
Was wünscht man sich zum 70. Geburtstag? "Viel Gesundheit" ist eine beliebte Glückwunschformel. Gesundheit, das war auch das Stichwort für Oswald Schmitt aus Eußenhausen. Schon länger hat er mit Knieschmerzen zu kämpfen. Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten beim Orthopäden waren irgendwann ausgeschöpft, mit den Schmerzen leben wollte er nicht. Er entschied sich letztlich für ein künstliches Kniegelenk und legte sich am Rhön-Klinikum Campus in Bad Neustadt unters Messer.
Unmittelbar nach der Operation feierte Schmitt seinen 70. Geburtstag. Dass er nicht ausschließlich ans mit Luftballons dekorierte Krankenbett gefesselt war, liegt an einer neuen Behandlungsmethode: dem "Pfad der raschen Genesung".
Rhön-Klinikum Campus in Bad Neustadt schneidet "alte Zöpfe" ab
Insgesamt drei Jahre lang arbeitete der Campus gemeinsam mit der Medizinfirma Braun daran, neue Abläufe zu definieren und zu etablieren. "Alte Zöpfe abschneiden", wie Professor Andre Steinert sagt. Er ist Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie, Schulterchirurgie und Endoprothetik am Bad Neustädter Klinikberg.
Nach der Übergabe des Zertifikats "EndoPro" gilt es nun, das neue Therapiekonzept, an dem verschiedene Abteilungen innerhalb des Krankenhauses beteiligt waren ("eine echte Teamleistung", Steinert), im Alltag mit Leben zu füllen.
Die Zeiten von strikter Bettruhe nach der Operation sind mittlerweile vorbei
Wie der Name der Methode vermuten lässt, soll die Patientin und der Patient nach dem Einsetzen eines künstlichen Knies oder einer Hüfte schneller wieder auf die Beine kommen. Noch am Operationstag sind vereinzelt schon wieder ein paar Schritte auf dem Gang möglich. Das war früher undenkbar, erinnert sich Physiotherapeut Simon Dömling an die Zeiten von strikter Bettruhe und ruhig gelagertem Bein nach dem Eingriff.
Nun können Dömling und sein Team die Menschen besser und schneller behandeln. An einem speziellen Spiegel wird beispielsweise die Stoffwechselgymnastik betrieben. "Die Patienten sehen sich im Spiegel und bekommen gezeigt, wie sie die Übungen zu absolvieren haben", so Dömling. Sogar Treppensteigen steht schon recht früh wieder auf dem Therapieplan – als Vorbereitung und "Angstnehmer" für die Rückkehr nach Hause.
Was kann man sich unter der "Patientenschule" am Rhön-Klinikum vorstellen?
Was den Therapeuten ebenfalls hilft, ist die sogenannte "Patientenschule", die neuerdings am Rhön-Klinikum Campus angeboten wird. Patienten, die zeitnah operiert werden, drücken sozusagen im Vorfeld die Schulbank. "Wir erklären ihnen, was auf sie zukommt und zeigen ihnen beispielsweise schon vorab, wie sie die Gehstützen benutzen sollen", so Andre Steinert.

Für den Chefarzt steht die Patientenzufriedenheit an erster Stelle, als Begleiteffekt kommt dann die Schnelligkeit ins Spiel, wobei es nicht darum gehe, die Patienten so schnell wie möglich wieder zu entlassen. Dennoch: Statt drei Wochen stationärem Aufenthalt kann es jetzt mitunter schon nach rund einer Woche nach OP in die Reha-Behandlung gehen.
Welche positiven Aspekte der "Pfad der raschen Genesung" für den Körper hat
Der Arzt beschreibt die positiven Aspekte, die der "Pfad der raschen Genesung" auf die körperliche Verfassung der Patienten hat: Es gibt weniger Komplikationen, Thrombosen, Blutverlust und Muskelschwund. Das liege unter anderem an Verbesserungen im Bereich der Anästhesie und Operationstechnik. Was bleibt, ist Wundschmerz oder ein Gelenkerguss.
Gesteigerte Fallzahlen und Personalmangel
Ungefähr 700 endoprothetische Eingriffe gibt es pro Jahr am Rhön-Klinikum Campus. Die Fallzahlen sind in den vergangenen Jahren trotz der Corona-Einschränkungen gestiegen.

Oswald Schmitt hat die Entscheidung für das Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks bis heute jedenfalls nicht bereut. "Ich habe es mir schlimmer vorgestellt. Im Gegensatz zu meinen Nierenkoliken war das Kindergeburtstag", sagt der Mann aus Eußenhausen, der mit seiner lebensbejahenden Einstellung beim Klinikpersonal für Eindruck gesorgt hat.
Das lag auch seinen flotten Sprüchen und Geschichten: Von der ungläubigen Schwägerin, die es gar nicht glauben konnte, dass Schmitt so schnell schon wieder fit sei. Oder von der Nachbarin, "die hat sich ein neues Knie machen lassen und war dann nach vier Wochen schon wieder im Kuhstall".
Bei drei Wochen Verweildauer ohne das "neue" Konzept frage ich mich, was da mit den Patienten getrieben wird - wobei man immer unterscheiden muss, ob man einen fitten Patienten elektiv operiert oder den 95jährigen Heimbewohner mit ner Schenkelhalsfraktur versorgt. Letzterer liegt sicherlich hier & da schon mal länger als ne Woche.
Allerdings bezieht sich das Behandlungskonzept fast ausschließlich auf Elektivpatienten, und da suchen sich viele Kliniken die geeignetsten bzw fittesten Patienten aus.
Wichtig ist, dass es keine "blutige Entlassung" gibt - siehe mal nach Werneck.
Aber letztendlich hat NES weder den Stein der Weisen entdeckt, noch sind sie damit anderen voraus - wer sich wo versorgen lässt, bleibt weiterhin den meisten selbst überlassen.