
Frauen sind die Hälfte der Gesellschaft. Wo Entscheidungen getroffen werden, wird dies aber oft nicht abgebildet. Auch in der Kommunalpolitik im Landkreis Rhön-Grabfeld ist hier noch viel Luft nach oben. Im Landkreis gibt es 37 Gemeinden, aber nur vier Bürgermeisterinnen. Gerade einmal rund 20 Prozent der Stadt- und Gemeinderäte sind Frauen.
Um das zu ändern, veranstaltet Ilona Sauer, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises in Absprache mit amtierenden Kreisrätinnen verschiedener Parteien den Workshop "Mitgestalten mit Herz und Verstand – bin ich bereit für die Rolle?"
Warum es die Veranstaltung braucht, um welche Themen es darin gehen wird und was sich Sauer für die Kommunalwahl 2026 erhofft, erklärt die 54-Jährige im Interview.
Ilona Sauer: Frauen sind in der Politik unterrepräsentiert und das passt nicht zur Gesellschaft, die zur Hälfte aus Frauen besteht. Sie sind auch von den Themen betroffen und sollten mitreden.
Sauer: Im Herbst wurde in den Haßbergen ein vergleichbarer Workshop auf unterfränkischer Ebene veranstaltet. Dort war ich zusammen mit der Schönauer Bürgermeisterin Sonja Rahm (FW) und der Grünen-Kreisrätin Carmen Kronester. Auf der Heimfahrt kamen wir auf die Idee, etwas Ähnliches im Landkreis Rhön-Grabfeld zu veranstalten, um hier gezielt Frauen anzusprechen. Gerade im Hinblick auf die Kommunalwahl 2026.
Sauer: Die Veranstaltung richtet sich an Frauen, die schon ein politisches Mandat haben, und aber auch an Frauen, die im Ehrenamt tätig sind und sich gesellschaftlich interessieren. Daneben können auch Frauen teilnehmen, die für berufliche und persönliche Perspektiven etwas daraus mitnehmen wollen. Der Workshop soll Impulsgeber sein. Wir wollen Frauen mit anderen Frauen zusammenbringen, dass sie sich untereinander austauschen können.
Sauer: Da das Format ein Workshop ist, wird es vor allem um Learning by doing gehen. Es werden dabei verschiedene Themenkomplexe behandelt: zum Beispiel welche Motivation zählt für politisches Engagement, politisches Ehrenamt. Für die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Ehrenamt gibt es Impulse für ein gesundes Zeit- und Selbstmanagement. Die Referentin ist auch bei den Themen Kommunikation, Körpersprache und Präsenz sehr erfahren.
Sauer: Dass wir Frauen dafür sensibilisieren, dass sie sich auch einbringen sollen. Ihre Meinungen und vor allem die Sichtweisen sind sehr wichtig für unseren gesellschaftlichen Diskurs. Es ist unglaublich wichtig, dass man im politischen Prozess gemeinsam auf einen Konsens kommt.
Sauer: Wir haben schon einige Anmeldungen. Die Einladung über die Frauen in den kommunalpolitischen Gremien lief sehr positiv. Bestenfalls begleitet eine politisch engagierte Frau eine interessierte Frau. So kann es zum guten Erfahrungsaustausch kommen und diejenigen, die mit dem Gedanken spielen in die Kommunalpolitik zu gehen, bekommen gezielte Unterstützung und vielleicht den bedeutenden Motivationsschub.
Sauer: Das ist eine gute Frage, die ich mir auch schon gestellt habe. Das gilt auch für mich. Ich bin in meiner Heimatgemeinde Bastheim ehrenamtlich aktiv, im Gemeinderat sitzt aber mein Mann. Das haben wir gemeinsam so entschieden. Insgesamt sind familiärer Rückhalt und ein ausgeglichen organisiertes Familien- und Berufsleben wichtig, um alles unter einen Hut zu bringen.
Sauer: Die Vereinbarkeit von Amt, Beruf und Familie. Die Rahmenbedingungen sind hier nicht optimal. Beispielsweise finden Gemeinderatssitzungen oft am Abend statt und dauern lange. Und Familienarbeit liegt gerade in unserem ländlichen Raum immer noch überwiegend bei den Frauen.
Sauer: Ja, ich erlebe immer mehr Frauen, die zielstrebig ihren beruflichen Weg gehen und Männer, die neben dem Beruf ebenfalls Familienarbeit übernehmen. In der Gleichstellungsarbeit versuchen wir ja, das traditionelle Rollenverständnis aufzubrechen. Mit gegenseitigem Respekt und Unterstützung im Beruflichen wie im Privaten sind wir auf einem guten Weg.
Sauer: Es geht gar nicht unbedingt um das Thema Mann-Frau. Man muss es allgemeiner betrachten. In der Zukunft wird es vielleicht nicht mehr so leicht sein, jemanden für ein kommunalpolitisches Mandat zu gewinnen. Viele sind im Beruf stark engagiert und wollen sich einen Rest Freizeit erhalten. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass die Bereitschaft bestehen bleibt, etwas für das Gemeinwohl tun zu wollen.
Sauer: Die amtierenden Bürgermeisterinnen haben signalisiert, weiterzumachen. Das sind Positiv-Beispiele auch für andere Frauen, die sich das vorstellen können. Wenn ich auf den Frauenanteil in den Stadt- und Gemeinderäten von aktuell circa 20 Prozent im Landkreis schaue, würde ich mich über eine Steigerung freuen. Damit wäre auch schon etwas gewonnen!