Für viele kam es überraschend, als Floristin Katharina Keßler im September vergangenen Jahres in ihrem Blumenladen "Blattwerk" in Wülfershausen die Türen schloss. Die 39-Jährige ist sich mit dieser Entscheidung jedoch selbst treu geblieben, erzählt sie: "Mein Leitspruch ist 'Ganz oder gar nicht' und irgendwann ging es einfach nicht mehr."

Blumenladen Blattwerk in Wülfershausen 2022 geschlossen

Mit 15 hat die gebürtige Wülfershäuserin, die heute mit ihrem Partner in Saal lebt, ihre Ausbildung begonnen. Mit 25 Jahren hat sie sich selbstständig gemacht. Von 2010 bis 2022 betrieb sie das Blumenhaus Blattwerk, in Spitzenzeiten mit acht Mitarbeiterinnen. Im vergangenen Jahr war dann Schluss. "Es war für mich nicht mehr das Richtige. Ich hatte 60-70 Stunden-Wochen. Ich wollte einfach mehr Zeit für mein Privatleben", sagt sie.

Neben dem hohen Arbeitsaufwand kamen die Verpflichtungen der Selbstständigkeit dazu. "Ich hatte super Leut', aber eben auch die Verantwortung für das Personal, die Miete und die stressige Saisonarbeit an Ostern, Muttertag und Weihnachten." Dazu kam wie bei vielen Unternehmerinnen und Unternehmern die harte Corona-Zeit. Immer wieder galt es sich auf neue Regelungen einzulassen und neue Angebote, wie zum Beispiel Blumenlieferungen an die Haustür, zu konzipieren.

Auf Reisen mit dem Partner: Pause war nötig

Nach zwölf Jahren entschied sie sich für ein neues Kapitel und ging erst einmal mit ihrem Partner auf Reisen. "Gerade nach der Corona-Pandemie habe ich gemerkt, dass ich eine Pause bitter nötig hatte", erzählt die 39-Jährige. 

Nun ist sie wieder zurück. "Nach der Pause wollte ich einfach wieder mit Blumen arbeiten. Vor allem Schnittblumen und das Kreative haben mir gefehlt", sagt sie. Ab Juli arbeitet sie als selbstständige Auftragsfloristin unter dem Namen "Frau Blattwerk" – jedoch ganz anders als das ihre Kundinnen und Kunden gewohnt waren. "Ich habe keinen Laden mehr, das wollte ich nicht mehr stemmen."

Vom alten Schlachthaus ins alte Schwimmbad in Wülfershausen

Vom alten Schlachthaus in Wülfershausen, in dem das Blattwerk war, ist sie nun ins alte Schwimmbad umgezogen und betreibt dort eine Werkstatt – wo sich vor Jahrzehnten die Wülfershäuser ihre Badehose angezogen haben, wird sie nun Sträuße binden. "Man kann nicht einfach hierherkommen und Blumen kaufen. Es ist kein klassischer Laden mit Öffnungszeiten", sagt Keßler. Das gehe nur mit Voranmeldung über Telefon oder Social Media.

Als Auftragsfloristin werde sie vor allem Blumen für Trauerfeiern, Hochzeiten oder Events liefern – aber nur auf vorherige Bestellung. "So ist es planbarer und ich kann auch vor Ort beim Event dabei sein", sagt sie. "Gerade die Trauerfloristik macht mir Spaß, wenn man das überhaupt so sagen darf. Wenn man Trauernde berät, kann ich den Menschen in den schweren Stunden beistehen."

Auch, wenn sie erst im Juli starten will, kümmert sie sich momentan um ihren wohl bislang wichtigsten Auftrag: ihre eigene Hochzeit. "Ich habe in meinem Leben hunderte von Brautsträußen gebunden, jetzt kommt mein eigener." Für die Mitte Juni geplante Feier stehe das Farbschema bereits fest, doch so richtig sicher ist sich die Floristin noch nicht, wie ihr eigener Strauß aussehen werde: "Zwischen Disco und Rustikal. Es wird auf jeden Fall speziell!"