Ist ein 40-Jähriger vor der Polizei geflüchtet oder hat er sie schlichtweg übersehen? Um diese Frage drehte sich eine Verhandlung am Bad Neustädter Amtsgericht, in der sich der Angeklagte wegen Teilnahme an einem Autorennen zu verantworten hatte.
Laut Anklageschrift soll der Beschuldigte Anfang diesen Jahres in Sulzfeld unterwegs gewesen sein. Eine Zivilstreife wollte eine Verkehrskontrolle vornehmen und setzte sich hinter das Fahrzeug. Nachdem die Wagenbesatzung den Verfolgten per Leuchtschrift zum Anhalten aufgefordert hatte, reagierte der Fahrer zunächst und fuhr an den rechten Straßenrand. Gerade als die Beamten aussteigen wollten, wendete der über 300 PS starke Sportwagen und fuhr angeblich mit quietschenden Reifen davon.
Der Halter wurde über das Kennzeichen ermittelt
Ehe die Beamten reagieren konnten, hatten sie das Fahrzeug aus den Augen verloren. Sie beschleunigten den Dienstwagen zwar stark auf etwa bis zu 100 Stundenkilometern, konnten den Beklagten aber nicht einholen, sodass sie zu der Ansicht kamen, dass das Fahrzeug des Verfolgten mindestens 130 Stundenkilometer gefahren sein muss. Der Halter wurde später über das Kennzeichen ermittelt.
Der Angeklagte schilderte hingegen eine ganz andere Version des Vorfalls. Danach habe er überhaupt keine Polizei bemerkt. Wegen eines verdächtigen Geräusches am Fahrzeug habe er gehalten, um zu wenden und die Werkstatt eines Bekannten aufzusuchen. Erst dann habe er das Fahrzeug bemerkt, jedoch keine Polizisten erkannt. Der Fahrer habe zwar gestikuliert, doch er habe das merkwürdige Verhalten als Aufforderung zum rascheren Wenden verstanden. Daher sei er dann flott weggefahren, keinesfalls jedoch mit der Geschwindigkeit, wie sie die Beamten geschätzt haben.
Befragung des beteiligten Polizisten
Bei der Befragung des beteiligten Polizisten stellte sich dann heraus, dass die Beamten erst die Verfolgung aufnahmen, als der mutmaßlich Flüchtende bereits außer Sicht war, sodass sie dessen Geschwindigkeit nur annehmen konnten. Der Staatsanwalt folgerte daraus, dass der Beklagte möglicherweise nicht mit einer Geschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde innerorts unterwegs war, dass es aber mindestens 60 gewesen sein müssten.
Dem Vorschlag einer Einstellung gegen Zahlung einer Geldbuße von 1200 Euro stimmten alle Parteien zu - und der Angeklagte konnte umgehend seinen zwischenzeitlich beschlagnahmten Führerschein direkt in Empfang nehmen.