Nicht nur global, sondern auch in der Rhön hat der Klimawandel bereits heute messbare Konsequenzen. Insbesondere Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stehen vor der Herausforderung, sich an die veränderten klimatischen Bedingungen anzupassen. In einem gut besuchten Vortrag der Reihe "In der Rhön, für die Rhön" stellte Alana Steinbauer, Projektmanagerin für den Bereich Klimawandel an der Bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats, laut einer Mitteilung des Biosphärenreservats vor zahlreichen Interessierten dar, mit welchen Auswirkungen in der Rhön aktuell und zukünftig zu rechnen ist und was unternommen werden kann, um sich nachhaltig an die Folgen des Klimawandels anzupassen.
Temperaturanstieg um 1,3 Grad
„Obwohl sich unser Klima messbar verändert hat, gibt es auch heute noch Skeptiker, die den menschengemachten Klimawandel abstreiten“, erläuterte Steinbauer laut der Mitteilung zu Beginn. „97 Prozent der Experten jedoch sind sich einig: Es gibt den Klimawandel, und wir sind dafür verantwortlich.“ Dass dieser rasant voranschreite, machte die Referentin an einem simplen Beispiel deutlich: „Wer heute 30 Jahre alt ist, hat bereits neun der zehn wärmsten Jahre in Bayern seit Beginn der Wetteraufzeichnung erlebt.“
Die Folgen des Klimawandels, wie Temperaturanstieg, mehr Hitze und deutlich weniger Frosttage, längere Trocken- und längere Vegetationsperioden, Extremereignisse wie Starkregen und Dürre sowie schwindende Lebensräume für Tiere und Pflanzen, die in der Folge nördlicher und höher wandern müssen, seien bereits heute in der Rhön und der Region bemerkbar. In Unterfranken sei die Durchschnittstemperatur seit 1931 um 1,2 Grad angestiegen, erklärte Steinbauer. „Bis zum Jahr 2050 werden es – wenn wir weitermachen wie bisher – im Mittel zwei Grad, im Jahr 2100 schon 3,5 Grad sein.“
Anpassungsstrategien
Zudem zeichne sich ab, dass die Sommer in der Rhön trockener, die Winter feuchter werden. Die Aussagen beruhen auf Untersuchungen des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) und der Kooperation KLIWA (Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft). Um auf diese Veränderungen reagieren zu können, gelte es, für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft umfassende Anpassungsstrategien zu entwickeln.
In der Landwirtschaft sei ein Hauptproblem die Erosion durch Starkregen. Seit den 60er-Jahren sei das Problem stark gewachsen, wie Untersuchungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) zeigen, „die Bodenabträge sind also deutlich höher“, so Steinbauer. Gegenstrategien seien eine angepasste Bodenbearbeitung, zum Beispiel eine quer zum Hang verlaufende Bewirtschaftung, Schutzhecken, Humusaufbau oder die Verkürzung von Hanglängen.
Weniger Quellschüttung
Eine Konsequenz aus steigenden Temperaturen und lange anhaltenden Trocken- und Hitzephasen, die die Vermehrung von Schädlingen und die Verlängerung der Vegetationsperiode zur Folge haben, sei der Einsatz angepasster Feldfrüchte. Damit Landwirte umstellen können, müsse hierfür auch der Markt vorhanden sein, betonte Steinbauer. Nicht nur die Luft-, auch die Wassertemperatur sei angestiegen, die Gewässer in der Rhön seien wärmer geworden – seit 1950 etwa ein halbes Grad alle zehn Jahre. „Zudem werden für die nahe Zukunft, also etwa 2021 bis 2050, bis zu 30 Prozent weniger Quellschüttung in der Langen Rhön erwartet “, erklärte Steinbauer. Schon einzelne Trockenjahre könnten ausreichen, erhebliche Defizite zu verursachen. Ein Nassjahr reiche in der Regel nicht aus, um die Auswirkungen auszugleichen.
In einem „guten Zustand“ gemäß der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie sei in der Rhön mit der Schondra derzeit nur ein einziges Gewässer. Klimaanpassung im Bereich Wasserwirtschaft bedeute neben der konsequenten Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie die Renaturierung der Gewässer, ein natürlicher Wasserrückhalt in der Fläche und die Reduktion der Stoffeinträge. „Hier sind Nutzungskonflikte vorprogrammiert“, prognostizierte Steinbauer. „Mensch, Forst, Landwirtschaft – alle brauchen Wasser.“
Kein Wunderbaum
Wald und Forstwirtschaft beschäftige die Frage, welche Baumarten geeignet sind, um klimatolerante zukunftsfähige Waldbestände zu entwickeln. Ziel sei es, klimatolerante Mischwälder zu entwickeln. Hier sei vor allem Vielfalt gefragt, einen Wunderbaum, der alles aushält, gebe es nicht.
In der Diskussion kam die Frage auf, ob Klimaschutz (Verringerung der Treibhausgasemissionen) nicht wichtiger sei als Klimaanpassung (Reduzierung der Empfindlichkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels). „Beides ist extrem wichtig und sollte daher parallel laufen“, antwortete Steinbauer, „gerade im Hinblick auf nachhaltige Entwicklung. Jahre wie 2018 zeigen uns immer mehr den konkreten Handlungsbedarf.“ Nach einer angeregten Diskussion kamen die Besucher zu dem Schluss, dass jeder Einzelne im Alltag schon mit kleinen Entscheidungen zum Klimaschutz beitragen könne.
Informationen zum Thema Klimawandel gibt es noch bis 3. August im Informationszentrum Haus der Langen Rhön in Oberelsbach in der Wanderausstellung des Deutschen Alpenvereins zum Thema „Klimawandel verändert die Alpen“. Im Frühjahr 2020 gastiert die Ausstellung „KLIMA FAKTOR MENSCH“ des LfU in der Rhön. Der Ausstellungsort wird noch bekanntgegeben.