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SCHWEINFURT/MELLRICHSTADT
Mann wollte Mädchen ins Auto zerren
Am Donnerstagmorgen noch durchkämmten Polizisten der Würzburger Bereitschaft ein Waldstück an der Mellrichstädter Mittelschule, wo es zu einer versuchten Entführung kam. Am Nachmittag konnte dann ein dringend Tatverdächtiger im thüringischen Suhl gefasst werden.
Foto: Gerhard Fischer | Am Donnerstagmorgen noch durchkämmten Polizisten der Würzburger Bereitschaft ein Waldstück an der Mellrichstädter Mittelschule, wo es zu einer versuchten Entführung kam.
Julia Haug
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:54 Uhr

Plausibel klingt es für keinen im Gerichtssaal, was der Beschuldigte über den 25. Oktober 2016 berichtet – „im Nachhinein“ nicht einmal für ihn selbst: Er habe sich mit dem Mädchen, das er am Friedhof in Mellrichstadt versuchte, in sein Auto zu zerren, unterhalten wollen, habe einen Gesprächspartner gesucht. „Kinder haben bessere Sichtweisen auf manche Themen“, sagte er in der Hauptverhandlung vor dem Schweinfurter Jugendschöffengericht.

Handy geschnappt

Weil er dem zehnjährigen Mädchen, das sich auf dem Heimweg von der Schule befand, auch gewalttätig das Handy entriss, lautete die Anklage auf Raub – in Kombination mit vorsätzlicher Körperverletzung, versuchter Kindesentziehung, versuchter Freiheitsberaubung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis. Nach seiner Festnahme zwei Tage später fand die Polizei bei dem Mann zudem mehr als 100 kinderpornografische Bilder im Cache-Speicher des Internetbrowsers sowie einschlägige Suchanfragen auf dem Smartphone.

In einer schriftlichen Erklärung räumte der 41-jährige Thüringer, der im Drogeneinfluss nach eigener Aussage „in rastloser Stimmung“ tagelang durch die Lande bis nach Unterfranken gefahren war, große Teile der Anklage ein. Was er abstritt: jemals Kinderpornobilder „bewusst“ gesehen zu haben. Die gefundenen Bilder erklärte er sich nur durch wildes Herumklicken auf legalen Pornografie-Webseiten, die er regelmäßig besucht.

Kinderporno-Suche auf dem Handy

„Kinderpornografie wird einem nicht auf dem Silbertablett serviert“, entgegnete der Vorsitzende Richter. Auch Handy-Suchanfragen wie „11 Jahre schamloses Stück“, kombiniert mit einem offenkundig missglückten Löschversuch der Suchhistorie am folgenden Tag, schürten Zweifel an der Version des Beschuldigten.

Ein Drogentest mit einer Haarprobe des Mannes ergab zwei Tage nach dem Tatzeitpunkt eine Mischung an Drogen im Körper des Beschuldigten, von Amphetamin bis THC. Zeugenaussagen über das Kennzeichen des Täters und eine Video-Aufnahme einer Tankstelle, an der er eine halbe Stunde zuvor getankt hatte, führten zwei Tage nach der Tat zum mutmaßlichen Täter in Thüringen.

Der hatte zunächst flüchten können, wurde dann aber in Untersuchungshaft versetzt.

Mädchen leidet bis heute

Bis heute hat das Mädchen laut Aussage der Mutter mit der Tat zu kämpfen: Die Schulleistungen der inzwischen Elfjährigen haben nachgelassen, sie hat Hemmungen, den Schulweg allein zu gehen oder ohne Begleitung im Freien zu spielen. Die körperlichen Blessuren, eine Platzwunde am Kopf und eine Schädelprellung, waren nach wenigen Wochen verheilt.

Drei Jahre und sechs Monate lautete die Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung plädierte auf zweieinhalb Jahre Haft. Das Schöffengericht reizte in seinem Urteil den maximalen Strafumfang aus: Der 41-Jährige muss für vier Jahre ins Gefängnis.

