zurück
Bad Neustadt
Prävention: Sollte Alkohol beim Kinderfasching verboten werden?
Eine Ausstellung in Bad Neustadt macht Werbung gegen das "Komasaufen". Doch was kann man sonst dagegen tun? Der Vorschlag einer Mutter stieß im Faschingsverein auf Widerstand.
Gegen 'Komasaufen': Unter dem Motto 'bunt statt blau' wird derzeit eine Wanderausstellung mit 32 Plakaten im Landratsamt gezeigt.
Foto: Corbinian Wildmeister | Gegen "Komasaufen": Unter dem Motto "bunt statt blau" wird derzeit eine Wanderausstellung mit 32 Plakaten im Landratsamt gezeigt.
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:05 Uhr

Besinnungslos treibt die rothaarige junge Frau auf dem Plakat in einer Flasche Wodka – sie droht zu ertrinken. Doch es gib Hoffnung: Ein bunter Rettungsring schwimmt auf der Oberfläche des Hochprozentigen; er steht für die Alternative zum hemmungslosen Trinken, für die Hilfe von Freunden und für Spaß ohne Alkohol. Daneben die Botschaft: "Blau ist nur als Farbe schön."

Kontrollverlust, Sucht und Tod: Wer die Plakate der DAK-Wanderausstellung "bunt statt blau" im Foyer des Landratsamtes Rhön-Grabfeld betrachtet, wird mit den drastischen Konsequenzen von übermäßigem Alkoholkonsum konfrontiert. Die Idee hinter der Präventionskampagne: Jugendliche sollen sich bei der Gestaltung von Plakaten kreativ mit den Gefahren des Rauschtrinkens beschäftigen – und so auch ihre Altersgenossen zum Nachdenken anregen.

Zehn Prozent der Jugendlichen trinken einmal pro Woche Alkohol

Immer noch  ist "Komasaufen" ein besorgniserregendes Phänomen unter jungen Menschen. Nach Angaben der DAK müssen jährlich rund 22 000 Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus. Wie eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigt, tranken 2018 fast zehn Prozent der 12- bis 17-Jährigen mindestens einmal in der Woche Alkohol; 14 Prozent der Jugendlichen berichteten von mindestens einem Vollrausch innerhalb des Monats vor der Befragung. Von den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren hatten sich sogar rund 39 Prozent in diesem Zeitraum betrunken. Die gute Nachricht der Studie: Insgesamt hat der regelmäßige Alkoholkonsum unter Jugendlichen in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen.

"Was hat Alkohol beim Kinderfasching verloren?"
Eberhard Helm, Allgemeinmediziner

Doch wie kommen junge Menschen überhaupt dazu, sich zu betrinken? "Wenn die Jugendlichen bei Erwachsenen sehen, dass Alkohol zu jedem Fest dazugehört, dann probieren sie es natürlich auch aus", sagt Hedwig Heinisch, Mitarbeiterin der Caritas-Suchtberatung Rhön-Grabfeld. Andere Ursachen für das Rauschtrinken seien Gruppenzwang und der Wunsch junger Menschen, ihre Grenzen auszutesten. Gelegentlich sei ein Rausch auch nichts Schlimmes, so Heinisch. "Doch wenn das Rauschmittel immer wieder eingesetzt werden muss, weil man seine Probleme sonst nicht mehr aushalten kann oder das Gefühl hat, ohne Alkohol keinen Spaß haben zu können, ist das gefährlich."

Der Blick durch die bunte Brille: dieses Plakat hat den DAK-Plakatwettbewerb gewonnen.
Foto: Corbinian Wildmeister | Der Blick durch die bunte Brille: dieses Plakat hat den DAK-Plakatwettbewerb gewonnen.

Jugendliche reagieren laut Heinisch auch empfindlicher auf Alkohol als Erwachsene. Dieser beeinträchtige nämlich die physische und psychische Entwicklung der jungen Menschen. Außerdem sei erwiesen, dass das Risiko einer Suchterkrankung höher ist, wenn man schon früh anfängt, Alkohol zu trinken, erklärt Heinisch. Damit Heranwachsende einen verantwortungsvollen Umgang mit Bier, Schnaps und Wein lernen sei es wichtig, dass Eltern dieses Thema mit ihren Kindern besprechen und selbst als gutes Vorbild vorangehen, so Heinisch.  

"Mit so einem massiven Gegenwind habe ich nicht gerechnet."
Annette Rabenstein, Sondernauer Narrengesellschaft

Diese Vorbildfunktion hatte auch Annette Rabenstein im Sinn, als sie vor vier Jahren der Sondernauer Narrengesellschaft vorschlug, zukünftig beim Kinderfasching auf den Ausschank von alkoholischen Getränken völlig zu verzichten. "Mit so einem massiven Gegenwind habe ich nicht gerechnet, ich war perplex", erinnert sich Rabenstein, die sich damals als zweite Vorsitzende in dem Verein engagierte. Nachdem ihr Anliegen  "auf taube Ohren" gestoßen sei, habe sie ihren Posten in der Faschingsgesellschaft abgegeben. 

