
Viele Eltern kennen es: Sie sehen in einem Geschäft Schuhe für die Kinder und kaufen sie spontan mit dem Gedanken "sie werden schon passen". Wenn das doch nicht der Fall ist, geht es wieder in den Laden, man bringt die Schuhe zurück und erhält den Kaufpreis in bar oder als Gutschein zurück. Doch was ist, wenn Mama oder Papa die Stiefel, Sandalen oder Sneaker mit ihrer Bezahlkarte gekauft haben? Um diese und andere Fragen rund um das kürzlich eingeführte Zahlungsmittel für Asylbewerber und Flüchtlinge ging es in der Sitzung des Rhön-Grabfelder Kreistags.
Die Bezahlkarte ist hellblau und sieht fast aus wie eine EC- oder Kreditkarte. Seit Juni 2024 erhalten sie Asylbewerber auch in Rhön-Grabfeld. Das soll die Verwaltung des Landkreises entlasten, deren Mitarbeitende den Flüchtlingen ihre Leistungen zuvor bar auszahlen mussten. Außerdem soll die Karte Missbrauch vorbeugen, da damit kein Geld ins Ausland, beispielsweise an Schlepperbanden, überwiesen werden kann.
Pro Monat und Person sind 50 Euro Barabhebung möglich, der Rest des Guthabens kann nur digital genutzt werden. Online-Käufe, zum Beispiel bei Amazon, sind nicht möglich, erfuhren die Kreisrätinnen und Kreisräte von Carolin Schmidt (Amt für soziale Angelegenheiten am Landratsamt Rhön-Grabfeld).
Mit der Bezahlkarte online beim Supermarkt bestellen?
Das Ausklammern von Amazon halte er für sinnvoll, so René van Eckert (SPD). Er fragte aber nach, ob mit der Karte online bei Supermärkten bestellt werden kann, was von immer mehr Geschäften angeboten werde. Das sei mit der Bezahlkarte gemäß der aktuellen Vorgaben ausgeschlossen, antwortete Carolin Schmidt.

In der Einführungsphase Mitte Mai/Anfang Juni habe die Verwaltung Mehraufwand gehabt, mittlerweile habe sich alles eingespielt. "Insgesamt kann ich nach zwei Monaten sagen, dass die Bezahlkarte unsere Arbeit erleichtert", so Schmidt.
Laut der Landkreis-Mitarbeiterin wurden 500 Karten bestellt, von denen bisher 280 ausgegeben wurden. Je nachdem, was einem Nutzer ausländerrechtlich erlaubt ist, kann die Nutzung seiner Karte etwa auf den Regierungsbezirk Unterfranken, Bayern oder Deutschland beschränkt werden.
Grünen-Kreisrätin Birgit Reder-Zirkelbach zeigte sich verwundert über die "etwas niedrige" Anzahl von 280 ausgegebenen Karten. "Das kommt daher, dass an Ukrainer, die nach vier bis sieben Wochen ohnehin in die Betreuung des Jobcenters wechseln, keine Bezahlkarten ausgegeben werden. Der Aufwand rentiert sich für die kurze Zeitspanne nicht", erklärte Carolin Schmidt.
Anspruch auf die Karte haben alle nicht-ukrainischen Personen in Gemeinschaftsunterkünften und dezentralen Unterkünften, das seien aktuell etwa 400 Berechtigte. "Wenn man die Kinder – Personen unter 14 Jahren bekommen keine eigene Bezahlkarte – herausrechnet, kommt man auf die 280", so Schmidt.
Wie die Asylbewerber in Rhön-Grabfeld mit der Karte zurechtkommen
Die Karte werde von den Geflüchteten gut angenommen, sie seien überwiegend zufrieden. Wie die Bezahlkarte funktioniert, wird ihnen auf einem Schreiben in ihrer Landessprache erklärt. "Anfangs gab es einige Fragen der Hilfeempfänger, aber deutlich weniger als befürchtet", sagte Carolin Schmidt.
Von einer Unklarheit berichtete Karl Graf Stauffenberg (FDP). Seine Frau habe beobachtet, wie eine Asylbewerberin mit Bezahlkarte in einem Geschäft Schuhe zurückgeben wollte. "Ist mit der Karte auch der Umtausch von Waren möglich, wenn beispielsweise Schuhe doch nicht passen?", wollte Stauffenberg deshalb wissen. "In diesem Fall sollen die Händler den Betrag vorrangig auf die Karte zurückzahlen", so Schmidt.
Laut Landkreis-Mitarbeiterin Carolin Schmidt gab es anfangs einige Fehlbedienungen, weil Nutzer beispielsweise eine falsche PIN eintippten oder versuchten, die Bezahlkarte für Online-Bestellungen zu nutzen. Einige verloren ihre Karte. In solchen Fällen oder bei Missbrauch kann das Sozialamt die Karte sperren.