"Der frühe Vogel fängt den Wurm" lautet eine alte Trödlerweisheit, was bedeuten soll, dass die besten Schnäppchen gemacht werden, wenn der Aufbau der Stände im Morgengrauen gerade begonnen hat.
Seit dem Ausbruch von Corona können die Freunde dieser Freizeitbeschäftigung getrost ausschlafen. Denn während früher, außer im Winter, die Veranstaltungskalender an den Wochenenden gespickt waren mit Veranstaltungen dieser Art, finden seit geraumer Zeit doch so gut wie keine Trödelmärkte mehr statt. Denn Flohmärkte, vor allem die großen, haben in Pandemiezeiten einen entscheidenden Nachteil. Es kommen hier viele Menschen aus unterschiedlichen Richtungen zusammen, und auch auf weitläufigem Gelände kann es vor manchen Ständen mit attraktiven Angeboten schnell eng werden, wenn sich dort viele Interessierte gleichzeitig einfinden. Damit das nicht passiert und diese Märkte nicht zu Infektionsherden werden, hat sich der Gesetzgeber Rahmenhygienekonzepte einfallen lassen.
Im Landkreis Rhön-Grabfeld dauerte es bis Anfang Juli bis der erste Flohmarkt auf dem Parkplatz des Sulzfelder Badesees stattfand. Die Initiatorin Heidemarie Neubert hatte dabei eigentlich nur ihre Campingfreunde im Sinn und deshalb auf Werbung weitgehend verzichtet. So kamen denn auch gerade mal rund 15 Freizeithändler, die auf dem riesigen Platz fast schon etwas verloren wirkten. Dafür hatte die Veranstalterin aber keine Probleme, das Hygienekonzept umzusetzen, das sie erstellt und das vom zuständigen Gesundheitsamt in Bad Neustadt für gut befunden wurde. Vor allem ging es dabei um Abstände zwischen den Ständen und die Maskenpflicht für Besucher und Händler. Für September plant Heidemarie Neubert auf dem Parkplatz einen größeren Flohmarkt.
Bald wieder ein Flohmarkt auf dem Festplatz in Bad Königshofen
Allein auf weiter Flur im Landkreis Rhön-Grabfeld sind Steven und Katharina Häcker aus Bad Königshofen, wenn es um die Ausrichtung von Flohmärkten geht. Bereits im vergangenen Jahr hatten sie auf dem Festplatz am Brügel im Sommer einen Markt veranstaltet, der sehr gut angenommen worden war. Ein großer Corona-Ausbruch in einem Stadtteil machten dann aber alle weitere Pläne für 2020 zunichte. Am Samstag, 24. Juli, nimmt das flohmarktbegeisterte Ehepaar an gleicher Stelle einen neuen Anlauf, nachdem die Stadt und das Gesundheitsamt ihren Segen dazu gegeben haben. Jetzt hoffen die Häckers, die eine eigene Web-Seite betreiben, dass die Corona-Lage Märkte dieser Art auch weiterhin zulassen wird.
Kaum jemand traut sich, einen Flohmarkt zu veranstalten
Außer diesen beiden Beispielen hat sich bislang niemand getraut, im Landkreis einen Trödelmarkt zu veranstalten. Bei Julian Morber, der im Gesundheitsamt für Märkte zuständig ist, hat sich bislang jedenfalls niemand gemeldet, der ähnliches vorhat, wie er im Gespräch mit dieser Redaktion erklärt. Über die Gründe kann er nur spekulieren. Möglicherweise herrsche große Unsicherheit mit der Sorge nicht alles richtigzumachen.
Auch die Angst vor einer kurzfristigen Absage durch die Behörde scheint eine Rolle zu spielen. So wie bei der ESKAGE, der ersten Schweinfurter Karnevalsgesellschaft 1954. Der Verein richtet seit einigen Jahren im Juli/August einen der drei großen Flohmärkte auf dem Volksfestplatz aus. So war das auch für dieses Jahr am 21. August geplant, wie Pressesprecher Erich Valtin sagt. Weil es zur Ausrichtung eines so großen Marktes einiges an Vorlaufzeit braucht und auch Kosten für Flyer, Plakate und anderes entstehen, entschied sich der Verein dann im Juni für eine Absage, nachdem die Stadt keine Garantie für die Durchführung geben konnte. "In diese Vorleistung konnten wir nicht gehen", sagt Valtin mit großem Bedauern und hofft auf das nächste Jahr. Dazu kam noch, dass das Impfzentrum und eine Schnelltest-Strecke schon mehr als die Hälfte des rund 35 000 Quadratmeter großen Platzes beanspruchen.
Auch in Würzburg herrscht die komplette Flohmarkt-Flaute
In Würzburg, sonst eine der Hochburgen Unterfrankens, herrscht seit Ausbruch der Pandemie im März 2020 absolute Flohmarkt-Flaute. Eine Erklärung, warum das immer noch so ist, obwohl die zuletzt zurückgehenden Infektionszahlen eigentlich diese Veranstaltungen unter den Hygienebedingungen möglich machen, glaubt Marcus Enkler gefunden zu haben. "Die Veranstalter haben einfach zu wenig Personal", sagt Enkler, der vor einigen Wochen wieder mit Flohmärkten in Veitshöchheim, Werneck oder Giebelstadt begonnen hat. Enkler ist seit mehr als 25 Jahren im Geschäft und richtete nach eigenen Angaben im Umkreis von 200 Kilometer von seinem Hauptsitz Dinkelsbühl bis zu 500 Märkte pro Jahr aus.
Das versteht nicht jeder: Besucher müssen eine FFP2-Maske tragen
Derzeit brauche man pro Markt zwischen vier und fünf Mitarbeiter. Die haben die Aufgabe, Händler einzuweisen, vorher die Stellflächen zu markieren, dafür Sorge zu tragen, dass Flächen auch eingehalten werden, Absperrbänder zu ziehen, stündlich die Toiletten zu desinfizieren, Desinfektionsmittel bereitzustellen und auf die Einhaltung der Maskenpflicht zu achten. Nicht jeder Besucher kann verstehen, dass an der frischen Luft im Freien FFP2- Masken getragen werden müssen. So will es eine der Bestimmungen des Rahmenhygienekonzeptes für Märkte des Gesundheits- und des Wirtschaftsministeriums.
Und schließlich müssen noch die verschiedenen Zufahrten zum Gelände kontrolliert werden. Denn auch über die genehmigte Besucheranzahl gibt es genaue Vorgaben. Auf den ersten 800 Quadratmeter Flohmarktfläche dürfen sich 80 Personen aufhalten, bei allem, was darüber hinaus geht, erhöht sich die Fläche pro Besucher auf 20 Quadratmeter. "Wenn es ein paar mehr sind, reißt einem bei einer Kontrolle keiner den Kopf ab", sagt Enkler, "sind es aber viel zu viele, drohen Strafen bis zu 5000 Euro (für den Veranstalter)."