Prof. Dr. Bernd Griewing erinnert sich noch genau an den allerersten Corona-Patienten am Rhön-Klinikum Campus in Bad Neustadt. Es war an einem Samstag, am 14. März 2020. Eine ältere Person aus dem Landkreis hatte sich bei einem Verwandten angesteckt. "Sie war sehr schwer krank und musste intensivmedizinisch behandelt werden", so der Vorstand Medizin. Der schlechte Zustand des Patienten habe das Personal überaus betroffen gemacht. Das war der Anfang.
Und so ging es weiter: Bei der ersten Welle wurde der Höhepunkt am 1. April 2020 mit 23 stationären Patientinnen und Patienten erreicht. Bei der zweiten Welle waren es am 5. Januar 2021 33, bei der dritten Welle am 19. April 28 und bei der vierten Welle am 2. Dezember 75 Personen. Jetzt ist das Krankenhaus mitten in der fünften Welle, deren Höhepunkt Griewing für Ende Februar/Anfang März ansetzt. Insgesamt wurden am Campus in Bad Neustadt bislang 675 Corona-Patienten behandelt, davon 131 intensiv. Diese Zahlen und noch weitere aktuelle Informationen aus der Klinik gab das Unternehmen im Rahmen eines Pressegesprächs bekannt.
Die einzelnen Wellen seien nur schwer miteinander zu vergleichen, führt der Mediziner aus. Omikron sei zwar sehr ansteckend und führe zu vielen Infektionen. Momentan sehe es jedoch so aus, als wenn die Variante weniger schwere Fälle hervorbringe. Eher selten müsse ein Patient intensiv behandelt werden. "Insgesamt ist die Lage anspruchsvoll, aber unter Kontrolle."
Wie sieht die personelle Lage am Campus aus?
Eine Herausforderung stellt derzeit die personelle Situation dar. Stand Freitagvormittag, 4. Februar, waren 75 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rhön-Klinikums covid-positiv, erklärt Dr. Hassan Soda, Chefarzt der Klinik für Akutneurologie, Stroke Unit und neurologische Intensivmedizin. Sie alle waren oder sind noch in Quarantäne. Die Situation werde sich weiter verschärfen, ergänzt Professor Griewing. Am 2. Februar seien es noch 60 Frauen und Männer gewesen.
"Wir rechnen mit einem weiteren Ansteigen des Krankenstandes." Diese Ausfälle müssten bestmöglich organisiert werden. "Das ist momentan die eigentliche Herausforderung", betont Bernd Griewing. Planbare Operationen müssten jedoch deswegen nicht verschoben werden. Das bestätigt auch Dr. Renée Andrea Fuhrmann, Chefärztin der Klinik für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie. "Verschoben wird nichts mehr." Die Corona-Sicherheitsbestimmungen würden einen hohen logistischen Aufwand und eine belastende Situation für die Patienten und Verwaltung mit sich bringen.
Ebenfalls Stand 4. Februar wurden 16 "neue" Patienten wegen Corona stationär behandelt, niemand davon intensiv. Allerdings liegen noch fünf Patienten aus der Delta-Welle im Krankenhaus, die langzeitbeatmet werden.
So fällt die Bilanz des Impfzentrums aus
Seit Dezember 2021 unterhält das Rhön-Klinikum ein Impfzentrum, nicht nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern für alle Bürger. Laut Dr. Hassan Soda wurden dort bisher 11 000 Personen geimpft. Jeweils 2900 erhielten ihre erste und zweite Impfung und 5200 ihre dritte Impfung. Vergangene Woche wurden im Rahmen einer Sonder-Impfaktion 46 Kinder geimpft.Ein mobiles Impfteam war außerdem unterwegs und impfte zehn, vor allem ältere Menschen.
Wie gestaltet sich der Ausblick in die Zukunft?
Wie fällt beim Rhön-Klinikum der Ausblick in die Zukunft aus? Prof. Dr. Bernd Griewing rechnet ab April mit einem relativ geregelten Klinikablauf. "Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen sich nichts sehnlicher als eine Rückkehr zur Normalität", fügt Dr. Renée Andrea Fuhrmann an. Dr. Hassan Soda verweist auf Patienten mit chronischen Erkrankungen, wie Parkinson, Multiple Sklerose oder Herzinsuffizienz, bei denen sich eine Wartezeit aufgebaut habe. Auch wenn alle Notfälle so behandelt worden seien, wie sonst auch, so bestehe diesbezüglich Nachholbedarf.
Ist im Herbst die nächste Welle zu erwarten? "Das hängt davon ab, was im Sommer gemacht wird", antwortet Griewing darauf. "Wir dürfen in der Zwischenzeit nicht schlafen und müssen diese Phase nutzen", appelliert er an alle, das Problem nicht zu verdrängen. "Mit einer Impfquote von 60 Prozent kommen wir aus Corona nicht raus."