Kürzlich hatte Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner beim Joggen frühmorgens Grund zum Jubeln. Für seinen Joggingpartner war zunächst gar nicht ersichtlich, warum. "Das ist das erste Mal im Jahr, dass ich meine E-Bus-Nessi fahren sehe!", teilte Werner sein Glück.
Die Begebenheit erzählte der Bad Neustädter Bürgermeister jüngst in der Stadtrat-Sitzung, nachdem SPD-Stadtrat Jürgen Pröscholdt unter "Sonstiges" gefragt hatte, warum der E-Bus seit Wochen steht. "Nicht seit Wochen, seit Jahresanfang", verbesserte ihn daraufhin Werner und erzählte jene Jogging-Begebenheit. An jenem Tag war die E-Nessi zumindest zeitweise endlich einmal wieder im Einsatz.
Nicht alle technischen Probleme der E-Nessi haben mit dem Elektro-Antrieb zu tun
Auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt Christian Rutter, kaufmännischer Leiter der Stadtwerke, dass die E-Nessi nun quasi ein Dreivierteljahr durchgehend ausgefallen sei. Die Probleme, berichtet er, waren "vielseitig". Nicht alle stünden in Zusammenhang mit dem Elektro-Antrieb. Auch Reifen und Türen waren betroffen.
Selbiges berichtete Werner in der Stadtrat-Sitzung. "Als dann die Türen wieder schlossen, hatte es die Elektronik komplett zerlegt." Schließlich führte ein Software-Update dazu, dass der Akku falsche Datenimpulse bekam und auch im geladenen Zustand leer anzeigte. "Kaum war er 300 Meter gefahren, gab es ein neues Problem", resümierte Werner.
Rechnet man alle Ausgleichszahlungen zusammen, ergibt das einen halben, neuen Bus
Dank eines Servicevertrags zwischen der Stadt Bad Neustadt mit dem Bus-Hersteller Ebusco belasten diese technischen Probleme die Stadt Bad Neustadt aber nicht finanziell: "Jeden Tag, den der E-Bus steht, bekommen wir Ausgleichszahlungen", so Werner. Rechnet man alle bislang gezahlten Vergütungen zusammen, könnte damit schon wieder einer halber neuer Bus finanziert werden, bilanziert Rutter. "Und der Vertrag läuft noch drei Jahre."
Doch auch wenn sich für Ebusco ein kompletter Bus-Austausch finanziell vermutlich längst gelohnt hätte, war die niederländische Firma bislang nicht bereit, die E-Nessi gegen ein neues E-Bus-Modell einzuwechseln. Dabei wäre Bad Neustadt auch mit einem bereits gebrauchten, ein oder zwei Jahre alten Bus der nächsten Generation zufrieden gewesen, erklärt Rutter.
Die neueren Modelle sind vielen Kinderkrankheiten entwachsen
Als erste Modellstadt für Elektromobilität hatte Bad Neustadt 2018 E-Bus Nummer 14 bezogen. "Es war damals politisch gewollt, einer der ersten zu sein", erinnert sich Rutter. Bus 14 hatte das niederländische Unternehmen noch in Handarbeit in China fertigen lassen. So manchen "Kinderkrankheiten" wären E-Busse nachfolgender Generation inzwischen längst entwachsen.
Teurer seien die Busse allerdings ebenfalls im Laufe der Jahre geworden. Über mangelnde Nachfrage könne sich Ebusco wohl auch nicht beschweren, so Rutters Einschätzung. Selbst "Image-Probleme" machen dem Unternehmen offenbar keine Sorgen. Denn frage jemand in Bad Neustadt nach Erfahrungswerten mit E-Bussen der Firma Ebusco, könnten sie bei diesen Ausfallzeiten keine positiven Referenzen ausstellen, berichtet Rutter.
Für die weiteren Planungen von Stadt und Stadtwerken haben die massiven Ausfälle natürlich ebenfalls Konsequenzen. War anfangs immer wieder halblaut überlegt worden, eventuell eines Tages einen zweiten E-Bus für Bad Neustadt anzuschaffen, hört man von diesen Plänen aktuell nichts mehr: "Wirtschaftlich macht das keinen Sinn", so Rutter.