Faschingsgesellschaft sah keinen Grund für Alkoholverbot

Rabenstein habe anregen wollen, dass über ein gewisses Maß und Grenzen beim Alkoholkonsum nachgedacht wird. Sie verstehe zwar, dass sich diejenigen angegriffen gefühlt haben, die "ihren Konsum im Griff haben", andererseits sollten beim Kinderfasching aber tatsächlich auch die Kinder im Mittelpunkt stehen, meint die Mutter eines 13-Jährigen. Stattdessen werde die Veranstaltung teilweise als Vorwand genutzt, um sich im Nachgang zum Fasching noch einmal auf ein Bier zu treffen, so Rabenstein.  

 "Wir haben den Vorschlag wohlwollend diskutiert", schildert Helmut Thalheimer, Vorsitzender der Sondernauer Narrengesellschaft. Letztlich sei man aber zu dem Schluss gekommen, dass man kein Alkoholverbot einführen will. Die Begründung: Auch Erwachsene besuchen die Veranstaltung und diese könnten selbst entscheiden, ob sie Alkohol trinken wollen, so Thalheimer. "Was hat Alkohol beim Kinderfasching verloren?", wundert sich hingegen der Allgemeinmediziner Eberhard Helm aus Ostheim. Wenn Erwachsene bei solchen Gelegenheiten auf alkoholische Getränke bestehen, sei etwas faul. 

Strengere Alterskontrollen beim Kauf von Alkohol

Für Helm ist es dennoch wichtig, Alkohol nicht grundsätzlich zu tabuisieren. Um "Komausaufen" vorzubeugen sei es wichtig, dass in der Schule und im Elternhaus offen darüber gesprochen wird, sagt der Mediziner, der sich schon seit einigen Jahren mit Sportveranstaltungen gegen Drogen stark macht. Die Hauptgefahr bestehe aber darin, dass Alkohol überall verfügbar ist, sagt Helm. Man brauche daher strenge Alterskontrollen, sowohl auf Seiten des Einzelhandels als auch von Seiten der Polizei. 

Georg Bieberich, Leiter der Polizeiinspektion Bad Neustadt, findet, dass es ein "gemeinsames, konsequentes Handeln der Verantwortlichen" brauche, um Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen einzudämmen. Dafür müssen aber zum Beispiel nicht nur Gastwirte oder Veranstalter sorgen. Vor allem die Eltern seien verantwortlich dafür, dass Jugendliche keinen Zugang zu Alkohol haben, meint Bieberich. 

Die Plakate der Ausstellung "bunt statt blau" sind noch bis Freitag, 29. November, im Landratsamt in Bad Neustadt zu sehen. Die Ausstellung ist täglich zu den Öffnungszeiten des Landratsamtes für Besucher kostenlos zu besichtigen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Neustadt
Corbinian Wildmeister
Alkohol
Alkoholkonsum
Alkoholvergiftungen
Bier
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Gastwirte
Karnevalsvereine
Kinder und Jugendliche
Polizei
Spirituosen
Suchtkrankheiten
Wein
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • H. J.
    Kinder und Alkohol geht überhaupt nicht! Das sollten auch die Narren im wahrsten Sinne des Wortes begreifen.
    Wie immer nicht anonym, sondern mfG
    Heinrich Jüstel
    -Stadtrat in Würzburg -
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. M.
    Und wenn wir beim Kinderfasching anfangen, können wir gleich bei den Jugend-Sport-Veranstaltungen weiter machen. Auch beim Fußball, Handball usw. werden regelmäßig alkoholische Getränke bei Jugendturnieren angeboten. Wie passen Sport und Alkohol zusammen ? Ich glaube nicht, dass es hier um Prävention geht sondern einzig und allein darum, die Vereinskassen zu füllen. Siehe auch der wöchentliche massive Alkoholkonsum bei den Spielen im Profibereich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • K. K.
    Sie sollten mal öfter zu einem Jugend Fußballspiel gehen. Da gibts kein Alk.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. B.
    Zugegebenermaßen ist dieser Akt der gespielten kollektiven Heiterkeit nicht mein Ding, deshalb bleibe ich diesem "Frohsinn" fern. Was den Alkohol angeht, nun, wenn es sich um einen Kinderfasching handelt, sollte man als Erwachsener soviel Disziplin aufbringen und auf den Alkohol verzichten können, was dem einen oder anderen schwer fallen könnte, da er täglich seine bestimmte Menge Alkohol benötigt. Es sind die vielen Alkoholiker, von denen die meisten selbst nicht wissen dass sie einer sind. Der Staat verdient kräftig daran, deshalb wird an der Schraube auch nicht gedreht. Aber letztlich sind wir und so soll es auch sein, für unser Tun und Handeln verantwortlich. Verschone uns vor grünen Moralaposteln und Verbotskriegern, eine Gesellschaft sollte selbst die Balance für falsch und richtig finden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Kein Alkohol auf Kinderfasching - das sollte doch überhaupt keine Frage sein! Aber wieviele Menschen kommen ohne Alkohol in Griffweite nicht mehr klar? Vielleicht muss man deshalb diese "Freiheit" hier auch verteidigen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. B.
    Ja, Alkohol ist für viele junge Menschen eine Einstiegsdroge, welche verharmlost wird. Im Allgemeinen wird der Umgang mit Alkohol gerne verharmlost. Wer trinkt ist cool, ein kleiner Rausch ist lustig..... Ich finde es sehr gut den Alkohol beim Kinderfasching nicht auf die Getränkekarte zu setzen. Es geht auch ohne. Es braucht auch aus meiner Sicht noch mehr Informationen und Aufklärung über die möglichen Folgen von Alkoholkonsum, gerade bei jungen Menschen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. S.
    ist schon interessant wie einigen gleich das Wort "Verbot" in den Sinn kommt!

