Die Situation am Brendufer in Bad Neustadt mutete zuletzt etwas grotesk an: Während die Sommersonne brutzelte und die Brend einen niedrigen Pegelstand hatte, waren Bauarbeiter unter Regie des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen damit beschäftigt, den jahrelangen Hochwasserschutz zu vollenden.
Begonnen hat das wahrscheinlich am längsten laufende Projekt in der Stadt Bad Neustadt im Jahr 1985 mit dem Hochwasserschutz oberhalb der Hohen Brücke (gemeint ist die höhere Steinbrücke). Es folgten die Bauabschnitte 2 "Teilschutz am Rhön-Gymnasium" (2006) sowie 3 "Hohe Brücke bis Meininger Straße" (2013 bis 2015 – Kosten: circa 6,1 Millionen Euro).
Letzter Bauabschnitt in Bad Neustadt läuft seit Ende 2022
Seit November 2022 läuft der Abschluss von der Meininger Straße bis zum Bahndamm. Voraussichtlich bis Jahresende soll alles fertig sein. Für diesen letzten Bauabschnitt rechnet die Behörde mit Gesamtkosten von rund zwei Millionen Euro."Dann hat Bad Neustadt einen wirksamen Schutz für ein 100-jähriges Hochwasserereignis", so Simon Engel, Abteilungsleiter für Rhön-Grabfeld am Wasserwirtschaftsamt in Bad Kissingen.
Ein 100-jährliches Hochwasser tritt laut Definition des Bayerisches Landesamts für Umwelt statistisch gesehen mindestens einmal in 100 Jahren auf. Es bildet in der Regel auch die Grundlage für den lokalen Hochwasserschutz und die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten. Ein Restrisiko für ein extremes Hochwasser bleibt jedoch vorhanden. Zudem geht es erfahrungsgemäß schnell, wenn viel Wasser, beispielsweise durch Schneeschmelze, von der Rhön nach Bad Neustadt fließt.
Zurück zur Gegenwart. Wer in den vergangenen Tagen an der Brend unterwegs war, dem ist aufgefallen, dass Arbeiter mit schwerem Gerät über acht Meter hohe Pfähle in der Erde versenkt haben – angefangen vom Jugendzentrum bis in die Nähe der Fahrradunterführung. Es handelte sich um insgesamt 47 Bohrpfähle.
Warum sich die Bohrpfahlarbeiten an der Brend verzögert haben
Diese braucht es, um die Hochwasserschutzwand hochziehen zu können - 80 Meter lang an der Nordseite der Brend und rund 95 Meter lang an der Nordwestseite der Fränkischen Saale. Beide Wände bekommen ein Hochwasserschutztor, welches im Falle von Hochwasser geschlossen werden kann.
Das Wasserwirtschaftsamt hätte schon gerne früher mit diesen Bohrpfahlarbeiten begonnen. Doch hatte sich bereits bei der Sondierung im Herbst herausgestellt, dass die Hälfte der unterirdischen Leitungen (für Strom, Wasser, Gas oder Telekommunikation) nicht da war, wo sie laut Plan eigentlich hätte sein sollen. Die Folge: Die Bauarbeiten ruhten einige Wochen lang.
Die Behörde musste ihre Ausführungspläne ändern. Das hat einige Zeit gedauert, bis alle beteiligten Versorgungsträger einverstanden waren und die Statik überprüft werden konnte. Die Leitungen einfach zu verlegen, war nicht möglich, um beispielsweise eine dauerhafte Stromversorgung zum Rhön-Klinikum nicht zu gefährden.
Klare Antwort vom Wasserwirtschaftsamt zu Gerüchten zu verseuchtem Erdmaterial
Gerüchten aus der Bevölkerung, die Bauarbeiten hätten sich durch den Fund von verseuchtem Erdmaterial verzögert, widersprachen Simon Engel und auch Behördenleiterin Birgit Imhof deutlich. "Dann hätten wir abgetrennte Bereiche einrichten müssen und die Bauarbeiter hätten den Bereich nur mit Schutzkleidung betreten dürfen", so Imhof. Das gab es an der Baustelle nicht. "Wir wollen uns selbst und die Bauarbeiter ja nicht in Gefahr bringen."
Tatsächlich ist es so, dass noch jüngst beim Vor-Ort-Termin einzelne Haufen von Erdaushub auf der Baustelle zu sehen waren. Eine Spezialfirma nahm Proben und untersuchte diese im Labor. "Wenn man im städtischen Bereich gräbt, kann es sein, dass das Material dann kein natürlicher Ackerboden mehr ist, sondern Gebrauchsspuren hat", sagt Birgit Imhof. Dann ist der Entsorgungsweg vorgeschrieben.
So fand man an der Brend Abfälle mit der niedrigsten Schadstufe, die in eine Deponie im Landkreis gebracht worden sind – weit entfernt vom Begriff "Verseuchung", so die Verantwortlichen. Und: "Eine gesundheitliche Gefahr bestand zu keiner Zeit", ergänzte Simon Engel.
Erst die Schutzwand, dann soll der Bereich an der Brend in Bad Neustadt aufgewertet werden
So können die Bauarbeiten für die Vollendung des Hochwasserschutzes in den kommenden Wochen nach neuem Plan weitergehen: Bis Ende September soll die Schutzwand fertig sein. Darüber hinaus wird der Radweg neu asphaltiert, Sitzgelegenheiten sollen den Bereich erlebbarer machen und aufwerten.
Bis die beliebte und vielgenutzte Radverbindung vom Stadtteil Herschfeld bis in die Innenstadt wieder genutzt werden kann, wird es noch eine Zeit lang dauern. Laut Simon Engel werde man versuchen, den vorderen Bereich des Weges in der Nähe des Pumpwerks und der Straße früher zu öffnen. Mehr Geduld wird im hinteren Bereich bei der Eisenbahnunterführung nötig sein. Dieser könne laut dem Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamts nicht vor Herbst wieder genutzt werden.
Wenn Menschen ihr Fahrrad durch das Gewässer schieben wollen
Bis dahin werden sich wohl noch weiter teils abenteuerliche und kuriose Szenen im Bereich der Baustelle an Brend und Saale abspielen. So kam in den vergangenen Wochen ab und an vor, dass trotz Schildern und Zäunen Menschen mit dem Versuch gescheitert sind, die Baustelle zu überwinden, indem sie ihr Rad durch das Gewässer geschoben haben.
Finde es nicht sinnvoll in einem nach polizeidefinition "gefährlichen Bereich" mit Alkoholverbot und Polizeikontrolle ohne Anfangsverdacht Sitzgelegenheiten zu errichten. Die werden sicher wieder ständig Opfer von Vandalismus durch die Herumlungerer die das anzieht.