Wenn Mellrichstadts Bürgermeister Michael Kraus durch die Stadt läuft, kann das durchaus etwas länger dauern. Die Bürger nutzen gerne die Gelegenheit, einen Plausch mit dem Stadtchef zu halten oder mal eben schnell ein kleines Anliegen an den Mann zu bringen. Donnerstags, beim Grünen Markt, schaut Kraus oft mal am Marktplatz vorbei, zu Terminen im Stadtgebiet geht er auch zu Fuß. Und ist dabei natürlich auch Ansprechpartner, wie bei seinen Sprechstunden im Amtszimmer. Für den 40-jährigen eine der Sonnenseiten seiner neuen Aufgabe: "Es ist einfach schön, mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen und bei kleinen Problemen auch schnell helfen zu können."
Seit mehr als 100 Tagen sitzt der Mellrichstädter nun schon auf dem Chefsessel der Stadt. Bereut hat der einstige Dozent für Erwachsenenbildung bei der Deutschen Rentenversicherung seinen Jobwechsel nicht einen Tag. Wenn auch die Amtsgeschäfte im August etwas ruhiger laufen, große Aufgaben warten in den kommenden Monaten. Allem voran der Anschluss der Gemeinde Bastheim an die VG Mellrichstadt. Es sind spannende Zeiten: "Bayernweit ist dieser Zusammenschluss der erste seit der Gebietsreform 1978. Es gibt für uns keine Vorlage oder ein Muster, wie wir das handhaben können. Wir müssen unseren eigenen Weg gehen", sagt Kraus. Wohl wissend: Ganz Bayern schaut dabei auf Mellrichstadt.
Immer mehr Aufgaben für die Verwaltung
Im Herbst wird die Entscheidung des Landtags erwartet, dann soll zeitnah die entsprechende Rechtsverordnung für den Zusammenschluss auf den Weg gebracht werden. "Wir freuen uns in der Verwaltung auf die neuen Kollegen", versichert der Stadtchef. Als größte Herausforderung sieht er die Umstellung der EDV auf ein gemeinsames System, doch Kraus bleibt gelassen. Er kann sich auf seine Mitarbeiter in der Verwaltung verlassen, lobt er das Team, das sich in den letzten Tagen auch weiter vergrößert hat. Zusätzliche gesetzliche Auflagen und Anforderungen, speziell im Steuerrecht und auch im Bauamt, machen Neueinstellungen nötig.
In seinem Amtszimmer laufen die Fäden zusammen. VG-Geschäftsstellenleiter Peter Hehn, die Abteilungsleiter, die Mitarbeiterinnen im Vorzimmer und das ganze große Team der Verwaltungsgemeinschaft haben ihm den Einstieg ins Bürgermeisteramt leicht gemacht, wie er sagt. 14 Jahre hatte vor ihm Eberhard Streit die Geschicke der Stadt gelenkt, war mit den Mitarbeitern ein eingespieltes Team. Doch der Übergang verlief reibungslos, konnte Michael Kraus doch schon gleich nach der Wahl an der Seite von Eberhard Streit erste Erfahrungen sammeln, bevor er überhaupt die Amtskette umlegen durfte. "Diese Vorbereitung war für mich natürlich ein großes Glück", sagt der 40-Jährige.
Mammutprojekt: ein neues Schwimmbad für Mellrichstadt
Im Amt zurechtkommen muss er nun allein. Und das gelingt ihm offensichtlich gut: Das Feedback der engen Mitarbeiter, das Kraus regelmäßig einfordert, sei durchweg positiv, gibt er preis. Und auch einige kleine Bürgerwünsche konnte er direkt erfüllen. So wurde etwa der einstige Bolzplatz am Hainberg auf Anregung der Eltern gemäht und kann nun wieder genutzt werden, Tore sollen noch folgen. Dass für den Nachwuchs etwas getan wird in der Stadt ist eine Aufgabe, die sich der junge Familienvater ohnehin auf die Fahnen geschrieben hat.
