Wie heizt man in Zukunft sein Zuhause? Vor dieser Frage stehen aktuell viele Menschen, so auch in Sandberg. Eine Möglichkeit: Nahwärme. Wie ein solches Nahwärmenetz in dem Rhöner Walddorf aussehen kann und welche Ergebnisse eine Machbarkeitsstudie dazu ergeben hat, wurde kürzlich im sehr gut gefüllten Sportheim in der Gemeinde vorgestellt.
Frank Hoffmann, Energieberater von Energievision Franken (EVF), stand hier für Fragen der Sandberger zur Verfügung und stellte die Ergebnisse der Umfrage vor, die nach einem ersten Infoabend vor zwei Jahren durchgeführt wurde. Außerdem löste Hoffmann Mythen rund um das umstrittene Gebäudeenergiegesetz (GEG) auf, umgangssprachlich auch als Heizungsgesetz bekannt, und erläuterte kommunale Wärmeplanung.
"An Bestandsimmobilien ändert sich erstmal nichts", solange die Heizung funktioniere oder nur kleine Reparaturen anfallen, erklärte Hoffmann. "Es wird niemand kommen und Ihnen eine funktionierende Heizung herausreißen", beruhigte er zu Beginn der Veranstaltung. Das GEG komme erst zum Zug, sobald es eine kommunale Wärmeplanung gebe und diese sei für Sandberg erst bis 2028 verpflichtend.
Das sind die Ergebnisse aus der Umfrage in Sandberg
Die Auswertung der Umfrage unter den knapp 300 Sandberger Haushalten hat ergeben, dass von 158 Rückläufern 69 Haushalte direkt Interesse hätten, sich an ein Nahwärmenetz anschließen zu lassen. Weitere 13 kämen in drei Jahren, und elf in fünf Jahren dazu. 49 Haushalte seien unentschlossen. Insgesamt reche man mit 147 potenziellen Anschlussnehmern. Nach einer Prognose kommen hier später noch 20 Anschlussnehmer dazu.
Sandberg habe aktuell einen Energieverbrauch von 4,8 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Dabei werde laut Umfrage Heizöl mit 50 Prozent als häufigster Energieträger herangezogen. Laut Hoffmann sei im Dorf der Anteil an regenerativen Energien "schon recht hoch". Nach Heizöl kommen nämlich mit Scheitholz (29,1 Prozent), Holzhackschnitzel (8,6) und Holzpellets (8,5) als Heizformen.
In der Machbarkeitsstudie wird angenommen, dass als Betreiber eines Nahwärmenetzes eine Genossenschaft auftritt und der gesamte Ort versorgt werden solle. Für jeden einzelnen Interessenten würde eine einmalige Anschlussgebühr von aktuell geplanten 15.000 Euro brutto fällig. Als Bauzeit wird mit circa zwei Jahren gerechnet, das gleich gilt für einen Betriebsbeginn. Wie Hoffmann erklärt, sei ein Betriebsbeginn aber auch "sehr viel schneller möglich" als in zwei Jahren.
Ist das Projekt Nahwärmenetz für Sandberg wirtschaftlich?
Die Planung sieht aktuell eine Gesamtlänge der Wärmeleitung von 7685 Metern vor, wovon 3935 Meter Hauptleitungen und 3750 Meter Hausanschlüsse sind. Die Netzdichte belaufe sich auf 555 Kilowattstunden pro Meter. Dieser Wert sagt aus, wie viel Wärme pro Jahr pro Meter abgesetzt wird.
Das sei kein "bombiger Wert", aber typisch für den ländlichen Raum, erklärt Hoffmann. In der Stadt liege dieser Wert oft über tausend. An der Netzdichte lässt sich die Wirtschaftlichkeit eines Projekts ablesen. Die Genossenschaft müsse dann entscheiden, ob sie einen Vollausbau des Netzes in Sandberg wolle, oder nicht.
Vorgestellt wurden zwei mögliche Varianten: eine reine Hackschnitzelanlage und eine Hackschnitzelanlage mit Solarthermie. Vorgeschlagen als Lösung für Sandberg wird Variante eins, mit Investitionskosten von circa 6,9 Millionen Euro. Geplant sei das Nahwärmenetz auf 20 Jahre. Solange würden sich die Anschlussnehmer an das Projekt binden. Der Wärmepreis liege bei dieser Option bei 13,9 Cent pro Kilowattstunde.
So könnte ein mögliches Preismodell aussehen
Ein mögliches Preismodell könnte laut Hoffmann so aussehen: Neben den Einmalkosten von 15.000 Euro pro Hausanschluss würde jährliche ein Grundpreis von 50 Euro pro Kilowatt Anschlussleistung sowie ein Messpreis von 25 Euro je Anschluss anfallen. Der Arbeitspreis könnte bei 9,3 Cent pro Kilowattstunde liegen, der nach Verbrauch abgerechnet werden würde. Pro Jahr müsse man hier mit einem Plus von zwei Prozent rechnen. "Nahwärme ist hier eine absolute Alternative", sagt Hoffmann.
Der Energieberater erklärte, dass es, sollten sich die Sandberger für ein Nahwärmekonzept entscheiden, Fördermöglichkeiten gebe. So könnten unter anderem die Anschlusskosten mit 30 bis 50 Prozent gefördert werden. Auch die Entsorgung von Öltanks sei förderfähig.
"Ob das Projekt weiter vorangetrieben werden kann, hängt von Ihnen ab", appelliert Bürgermeisterin Sonja Reubelt an die Anwesenden, mit dem Verweis auf eine nötige verbindliche Zusage, sich anschließen zu lassen. Wenn die Kosten teurer als angenommen werden sollten, könne man aussteigen, erklärt sie. Nun soll eine Vorgesellschaft aus der aktuellen Projektgruppe gegründet werden, um Vorverträge schließen zu können. Die Vorgesellschaft soll bei einem klaren Anschlussinteresse in eine Genossenschaft übergehen. Die Vorverträge sollen in einem der nächsten Gemeindeblätter verteilt werden.
Stimmen: Vom Zwiespalt bis zur Forderung nach mehr Bewegung
Bei der Veranstaltung gab es eine rege Diskussion, aber keine klaren Mehrheiten für oder gegen das Projekt. "Wir sind davon überzeugt, dass das Nahwärmenetz für jeden wirtschaftlich sinnvoll ist", sagt Bürgermeisterin Reubelt. "Ich bin sehr optimistisch", unterstreicht die Rathauschefin. Die Schule und der Bauhof seien neben privaten Haushalten ebenfalls Abnehmer der Wärmeversorgung.
Ein Besucher der Veranstaltung fordert in der offenen Fragerunde, dass "mal Bewegung reinkommt". Bisher verlaufe ihm das zu träge. Ein weiterer Besucher meinte im Gespräch mit dieser Redaktion, dass das eine "gute Sache" sei, aber in Relation stehen müsse. Er sei noch zwiegespalten.
Für Peter Hourle aus der Projektgruppe sei das Nahwärmenetz eine "Riesen-Chance", nicht nur für jeden Einzelnen, sondern für die ganze Gemeinde. Als einzige Konkurrenz zum Nahwärmenetz sehe er Pellets, sagt Hourle. Er betont im Gespräch die Nachhaltigkeit des Projektes für die Region.