
Die 67. Mitgliederversammlung der Landeselternvereinigung (LEV) der Gymnasien lockte am Wochenende zahlreiche Mitglieder und viele Gäste an das Martin-Pollich-Gymnasium in Mellrichstadt. Während die Tagesordnung intern diskutiert wurde, standen die Beiträge zur Diskussion um das Gymnasium allen offen.
Den Schulfrieden bewahren
Der Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag, der SPD-Politiker Martin Güll, hatte in seinem Grußwort bereits die Diskussion um die Zukunft des Gymnasiums umrissen. Ihm ging es letztlich um den „Schulfrieden“, wie er mehrfach betonte. So, wie die Vorsitzende der LEV Susanne Arndt sich schon deutlich für ein Ende des „Geeieres“ um das Gymnasium ausgesprochen hatte, forderte auch Güll, dass die Landtagsfraktion der CSU das „Geeiere“, wie auch er sagte, beenden solle.
Die Reise geht zum G 9
„Die Reise geht unbestritten zu einem grundständigen G 9“, stellte er fest. Zwar gebe es schon ein in Eckpunkten fixiertes Konzept, aber das sei noch kein Programm. Jetzt müssten alle Beteiligten, dabei auch die anderen Schularten in die Ergebnisfindung miteinbinden.
Nicht einfach sei dies, bei den unterschiedlichen Erwartungen, die damit verknüpft sind. Die Aufgabe des Bildungsausschusses aber sei es, die Debatte so zu führen, so dass am Ende ein „Schulvertrag“ als Basis für die Arbeit der nächsten zwanzig Jahre steht.
Der Staatsminister für Bildung und Kultus Ludwig Spaenle stimmte insofern zu, als auch nach seiner Meinung die Schule in der Lage sein muss, auf die Herausforderung einer heterogenen Schülerschaft reagieren zu können. Dafür habe das bayerische Schulsystem schon verschiedene Angebote gemacht, etwa mit Vor- und Einführungsklassen oder mit einem zusätzlichen Lernjahr in der Mittelstufe des Gymnasiums.
Qualität muss erhalten bleiben
„Das bayerische Gymnasium steht gut da und vermittelt Lebenschancen“, sagte Spaenle, aber es müsse weiterentwickelt werden, ohne dass es seinen Qualitätsanspruch aufgibt.
Das bedeutet für den Minister: ein G 9, verbunden mit der Möglichkeit für begabte Schüler, die Allgemeine Hochschulreife auch schon nach acht Schuljahren zu erreichen.
Seit 1946 habe Bayern das differenzierte Schulwesen, das auch immer wieder weiter entwickelt worden sei. So etwa mit der Erweiterung der Realschulzeit von vier auf sechs Jahre oder dem Ausbau der Hauptschule zur Mittelschule.
"Bis in die Kapillaren vorbereitet"
Für das Gymnasium gelte es jetzt, das hohe Niveau der Ausbildung mit einem entsprechenden Abitur, verbunden mit der Sicherung einer profunden Persönlichkeitsbildung neu zu gewährleisten. Sein Ministerium sei mit Antworten „bis in die Kapillaren vorbereitet auf die aktuellen Fragen, wie ein grundständiges G 9 aussehen soll“, versicherte Spaenle.
Er umriss dann, welche Akzente in den Lehrplänen von der Unter- bis zur Mittelstufe gesetzt werden sollten. Die 11. Jahrgangsstufe aber sei neu zu „designen“, ohne Erweiterung, aber mit Vertiefung des Lernstoffs und der vorwissenschaftlichen Vorbereitung auf ein akademisches Studium. Dabei solle auch nicht die Berufsorientierung vergessen werden.
1000 neue Lehrer
Die Abiturprüfung in fünf Fächern, darunter Deutsch, eine Fremdsprache und Mathematik, müsse erhalten bleiben. Die Stundentafeln müssen weiterentwickelt werden, ebenso die Lehrpläne. Schnell lernende Schüler sollten die 11. Jahrgangsstufe überspringen können und durch besondere Angebote in der 9. und 10. Jahrgangsstufe auf diesen Sprung in die 12. Jahrgangsstufe vorbereitet werden.
Das G 9 verlange auf Dauer eintausend Lehrer-Planstellen mehr und auch Kosten für den jeweiligen Sachaufwandsträger. Diese Kosten müssten hundertprozentig vom Staat ersetzt werden. Bis sich die Änderungen in der Oberstufe des Gymnasiums auswirken, habe man noch ein paar Jahre Zeit, aber den „sicheren Boden“ einer entsprechenden Gesetzgebung müsse man jetzt legen, möglichst noch bis zum Ende des laufenden Schuljahrs. Denn das Gymnasium solle in der Mitte der Gesellschaft positioniert bleiben.
Was ist mit der Mittelstufe plus?
Susanne Arndt von der LEV eröffnete danach die Aussprache des Publikums mit dem Minister. Ellen Beitat und Nicola Hoeft-Blex, Elternbeiräte vom Gymnasium Alzenau, hatten in einer Ecke der Schulaula eine Informationswand aufgestellt und warfen auch in der Aussprache als erste eine offenbar vielen auf den Nägeln brennende Frage auf: Wie geht es mit den 47 Gymnasien weiter, die an dem auf zwei Schuljahre befristeten, jetzt auslaufenden Pilotprojekt der „Mittelstufe Plus“ teilgenommen hatten. Diese Schulen wollen, dass sie auch weiterhin ihren Schülern, auch den neu eintretenden, neun Jahre Schulausbildung am Gymnasium anbieten können.
Arndt war sich mit dem Bayerischen Philologenverband, mit den Vertretern der Direktorenvereinigung und den Landes-Schülersprechern einig, jetzt endlich eine Grundsatzentscheidung zum bayerischen Gymnasium herbeizuführen, auch wenn noch nicht alle Detailfragen geklärt sein sollten. Sprecher aus dem Saal baten den Minister unter anderem um Unterstützung für die Finanzierung von kleinen Fremdsprachenlerngruppen oder für die Zuweisung von mehr Sozialpädagogen und qualifizierten Informatiklehrern.
Spaenle wusste alle Fragen und Denkanstöße zu beantworten. Auf ein bestimmtes Datum, wann das gesetzliche Fundament für das neue G 9 im Landtag gelegt wird, wollte und konnte sich der Minister angesichts des parlamentarischen Prozesses nicht festlegen. So hatte er viele seiner Ausführungen auch bei der Fragerunde unter dem Vorbehalt des „Wenn“ gemacht: Wenn die Staatsregierung, wenn die CSU-Fraktion und wenn der Bayerische Landtag den Vorstellungen des Ministers zustimmen – dann gibt es das neue G 9, so der Minister.
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