Dazu gehört auch der Erhalt des Schwimmbads. "Die Eröffnung des Freibads unter Corona-Bedingungen war eine Herausforderung", gibt er zu. Betriebsleiter Wolfgang Fritz und die Verwaltung haben in Absprache mit dem Gesundheitsamt ein Hygienekonzept für das Freibad und auch schon für die Hallenbadsaison ausgearbeitet, um den Betrieb auch im Herbst am Laufen zu halten. "Die Bürger halten sich dabei sehr gut an die Vorschriften", lobt Kraus die Bad-Besucher.
Das Thema Hallenbad wird ihn in den kommenden Jahren noch intensiv beschäftigen. Michael Kraus möchte nach Möglichkeit eine fertige Planung für einen Neubau oder eine Sanierung in der Tasche haben, wenn der Staat Förderprogramme für Schwimmbäder auflegen sollte. "Handlungsbedarf ist da, und wir wollen das Schwimmbad in Mellrichstadt auf jeden Fall erhalten", versichert der Stadtchef.
Ärztliche Versorgung und Kinderbetreuung wichtig
Wichtig ist ihm auch die ärztliche Versorgung der Bürger. "Ziel ist, die hausärztliche Versorgung zu erhalten und die fachärztliche in der Stadt auszubauen", hebt Michael Kraus hervor. Eine weitere dringliche Aufgabe ist die Kinderbetreuung. Zusätzliche Krippenplätze werden benötigt, und beide Kindergärten in der Stadt sind in die Jahre gekommen. "Hier herrscht Sanierungsbedarf", ein weiteres Thema auf der Agenda des Bürgermeisters für Mellrichstadt als "junge Stadt in alten Mauern".
Was Michael Kraus vor seinem Amtsantritt nicht so bewusst war, aber, wie er sagt, viel Zeit bindet, sind die Nebentätigkeiten, die das Amt mit sich bringt. So ist er kraft Amtes Vorsitzender der Julius-Spital-Stiftung und steht in der Verantwortung, wie es mit der Pflege in Mellrichstadt weitergeht. Bekanntlich wird in naher Zukunft am Hainberg eine neue Altenhilfeeinrichtung neben dem Franziska-Streitel-Heim gebaut, ein Projekt, in das der Bürgermeister viel Zeit investieren muss. Ebenso wie in den Neubau des Wasserwerks Mittelstreu, bei dem er als Vorsitzender des Wasserzweckverbands Mellrichstädter Gruppe zu den Entscheidungsträgern gehört.
Zeit für die Familie hat hohen Stellenwert
Gut, dass die Zusammenarbeit mit seinen Stellvertretern Bernd Roßmanith und Nicole Seemann funktioniert und ihm ein Stück weit Entlastung bringt. Denn Zeit für die Familie, für seine Frau Simone und die Kinder Sarah, Maximilian und Anna, ist Michael Kraus trotz aller Aufgaben, die das Amt mit sich bringt, sehr wichtig. Mit einem gemeinsamen Frühstück fängt der Tag an, und nach Feierabend ist der Stadtchef ganz Familienmensch. Da passt es ins Bild, dass er seit seiner Vereidigung bereits drei Paare trauen durfte. "Eine sehr schöne Aufgabe", wie er findet.
Seine Wünsche für die nahe Zukunft? Natürlich möchte er die altgedienten Stadträte und seinen Vorgänger Eberhard Streit noch gerne in einem würdigen Rahmen verabschieden, sobald es in Zeiten der Corona-Pandemie möglich ist. "Ich hoffe zudem, dass die Wirtschaft schnell wieder auf die Beine kommt und das gesellschaftliche Leben, insbesondere die Vereinsarbeit, bald wieder für Schwung in Mellrichstadt sorgt." Mit Schwung will auch er die kommenden Aufgaben angehen. "Stünde ich noch einmal vor der Entscheidung, würde ich mich sofort wieder als Bürgermeister bewerben. Es ist ein Amt, das viel Freude macht und mich erfüllt."