"Den eigenen Tod, den stirbt man nur, doch mit dem Tod der anderen muss man leben", steht auf einem Faltblatt des Hospizvereins Rhön-Grabfeld. Dieses Zitat der bekannten Dichterin Mascha Kaléko bringt auf den Punkt, was Menschen, die den Ehepartner, ein Kind, eine Freundin, einen Freund oder einen anderen wichtigen Menschen verloren haben, Tag für Tag neu herausfordert: Wie soll das gehen mit dem Weiterleben, wenn der geliebte Mensch nicht mehr da ist? Vielen hilft es, über den Verlust zu sprechen. Eine Möglichkeit dazu bietet das Trauer-Gesprächsangebot des Rhön-Grabfelder Hospizvereins unter dem Motto "Zuhören – Reden – Schweigen".
Jeder Mensch trauert individuell
So unterschiedlich wie die Menschen selbst, so individuell ist auch ihre Art zu trauern, weiß Trauerbegleiterin Edeltraud Gögel. Beim Trauern sei alles erlaubt. "Jeder trauert auf seine Art. Bei manchen bricht die Trauer auch erst einige Jahre nach dem Verlust heraus. Manchen hilft vielleicht Laufen am besten, anderen das Reden. Für die diejenigen, die es können, ist darüber sprechen oft erleichternd und befreiend", sagt Gögel, die zusammen mit Ingrid Zimmerer die Trauergruppe des Rhön-Grabfelder Hospizvereins betreut.
Wegen der Corona-Pandemie mussten deren wöchentliche Treffen länger ausfallen, Telefongespräche waren nur ein kleiner Ersatz. Vor kurzem ging es wieder los mit dem Austausch in Präsenz.
Trauernde sind oft unkonzentriert oder antrieblos
In der Trauergruppe können Personen jeden Alters, die um einen lieben Menschen trauern, miteinander ins Gespräch kommen und erfahren, dass sie nicht alleine sind in ihrer Situation. Die ausgebildeten Trauerbegleiterinnen geben kurze Impulse und sind, wenn nötig, moderierend dabei. "Die Gruppe ist aber bewusst offen gehalten. Jeder bringt mit, was ihn beschäftigt. Wir können die Trauer nicht abnehmen, aber einen Raum dafür bieten", sagt Gögel.
Denn mancher oder manche Trauernde stößt in seinem oder ihrem Umfeld, gerade im ländlichen Raum, auf scheinbare Erwartungen in Bezug auf die Trauer. Edeltraud Gögel: "Als mein Mann gestorben war, habe ich manchmal bewusst ein trauriges Gesicht aufgesetzt, wenn ich jemanden begegnet bin."
Oft höre man andererseits: "Komm, jetzt muss es doch mal wieder gehen". In der heutigen Leistungsgesellschaft solle man immer fit und belastbar sein. Trauernde seien dies aber oft nicht und hätten vielmals Konzentrations- oder Antriebsprobleme, ist die Erfahrung von Ingrid Zimmerer.
Arbeit mit Trauernden gibt viel zurück
Zunächst absolvierten Zimmerer und Gögel über den Hospizverein eine Ausbildung zur Hospizbegleiterin, weil beide etwas Sinnvolles mit ihrer Zeit in der Rente anfangen wollten. Anschließend ließen sie sich zu Trauerbegleiterinnen ausbilden, seit 2016 zeichnen sie für die Trauergruppe verantwortlich.
"Wir haben beide selbst einen Verlust erlebt, vielleicht kann man dann einfühlsamer reagieren", sagt Zimmerer. Die Arbeit mit Trauernden wirkt sich auch auf sie selbst positiv aus, hat Gögel bemerkt: "Sie bereichert mein Leben. Morgen kann es vorbei sein. Ich lebe dadurch viel bewusster und schätze mehr wert, was ich habe."
Der Hospizverein finanziert die Ausbildung für seine Ehrenamtlichen sowie die Fahrtkosten und steht beratend zur Seite. So gibt es laut der hauptamtlichen Koordinatorin Heike Sahin regelmäßige Supervisionen und die Möglichkeit zum Austausch für die Hospiz- und Trauerbegleiterinnen und -begleiter. Das hilft zum Beispiel, wenn die Ehrenamtlichen Schwierigkeiten mit einer trauernden Person haben, weil sie von dieser zu sehr vereinnahmt werden.
Freude und Trauer liegen oft nah beieinander
In der Gesellschaft werde heute weniger über den Tod gesprochen, früher seien Trauerende oft besser vom Umfeld emotional aufgefangen worden, ist die Erfahrung von Sahin, Zimmerer und Gögel. Hier setzt der Hospizverein mit seinen verschiedenen Angeboten an.
"In der Trauergruppe und bei der Arbeit im Hospizverein geht es nicht immer bloß traurig zu. Bei uns zeigt sich die volle Fülle des Lebens", betont Koordinatorin Heike Sahin. Ohnehin würden Freude und Trauer oft sehr nah beieinander liegen. Edeltraud Gögel hat das in ihrer Arbeit ähnlich erlebt: "Lachen oder mal ein Schmunzeln helfen oft. Aber man muss es zulassen."