    Es geht lediglich darum das eben kein Alkohol angeboten wird! Wer sich jemals in einem Verein engagiert hat dürfte die (teils Endlos) Diskussionen kennen "was", "wieviel" und "zu welchem Preis" auf Vereinsfesten angeboten wird!

    Ich bleib auch keinem Fest fern nur weil der Verein beschlossen hat keine Johannisbeerschorle oder keinen Kaffee anzubieten - und genauso sollte es sich mit ALLEN anderen Getränken verhalten - das etwas nicht stimmt merkt man daran das beim Thema "es wird kein Alkohol verkauft" der Aufschrei wieder groß ist...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Die Droge Alkohol, laut dem Drogenbericht ist Alkohol eine Droge, eine von der Gesellschaft (leider) akzeptierte, müsste um dass mindestens zehnfache teurer werden, damit man alle Folgeschäden, die durch die Droge Alkohol entstehen, ausgleichen bzw. behandeln kann.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. B.
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette (Kommentare sind nicht für die Verbreitung von Werbung vorgesehen.) und wurde daher gesperrt. Bitte schreiben Sie ihren Kommentar noch einmal ohne den Hinweis auf diese Brauerei.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. B.
    Herr Helm, Allgemeinmediziner, engagiert sich schon seit Jahren, ich würde sagen Jahrzehnten, gegen Drogen und somit auch Alkohol. Das ist mehr als Vorbildlich!!!

    Und ich bin der Meinung, dass bei den Fußballvereinen an 12jährige kein sog. Radler ausgeschenkt werden sollte. Das war für meinen Sohn der Einstieg "zum Alkohol" und diese Meinung lasse ich mir nicht nehmen. Was habe ich da mit dem Trainer diskutiert - ohne Erfolg. Denn wir als Eltern trinken zu Hause kein Bier und auch keinen Wein.
    Ein No-Go für mich, an Kinderfasching Alkohol auszuschenken.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. K.
    Fasching und Alkohol gehören zusammen!
    Ohne Saufen ist es doch beim Fasching gar nicht auszuhalten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. Ö.
    Was oder wen wollen oder müssen Sie denn aushalten? 🤷‍♀️
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. F.
    Sehen Sie, und deshalb gehört Fasching abgeschafft!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. K.
    Falls besoffene Eltern beim Kinderfasching der Abschreckung dienen könnten, dann wäre ein Alkokolgebot für Eltern geboten. Dazu gleich noch Kokain und Crystal Meth und die Abschreckung wäre perfekt.
    Da Eltern aber ein Vorbild sein sollten könnten sie beim Kinderfasching ausnahmsweise mal nüchtern feiern.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. A.
    So ein Gschmarr
    Ich trinke Kaffee wenn mir danach gelüstet
    Ich trinke Wasser, Wenn's mir danach gelüstet
    Ich trinke Cola wenn s mir danach gelüstet
    Ich trinkeWein,.Wenn's mir danach gelüstet
    Genauso trinke ich ein Bier oder einen Schnaps, wenn mir danach gelüstet
    Also bin ich ein selbst bestimmender Mensch
    Wer will mir das verbieten??????
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. K.
    Und auf dem Kinderfasching sauft sich der Vater selbst untern Tisch.
    Weiter so!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U. S.
    Haben Sie auch Sex wenn es Ihnen danach gelüstet? Egal wo? Wohl eher nicht, oder?

    Genauso ist es mit dem Alkohol. Alles zu seiner Zeit - ein Kinderfasching ist kein Wirtshaus in dem man sich volllaufen lässt. In der recht kurzen Zeit in der die Kinder sich vergnügen wird es doch mal ohne Alkohol gehen. Wer das nicht kann hat ein gewaltiges Problem und sollte diesbezüglich dringend den Arzt aufsuchen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. W.
    Also für Kinder gehört der Alkohol beim Kinderfasching schon verboten. Und ob der Papa nun ein Bier zur Feier des Tages trinkt oder aus Sympathie Limo Frage ich mich schon ob das entscheidend für den künftigen Alkoholkonsum des Sprösslings ist. Viel schlimmer ist, dass in unserer allgemein zunehmenden Verbotsgesellschaft sowas überhaupt ein Thema ist. Heutzutage ist scheinbar nichts zu dumm, als dass man eine. Riesen Diskussion daraus machen kann und für alles auch noch "Fans" findet.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten