Ein kleines weißes Elektro-Mobil mit Motorradlenker, zu beiden Seiten des Fahrersitzes offen und unterwegs auf vier Rädern, flitzte in den letzten Wochen durch die Straßen von Bad Neustadt und dem Stadtteil Herschfeld. Im Inneren des ungewöhnlich aussehenden Fahrzeugs, das der Verlag zu Testzwecken von einer Dresdner Firma ausgeliehen hatte: viele Zeitungen, Briefe – und Ralf Göpfert. Er ist Mitarbeiter der Zustellung bei der Mediengruppe Main-Post und brachte mit dem Elektroflitzer Post und Zeitungen von Haus zu Haus.
"Es macht Spaß mit dem Elektroauto", sagt Ralf Göpfert, nachdem er zu Vorführzwecken mit dem Fahrzeug durch die Industriestraße von Bad Neustadt gesaust ist. "Der Grundgedanke ist nicht schlecht. Allerdings ist es von der Zeitersparnis her nicht wirklich der Rede wert. Außerdem muss man zu den Briefkästen weiterhin laufen, die sind oft in den Höfen oder an den Haustüren etwas abseits von der Straße", beschreibt Göpfert.
Große Kästen stören beim Aussteigen
Das bestätigt Birgit Gerbig, Gebietsleiterin Bad Neustadt beim Main-ZustellService. "Es fährt außerdem nur 62, daher wäre es kontraproduktiv, wenn man zum Beispiel damit erst bis nach Wollbach fahren würde. Da würde man die Zeit, die man in der Zustellung gewinnt, wieder auf der Strecke lassen", gibt Gerbig zu bedenken.
Auch Ralf Hofmann, Fuhrparkleiter beim Main-ZustellService, erscheint es wenig sinnvoll, mit dem Fahrzeug erst weiter entfernte Orte anzufahren und dann dort zuzustellen. Das Gefährt wurde stellvertretend für das gesamte Zustellgebiet in Bad Neustadt getestet, weil dort die Wege kurz sind und auf kleiner Fläche viele Produkte zum Kunden gebracht werden müssen. Dazu passt, dass Bad Neustadt den Titel "Modellstadt für Elektromobilität" trägt.
Als praktisch lobt Zustell-Mitarbeiter Ralf Göpfert, dass man links und rechts aus dem Flitzer steigen kann, die Fahrgeräusche leise sind und er über viel Lagerplatz verfügt. Das Fahrzeug bleibt zügig stehen, Göpfert muss nur aussteigen, Post und Zeitungen schnappen und kann sie zustellen. Die großen Kästen für Gegenstände zu beiden Seiten des Sitzes findet er aber nicht ideal, dadurch sei alles sehr eng und beim Aussteigen bleibe man hängen.
Dass das Fahrzeug an beiden Seiten offen ist, hat allerdings auch einen Nachteil: "Weil das Fahrzeug keine Türen hat, ist man dem Regen ausgesetzt. Wenn Spritzwasser von unten kommt oder ein Auto vorbeifährt, krieg' ich die ganze Suppe ab", sagt er. Und: "Es ist steif wie ein Quad, beim Lenken gibt es keine Neigung, dadurch schwimmt das Gefährt sehr", hat Göpfert festgestellt.
Ralf Göpfert konnte das Fahrzeug daheim aufladen
Er war früher im Fernverkehr unterwegs und bezeichnet sich als sportlichen und rasanten Fahrer: "Ich fahre alles und bin unerschrocken. Aber wenn man ängstlich ist, dann ist das nichts." Er lud es zuhause an einer herkömmlichen 230-Volt-Steckdose auf, ein Adapter für öffentliche Ladestationen liegt im Auto.
Kommt das Elektro-Fahrzeug dauerhaft in und um Bad Neustadt zum Einsatz?
Nach dem Testlauf ist für Fuhrparkleiter Ralf Hofmann klar: "Das Elektro-Fahrzeug in dieser Pkw-Version macht für uns keinen Sinn." Den stolzen Preis von etwa 18.000 Euro sieht er als Problem, außerdem sei die Ladeinfrastruktur noch nicht überall gut genug ausgebaut. Und nicht jeder Mitarbeitende in der Zustellung habe zuhause die Möglichkeit, das Fahrzeug zu laden.
In Zukunft wolle man eher auf kleinere Fahrzeuge setzen, zum Beispiel dreirädrige Elektroroller. Sie seien auch in größeren Städten wie Würzburg einsetzbar. "Bei Lieferung auf der letzten Meile tut sich bereits sehr viel. Die Kunst ist, die richtige Größenordnung des Fahrzeuges zu finden", sagt Hofmann.