, dass einem fast der Schrecken in die Glieder fährt. Denn plötzlich bimmelt es. Es surrt. Es quietscht. Es schnarrt. Die "Langohrband" trötet mit ihren Plastik-Trompeten eine kakophonische Marschmusik. Ein Seiltänzer flitzt mit seinem Rad akrobatisch auf einem Hochseil hin und her. Er hat zwei Hasenohren. Wie fast alles hier in der Hellinger Osterscheune, dem Ziel dieser Landpartie.

Über 1200 Hasenohren müssten es sein bei geschätzten 600 Osterhasen, die in der Scheune von Ernst Langert ihr ausgelassenes Osterleben führen. Man findet sie in allen Größen, Gestalten und Mutationen zwischen all den bunten Ostereiern, die in der Scheune ihre bunte, gute Laune verbreiten. Es sind nicht hundert, es sind nicht tausend, es sind 30.000 Ostereier, die den Raum füllen. Von solchem Eier-Reichtum kann Donald Trump nur träumen.
Der Schöpfer dieses österlichen Reiches der Sinne sitzt gemütlich auf seinem Stuhl, während Scharen von Besuchern an ihm vorbeiströmen. Ernst Langert ist nach Außen die Ruhe selbst. "Ich habe schon immer gerne gebastelt", sagt der Thüringer. Das war schon in den Neunzigern so, als er in Hellingen einen kleinen Fahrradladen betrieb. An den Dachgiebel montierte er ein bewegliches Fahrrad mit Lichterkette. Die Bastelleidenschaft brachte ihn dazu, zuerst Weihnachtliches zu fertigen. Es wurde ebenfalls am Giebel drapiert, später kamen weitere Stücke dazu, die am Scheunen-Eingang aufgestellt wurden.
Zu Beginn waren es Kundinnen und Kunden oder die Hellinger selbst, die Ernst Langerts bunte Weihnachtswelt bestaunten. Die Zahl der Bastelarbeiten nahm zu, die Mund-zu-Mund-Propaganda machte das Hellinger Unikum bekannt. Als Hellinger Weihnachtsscheune wurde Langerts Passion Jahr um Jahr bekannter. 2005 hatte der Tüftler die Idee, der Weihnachtsscheune noch eine Osterscheune an die Seite zu stellen. Sie wurde ein genauso großer Erfolg

"2022 hatte ich die letzte Weihnachtsscheune aufgebaut. Mittlerweile ist der Auf- und Abbau zu anstrengend. Die Figuren der Osterscheune werden am Ende gut abgedeckt und geschützt bis zum nächsten Jahr", erklärt der 75-Jährige und freut sich an den Großen und Kleinen, die in seiner Scheune glänzende Augen bekommen. "Darf mein Dackel mit hinein?", fragt eine Frau aus Coburg. Ein paar Minuten später kommen Dackel und Frauchen aufgeregt zurück, die Oberfränkin bedankt sich für das tolle Erlebnis.
Man erstaunt unweigerlich, wie Ernst Langert all seinen Figuren Leben eingehaucht hat. Dort hebt und senkt sich der dicke Bauch von "Schnarch-Hase Bruno". Etwas weiter gackern zwei Hühner, die unablässig Eier legen. Ein Förderband macht es möglich. Karussells in allen Variationen drehen sich. Mal sitzen kleine Osterhasen in den Schaukeln, anderswo hüpfen Biene Majas an Sprungfedern auf und nieder.

Ernst Langerts Fantasie scheint grenzenlos, auch wenn er Märchen der Gebrüder Grimm in seinem Bühnenbild versteckt. Und er offenbart in seiner Scheune eine ganz besondere DDR-Nostalgie. Denn auch die Berühmtheiten des DDR-Kinderfernsehens fehlen nicht. "Ich habe die ganze Sandmännchen-Brigade versammelt", schmunzelt der Senior. Also finden sich so legendäre Figuren wie Pitti-Platsch und Schnatterinchen, Herr Fuchs und Frau Elster und andere Figuren irgendwo versteckt im Meer von Ostereiern und Hasen-Ohren. Auch das Sandmännchen höchstpersönlich ist in Hellingen mit von der Partie.

Vor der Scheune steht das Trabant-Sondermodell "Spaßvogel", auf dem Rücksitz haben die Sandmännchen-Stars ebenfalls Platz genommen. Der Trabi wurde kurz vor der Wende 1989 gebaut, das 27-PS-Fahrzeug hat noch immer eine Zulassung. "Mit dem Trabi bin ich eingeladen beim Thüringen-Tag in Gera im Mai", freut sich der Hobby-Bastler schon jetzt. Für Aufmerksamkeit hat er schon bei vielen Gelegenheiten gesorgt.
Jüngster Coup: Ein Gastauftritt bei Fernsehstar Kai Pflaume. "Die Aufzeichnung in Hamburg war schon aufregend", sagt Langert. Vom Scheunen-Giebel spritzt immer wieder Wasser herunter in eine Plastikwanne. Das ist "Pinkelhase Bernhard", auch so eine Idee von Langert wie Seifenblasen-Bodo nebenan, der ...... na was denn schon!.....

All diese Blüten der Fantasie sorgen für Lacher und für Staunen. Sei es bei jungen Familien, Omas und Opas mit Enkelkindern oder Besuchergruppen aus Seniorenheimen oder Behinderten-Einrichtungen. Jeder findet seine Lieblings-Ecke in der Osterscheune von Ernst Langert.
Die Osterscheune von Ernst Langert aus Hellingen ist noch bis Sonntag, 27. April, täglich von 13 bis 18 Uhr zu besichtigen. Adresse: Straße der Einheit 26; 98663 Heldburg-OT Hellingen.