 
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    Psychologische Hilfe für den Täter ist mir persönlich zu wenig. Dann lässt er fahrlässig Medikamente weg oder .... und schon ist das nächste Opfer dran. Diese Menschen gehören unter ständige Bewachung. Ein Leben lang!
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  • ergo-oetken
    Ich stimme Ihnen zu 100 Prozent zu @FJ1830. Und möchte sogar noch weiter gehen. Da es sich bei Kindesmissbrauch sehr oft um ein systemisches Phänomen handelt, das Familien oder andere soziale Einheiten betrifft und unbehandelt häufig von Generation zu Generation weiter getragen wird, hoffe ich, dass im Umfeld des Täters genug vernünftige und verantwortungsbewusste Menschen leben, die durch das, was jetzt zu Tage kam, aufgeschreckt wurden. Und mutig genug sind, sich das Umfeld des Verurteilten genau anzusehen. Es ist leider sehr wahrscheinlich, dass dort Kinder missbraucht werden oder es erwachsene Opfer gibt. Und zwar über die ohnehin schon hohe Rate hinaus. So wie Alkoholsucht mittlerweile als Familienkrankheit gilt, handelt es sich bei Kindesmissbrauch häufig um ein Verbrechen, an dem mehrere Personen beteiligt sind. Als direkte Täterinnen und Täter oder MittäterInnen.
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  • 2186583
    Auch wenn es nicht gerne gehört wird: Auch dem Täter muss Hilfe gegeben werden. Es genügt nicht zu sagen: 4Jahre Gefängnis toll!! - Will man die Welt ein wenig sicherer machen, dann muss bereits jetzt, d.h. innerhalb der Haft, psychologische Hilfe angeboten werden. Es liegt dann am Täter ob er diese Chance ergreift.
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  • mausschanze
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • flyarcus@gmx.de
    Sie haben Recht, in allererster Linie sollte man immer zuerst dem Täter helfen, eine Therapie in Form von Konfrontation mit den Angehörigen sollte das Problem lösen können. Bei allem Respekt, gibt es denselbigen von mir für so ein Gestörtes Individuum auf gar keinen Fall.
    Um den Täter wird sich jetzt gekümmert, mindestens 4 Jahre lang..... wer hilft dem Kind?
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  • ergo-oetken
    Die Kombination Gewalttätigkeit, Konsum von Kinderpornografie und Suchterkrankung passt auf einen verbreiteten Typ von Kindesmissbraucher hin. Das ist jemand, der an seinen Opfern wiederholt, wie man mit ihm in der Kindheit auch einmal verfahren ist. Hinter der Fixierung auf Sexualhandlungen mit Kindern steckt entgegen dem Klischee nicht etwa überbordende sexuelle Potenz, sondern das genaue Gegenteil davon. Solche Menschen sind schwer gestört. Je länger ihre eigene psychotraumatologische Beschädigung zurück liegt, desto mieser ihre Prognose. Haftstrafen sind oft das einzig wirksame Mittel, um diese Psychopathen dazu zu bringen, an ihrer kaputten Persönlichkeit und ihren übergriffigen Impulsen zu arbeiten.
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  • ergo-oetken
    Ich hoffe, dass dieses Mädchen einen der leider immer noch raren Behandlungsplätze bekommt, an dem mit traumatisierten Kindern gearbeitet wird. Auch seine Angehörigen und sein Umfeld benötigen Unterstützung. Denn so verbreitet und allgegenwärtig sexuelle Gewalt und Übergriffigkeit ist, so sehr sind wir gewöhnt, das auszublenden und zu verdrängen. Wenn sie in unser Leben eindringt, nimmt der Schutzwall Schaden. Man muss lernen, damit umzugehen. Gelingt das, macht das insgesamt robuster.

    Ich wünsche der 11jährigen alles Gute.

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen erwachsenen Menschen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden
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  • Warum
    Danke! 4 Jahre ist er weg. Schön dass das Strafmaß in diesem Fall wirklich mal genutzt wurde...

    Kann man nur hoffen, dass der Kerl nicht wieder ein Kind nach seiner Freilassung packen will....
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