So unberechenbar wie sich der Kremlführer Wladimir Putin momentan verhält, kann jeden Tag die Gas- und Ölversorgung Deutschlands komplett eingestellt werden. Darüber hinaus ist ein Embargo vonseiten der EU nicht mehr auszuschließen. Wie ist die Situation bei der Strom-, Gas- und Wärmelieferung bei Versorgungsunternehmen in Rhön-Grabfeld?
Michael Gottwald, bei dem Unternehmen Bayerische Rhöngas GmbH zuständig für den Bereich erneuerbare Energien, vor allem für Wärme- und Gasgewinnung aus Biomasse, kann sich eigenen Angaben zufolge, vor den vielen Anfragen kaum noch retten.
Zum Beispiel versorgt die Rhöngas GmbH in Bad Neustadt mit der in einem Biomasse-Heizkraftwerk gewonnenen Wärme über ein Nahwärmenetz in erster Linie zahlreiche öffentliche Gebäude, berichtet der Mitarbeiter des Kommunalunternehmens. Während es bis vor kurzem noch schwierig gewesen sei, weitere Abnehmer zu gewinnen, herrsche nun plötzliche rege Nachfrage.
Bisher beziehen unterem anderem Schulen, das Landratsamt, das ehemalige Kreiskrankenhaus, die Firma Jopp und weitere private Abnehmer Wärme aus dem Netz des Anbieters. Kapazitäten seien noch frei – zumindest bei normalem Betrieb. Zu Spitzenlastzeiten muss zugekauftes Gas die Versorgung jetzt schon unterstützen. Bei einer noch größeren Zahl von Abnehmern wäre der Bedarf noch höher. Das wäre problematisch, weil das Unternehmen sein zusätzliches Gas fast ausschließlich aus Russland beziehe. Dieser Umstand ist außerdem bedenklich, weil dieses Gas auch noch das hochwertigste Produkt auf dem Markt sei.
Rhöngas denkt über Erweiterungen nach
Daher werden nicht nur am Standort Bad Neustadt, sondern auch an den anderen Anlagen mit Beteiligung der Rhöngas GmbH Erweiterungen geplant. Dabei geht es um Biogasanlagen, die Wärme in ein Nahwärmenetz einspeisen, wie in Ostheim, Mellrichstadt, Burglauer, Bad Königshofen und Unsleben.
Besonders ins Rampenlicht ist die Biomethananlage in Unsleben gerückt. Dort wird nicht nur Wärme, sondern auch Gas produziert, das ins öffentliche Netz eingespeist wird. Etwa zehn Prozent des im Landkreis verbrauchten Erdgases werden von der Agrokraft Streutal in Unsleben produziert. Hauptabnehmer ist das Ziegelwerk in Unsleben.
Ob er jetzt sein Gas vergolden kann, fragen wir Geschäftsführer Josef Demar. Doch der winkt ab. "Es gibt feste Lieferverträge und Preise und die werden auch eingehalten". Angesichts des Drucks, der auf der Politik lastet, gibt es natürlich Überlegungen, die Produktion zu erhöhen. Aber ohne größere Investitionen vorzunehmen, kann der Gas-Ausstoß lediglich über stärkere Zuführung der Gärsubstrate etwas gesteigert werden.
Verknappung von Strom ist ein heikles Thema
Die Verknappung von Strom ist nach Auskunft des Leiters der Bad Neustädter Stadtwerke, Ulrich Leber, nicht in Sicht, aber ein heikles Thema, das auch im Bereich des Katastrophenschutzes angesiedelt ist. Der dafür zuständige Abteilungsleiter Gerald Söder weist darauf hin, dass die wichtigsten Einrichtungen mit Notstromversorgung ausgestattet sind und die, die zur kritischen Infrastruktur zählen, bei der Verteilung Priorität besitzen. Die Frage sei allerdings, "wer zählt dazu".
In jedem Fall muss sich der Bürger von der Vorstellung verabschieden, dass der Staat alle Probleme lösen kann. Sparsamer Umgang mit fossiler Energie wäre wünschenswert, beim Gasverbrauch sei jedoch bisher kein Rückgang zu verzeichnen, stellt Gottwald fest.