Seit dem 21. März 2018, also seit gut einem Jahr, ist Unterfrankens erster Elektro-Linienbus in Bad Neustadt im Einsatz. Seit diesem Tag fährt die Elektro-Nessi in der Kreisstadt regelmäßig auf der Linie zwei der Stadtbuslinie. Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird sie es rein rechnerisch geschafft haben, einmal die Erde umrundet zu haben. Deren Umfang beträgt 40 075 Kilometer, am 11. April hatte die E-Nessi immerhin schon 36 838 Kilometer auf dem Tacho. Bei 240 Kilometern pro Tag auf Tour zwei wären das rund 154 volle Arbeitstage, die die E-Nessi geschafft hat.
Das ist dennoch nicht so viel wie erwartet. Nimmt man nur die Werktage von Montag bis Freitag, dann reichen die 154 Tage gerade einmal für gut 30 Wochen. Bei 52 Wochen im Jahr bleibt da viel Zeit übrig, in der die Elektro-Nessi nicht wie geplant gerollt ist. Immer wieder einmal stand der E-Bus tagsüber gut sichtbar an seiner Ladestation in der Siemensstraße. Eigentlich hätte der Bus am Tag seine 240 Kilometer aber ohne Nachladen abspulen sollen. Die Energie für die Tour am nächsten Tag sollte das Fahrzeug nur nachts auftanken.
Die E-Nessi ist die Nummer 14 aus dem Werk
Dass es technische Probleme gab, das gibt Ulrich Leber, der Geschäftsführer der Stadtwerke auch unumwunden zu. Doch damit sei angesichts der neuen Technik zu rechnen gewesen. Schließlich war der Ebusco-Bus gerade erst einmal die Nummer 14, die das niederländische Unternehmen damals in Handarbeit in China hatte fertigen lassen. Inzwischen hat Ebusco nach Angaben von Wolfgang Hackauf, dem verantwortlichen Ebusco-Manager für Deutschland, bereits 130 Busse bauen lassen - inzwischen allerdings von einer anderen Firma in China, die auf derartige kleine Serien spezialisiert sei.
An der Kilometerleistung gemessen, hat die Elektro-Nessi nur etwa die Hälfte dessen geschafft, was ein normaler Dieselbus auf der Linie zwei in Bad Neustadt schaffen würde. Allerdings, so erklärt Leber, konnte die E-Nessi rund ein halbes Jahr lang nicht auf der Linie zwei fahren. Denn durch die Bauarbeiten an der Mühlbacher Brücke war die Route deutlich länger. Deshalb konnte die Linie nicht vom Elektrobus bedient werden. Der fuhr auf anderen, kürzeren Linien und konnte schon alleine deswegen die volle Kilometerzahl nicht erreichen, so Leber.
Elektroantrieb und Batterien waren praktisch niemals dafür verantwortlich, wenn die E-Nessi außer Betrieb genommen werden musste, betonen Leber und Hackauf. "Die 240 Kilometer am Tag schafft der Bus problemlos", sagt Hackauf. Woran liegt es aber , dass der Bus manchmal eher aus der Runde muss? Dafür sind im Winter die Chancen größer als im Sommer. Denn wie der kaufmännische Leiter der Stadtwerke, Christian Rutter, erklärt, seien im Winter im Fahrzeug mehr elektrische Verbraucher in Betrieb - wie zum Beispiel das Licht oder das Gebläse für die Heizung. Geheizt wird allerdings mit Diesel und nicht mit Strom.
Ebusco kommt für Ersatzbus auf
Wenn sich dann im Fahrbetrieb, die Ladeanzeige dem Ende entgegen neige, dann würde die restliche Energie in vielen Fällen wohl schon noch reichen, um den Tag mit der Restenergie zu schaffen. Aber natürlich wolle man es nicht darauf ankommen lassen, dass der Bus vielleicht doch einmal auf der Strecke stehen bleibt. Deshalb werde die E-Nessi lieber frühzeitig aus dem Linienbetrieb genommen und durch einen Dieselbus ersetzt. Zehn Jahre lang, so sieht es der Vertrag vor, kommt Ebusco für diesen Ersatz auf.
Eine ganz entscheidende Rolle spiele beim Elektrobus außerdem die Fahrweise, macht Hackauf deutlich. Die sollte möglichst vorausschauend sein. So könne zum Beispiel optimal der Rekuperationseffekt ausgenutzt werden, der im Schubbetrieb dafür sorgt, dass die Akkus wieder aufgeladen werden. Das Problem sei in Bad Neustadt, dass die Fahrer, die die Elektro-Nessi bewegen, nicht ständig Elektrobusse fahren, sondern immer wieder auch Dieselbusse, die man anders bedient. Die Fahrer müssten sich also immer wieder umstellen. Doch Hackauf und Leber sind sich sicher, dass zusätzliche Fahrerschulungen eine Verbesserung bringen werden.
Viereck der Zuständigkeit
Viele Ausfälle, so Leber, hatten überhaupt nichts mit dem Elektroantrieb zu tun. Probleme gab es beispielsweise einige Male mit den Türen. Oft nur Kleinigkeiten. Schwierigkeit dabei laut Leber in Bad Neustadt: das "Viereck der Zuständigkeit". Wenn ein Defekt auftritt, erfährt das zunächst der OVF, der die Fahrer stellt, gleichzeitig werden die Stadtwerke als Betreiber benachrichtigt. Dann geht eine Meldung an Ebusco direkt. Dort kann man sich auf den Bus aufschalten, nachsehen, was das Problem ist und den Bus dann bei Bedarf zur Reparatur zu MAN in Bad Neustadt schicken.
Ein Weg der unter Umständen Tage kosten kann, in denen die Elektro-Nessi dann nicht zur Verfügung steht. "Aber da sind wir dran, das zu verbessern", sagt Hackauf. Und das erwartet man bei den Stadtwerken auch. "Wir hatten eigentlich erwartet, dass sich die Ausfallkurve schneller nach unten bewegt", sagt Leber. Das müsse sich auf jeden Fall verbessern.
Verzögerungen
Schon bevor es mit den regelmäßigen Touren der elektrischen Nessi los ging, hatte es Verzögerungen gegeben. Am Ende musste Bad Neustadt fast 15 Monate auf die E-Nessi warten. Ursprünglich war geplant, dass sie bereits am 1. Januar 2017 regulär in Bad Neustadt in den Liniendienst gehen sollte. Dann kam die verspätete Lieferung aus China, wo der Bus praktisch in Handarbeit im Auftrag der niederländischen Firma Ebusco zusammengeschraubt wurde. Und als das Fahrzeug endlich in Bad Neustadt angekommen war, gab es noch eine Menge nachzubessern.
Auch wenn es ein paar Probleme gab, die Entscheidung für den Elektrobus hält Leber trotzdem für richtig, schon alleine deswegen, weil Bad Neustadt Modellstadt für Elektromobilität ist. Die habe der Region 500 bis 600 Arbeitsplätze gebracht, schätzt er. Da sei es nur konsequent, wenn man die mit einem Elektrobus auch in Anwendung bringt. Das sei eine Frage der Glaubwürdigkeit, so Leber.