In Hessen und Thüringen demonstrieren Bürger gegen das SuedLink-Projekt oder gegen geplante Korridore oder ziehen dagegen vor Gericht. In Grafenrheinfeldwird herbe Kritik an den Plänen geübt - in Rhön-Grabfeld dagegen gehen die Bürger sehr unaufgeregt mit der Stromautobahn um. Denn die Deadline steht: Die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW haben haben die möglichen Trassenverläufe für die Stromtrasse SuedLink bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Bis 24. Juni müssen Bürger und Kommunen ihre Einwände dort eingereicht haben, sonst werden sie nicht berücksichtigt.
SuedLink soll den im Norden erzeugten Windstrom in den Süden nach Bayern und Baden-Württemberg transportieren. Noch steht nicht endgültig fest, wo die Stromautobahn die Region in Richtung Grafenrheinfeld durchquert. Der von Tennet favorisierte Korridor betrifft Rhön Grabfeld: Er führt westlich an Henneberg (Thüringen) vorbei und erreicht im Bereich "der Schanz" den Landkreis. Er verläuft durchs Streutal, dann entlang der A 71 und tangiert auch die Gemarkung von Strahlungen. Dort regt sich Widerstand.
Fragen beim Infomarkt
Das wurde deutlich bei einem einem Infomarkt am Donnerstagabend in der Bad Neustädter Stadthalle. Dort stellten TenneT und TransnetBW die Detailprüfungen der SuedLink-Korridore erst den Bürgermeistern und dann der interessierten Öffentlichkeit vor.
Ein Ergebnis der Präsentation: Drei Waldstücke auf der Strahlunger Flur würden von der Trasse durchschnitten. Das will Strahlungens Bürgermeisterin Karola Back nicht hinnehmen. Sie ist der Ansicht, dass die Pläne ihre Gemeinde überproportional belasten.
In einem Gespräch mit dieser Redaktion konkretisiert sie ihre Kritik: Schon beim Bau der A 71 wurden Wald- und Flurstücke auf Strahlunger Gebiet durchschnitten. Schon damals hätten Bürger Flächen abgeben müssen. Jetzt soll die Gemeinde wieder Waldflächen zur Verfügung stellen. Klar würden die Waldbesitzer eine Entschädigung erhalten. Offenbar würde auch von ihnen erwartet, dass die gerodeten Flächen im Umfeld der Trasse von Baumbewuchs freigehalten werden. Das findet sie nicht zumutbar.
Back versteht auch nicht, warum die Trasse nicht dort verlegt wird, wo jetzt bereits Hochspannungsleitungen verlaufen. Bürgermeister Fridolin Zehner aus Rannungen habe ähnliche Probleme mit dem Trassenverlauf. Mit ihm will sie sich zusammentun und Einwendungen formulieren. Diese lassen die beiden dann der Bundesnetzagentur zukommen mit der Hoffnung, dass der Trassenverlauf geändert wird.
Alternativen zu Rodungen
Thomas Wagner (Referent für Bürgerbeteiligung/SuedLink) sagte in einem Gespräch mit dieser Redaktion, dass er sich mit dem Strahlunger Ortsoberhaupt zusammensetzen möchte, um die strittigen Punkte zu klären. Auch mit dem Mellrichstädter Bürgermeister Eberhard Streit habe man Gespräche über den Trassenverlauf bei Eußenhausen geführt. Denn: An den Waldflächen zwischen Henneberg und Eußenhausen kommen die Planer nicht vorbei. Dort, wie auch bei Mühlfeld, werden Waldquerungen nicht zu vermeiden sein. Das könnte Rodungen im Stadtwald zur Folge haben. Anstatt eine Schneise durch den Wald zu schlagen, könne man auch ins Auge fassen, die Waldbereiche durch Unterbohrungen zu schonen und die Kabel tief im Erdreich zu verlegen.
Solche Unterbohrungen finden in einer Tiefe von 30 bis 40 Metern statt und funktionieren laut Wagner auf Strecken, die nicht länger sind als 1000 Meter. Sie sind sehr teuer und finden Anwendung, wenn die Kabel unter Autobahnen, Flüssen oder Naturschutzgebieten verlegt werden müssen.
Die Befürchtung mancher Landwirte, sie würden Ertragseinbußen haben, weil das Erdreich über den Kabeln ein anderes Mikroklima hat als der Rest der Äcker, tritt Wagner entgegen. Die Kabelgräben seien nach dem Verfüllen ebenso nutzbar wie die übrige Ackerfläche. Es sei durchaus richtig, dass die Gleichstromkabel unter Volllast 40 Grad Celsius warm werden. Aber: "Wir haben in den letzten zehn Jahren 1500 Kilometer Gleichstromkabel verlegt. Auf keiner dieser Flächen hat es Ertragsminderungen gegeben", sagt Wagner.