Am 27. April 1995 fuhr der erste Nessi-Stadtbus auf der Linie 1 in Bad Neustadt. Sie verband die Gartenstadt, den Marktplatz und Brendlorenzen. Maßgeblich für die Stadtbuslinie eingesetzt hatte sich Dr. Frieder Voigt. "Er hat das überhaupt erst ins Leben gerufen", erzählt seine Frau Helga Voigt. Und auch Ulrich Leber, der Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Neustadt, die für den Nessi-Betrieb verantwortlich sind, sagt: "Er ist wirklich der Vater der Nessi".
Frieder Voigt: Stadtbus als persönliches Ziel
Frieder Voigt lebte unter anderem in Leipzig und Aachen: "Da war ein Bus eine Selbstverständlichkeit", erzählt seine Frau. So an den Stadtverkehr gewöhnt, war der Umzug nach Bad Neustadt Anfang der 60er-Jahre eine große Umstellung. Einen Stadtbus gab es nicht. Voigt, der bei Siemens gearbeitet hat, setzte sich ein Ziel für seinen Ruhestand: "Als Erstes werde ich mich darum bemühen in Bad Neustadt einen Stadtbus ins Leben zu rufen!"
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In den 90er-Jahren war es so weit. Die tatsächliche Umsetzung habe sich über zwei Jahre hingezogen. Neben Stimmen, die gegen einen Stadtbus waren, seien die Umsetzung und die Finanzierung das größte Problem gewesen. Aber es habe auch Positives gegeben: Unter anderem der damalige Bürgermeister von Bad Neustadt, Josef Schlagbauer, sei "absolut dafür" gewesen, erzählt Helga Voigt. Andreas Schlagmüller, der damals kaufmännischer Leiter bei den Stadtwerken war, sei ebenfalls sehr engagiert gewesen, sagt Ulrich Leber.
Nessi-Fahrplan entwickelt: Strecke selbst abgefahren
"Was wirklich bemerkenswert ist – mein Mann hat diesen Fahrplan selbst ausgerechnet und aufgestellt", sagt Helga Voigt. Er sei die Strecke mit dem Auto abgefahren, habe die Zeit gemessen und die Haltestellen ausgesucht.
Seit einiger Zeit lebt Frieder Voigt nun im BRK-Alten- und Pflegeheim in Bad Neustadt. Am Mittwoch, 6. Mai, wird er 92 Jahre alt. Auch vor dem BRK-Heim ist eine Bushaltestelle der Nessi. "Die habe ich extra für mich gemacht", witzele er gerne über diesen Zufall, sagt sie.
Fahrgast-Boom zu Beginn
Ende April 1995 startete also die Nessi-Linie 1. Die Linie 2 sei ebenfalls von Beginn an gefahren, sagt Christian Rutter, der kaufmännische Leiter der Stadtwerke. Damals habe es einen "Fahrgast-Boom mit rund 10 000 Fahrgästen pro Woche" gegeben. Am 1. Dezember 1997 sei die Linie 3 hinzugekommen, am 1. Juni 1998 folgte die Nessi 4.
Das größte Aufkommen an Fahrgästen habe es mit fast 600 000 Fahrgästen pro Jahr um die Jahrtausendwende gegeben. In den letzten Jahren liege die Fahrgastzahl bei 420 000 bis 430 000 Fahrgästen pro Jahr. Das hänge aber auch mit den Baustellen der letzten Jahre in der Innenstadt zusammen. Davor habe die Fahrgastzahl bei 470 000 bis 490 000 gelegen.
Änderung der Linienführung
Bei der Nessi sei "nie in der Diskussion gewesen, ob sie richtig oder falsch ist", so Leber. Es sei immer nur darum gegangen, inwiefern die Buslinien ausgebaut oder verändert werden müssen. So habe es beispielsweise 2012 eine Änderung der Linienführung in der Gartenstadt gegeben. "Das war auch ein Vorschlag aus der Bevölkerung", sagt er. Seit 2017 ist die Linie 1 sonntags unterwegs. Seit 2018 fährt mit der E-Nessi ein Elektrobus auf den Stadtbuslinien.
"Letztlich ist es so und wird auch dauerhaft so sein, dass die Nessi defizitär ist", sagt Leber. Dass die Kosten für die Tickets nicht zu hoch sein dürfen, sei von Beginn an Thema gewesen. "Überall wo die Nessi fährt – das sind jetzt keine Riesenentfernungen", erklärt er. Werden die Fahrkarten zu teuer, würden die Fahrgäste auf das Auto ausweichen oder mit dem Fahrrad fahren. Hauptsächlich ältere Leute nutzen die Stadtbuslinien, sagt Christian Rutter. Dazu kommen beispielsweise Patienten und Mitarbeiter des Rhön-Klinikums.
Die Stadtbuslinie gehört mittlerweile fest zu Bad Neustadt: "Sie hat sich auch einen Namen gemacht. Wenn man von der Nessi spricht, weiß jeder was gemeint ist", sagt Ulrich Leber. Die Stadtbuslinie – von Frieder Voigt erdacht und maßgeblich geprägt – liegt nun in seiner Verantwortung. Für Nessi zuständig zu sein, erfülle ihn durchaus mit Stolz, sagt Leber. Sie sei ein maßgebliches Standbein für die Mobilität der Bevölkerung in Bad Neustadt.