Was für ein Wochenende! Die Fladungen Classics feierten ihr Comeback – und tausende von Fans waren mit dabei. Schaufenster, dekoriert im Stil der 50er und 60er Jahre, ein Plausch auf dem Sofa bei Erdnüssen, Salzstangen und Sekt, dazu Rock 'n' Roll und von Oldtimern gesäumte Straßen in den schillerndsten Lackierungen – dies alles steht sinnbildlich für ein Lebensgefühl. Hand aufs Herz: Wer wünscht sie sich nicht manchmal zurück, jene unbeschwerte, hoffnungsvolle Wirtschaftswunderzeit?
Nach ein paar Runden im historischen Riesenrad seien alle Sorgen wie weggeblasen, versicherte ein Ehepaar aus Stuttgart, bevor es den Weg zum Antiquitäten-, Teile- und Nostalgiemarkt einschlug. Hier wechselte manche Rarität ihren Besitzer. Während der Markt überwiegend Männeraugen zum Strahlen brachte, hatte die Damenwelt ihre Freude an der Modenschau.
Gleich neben dem "Laufsteg" begeisterten "Die falschen Fuffziger" ihr Publikum. Vom klassischen Rock'n'Roll über Rockabilly bis hin zum Boogie-Woogie fehlte nichts. Kein Wunder, dass manche Pärchen begannen, auf der Straße das Tanzbein zu schwingen.
Elvis' Hüftschwung ist legendär
Ob er – wie vollmundig angekündigt – direkt aus Memphis, Tennessee kam, darf bezweifelt werden. Egal, Duke Elvis eroberte die Herzen im Sturm. Sprühend vor Elan interpretierte er live große Hits des unvergessenen Kings of Rock 'n' Roll. Sein Hüftschwung machte selbst gestandene Frauen nervös. Da eine andere Band krankheitsbedingt ausfiel, rockte der lebende King an deren Stelle gerne die Bühne und war zweifelsfrei mehr als nur ein Lückenbüßer.
Dem Ostheimer Kai Petersen reichten zwei Worte, um das Ambiente zu beschreiben: "Klasse Classics." Pia und Uli legten die 130 Kilometer aus Grünberg bei Gießen gerne zurück. Beide saßen stilecht gekleidet auf einem Sofa am Fuße des Marktplatzes und genossen das bunte Treiben. Sie hoben besonders die familiäre Atmosphäre hervor. Ihre Meinung: "Es ist wirklich wie in einer anderen Welt, man möchte gar nicht mehr nach Hause."
Weltmeister im Hochradfahren in Aktion
Unterdessen zogen die Heufurter Kermesmusikanten umher. Ihre Frage, wenn endlich wieder ein Hauch von Benzin in der Luft liege, war bereits beantwortet. Gerne hatte die Truppe am Vortag für Stargast Peter Kraus gesungen, nun kam der Rest in diesen Genuss. Ihnen folgte der Weltmeister im Hochradfahren.
Schon 2008 habe er bei den Classics hinter der Bar Cocktails gemixt, er sei quasi damit aufgewachsen, berichtete Bürgermeister Michael Schnupp. Deshalb stand außer Frage, dass er kraft seines Amtes als Stadtchef alles dafür tun wollte, um dieses Fest wiederzubeleben. Ein Wahlversprechen, welches erfreulicherweise gehalten wurde.
Was ist das Erfolgsgeheimnis der Fladungen Classics?
Doch was genau ist das Erfolgsgeheimnis? Einerseits sei es die Liebe zum Detail (so wurde beispielsweise extra eine gelbe Telefonzelle mit Wählscheibe installiert), stilecht verwandelte sich Fladungen innerhalb weniger Tage in ein beschauliches Städtchen inmitten der 50er und 60er Jahre. Außerdem spüre man, mit welcher Sorgfalt und Einigkeit alles geplant und umgesetzt wurde. "Ich bin begeistert, es ist toll, dass sich derart viele Helfer aus Fladungen, den Ortsteilen und sogar den Nachbargemeinden des Streutals gefunden haben. Herzlichen Dank an alle", bilanzierte Schnupp.
Ein Highlight mochte der Bürgermeister nicht herausgreifen, verwies jedoch auf die Premiere des Seifenkisten-Rennens. Hier starteten zehn junge Talente, um unter kräftigem Applaus das Letzte aus ihren Kisten herauszuholen. Am Ende lautete das Motto "Dabei sein ist alles", eine Urkunde war den Buben und Mädchen gewiss. Dank hoher Sicherheitsvorkehrungen blieben unliebsame Zwischenfälle aus.
Organisator Achim Kümmeth: "So voll habe ich Fladungen noch nie gesehen"
"So voll habe ich Fladungen noch nie gesehen", strahlte Organisator Achim Kümmeth kurz vor Feierabend. Sieben Jahre lang sei das Event, dessen Ideengeber er ist, gewachsen. Dann folgte eine achtjährige Zwangspause. 2022 fehlten wegen der unsicheren Pandemielage rund vier Monate Vorbereitungszeit. Erst im April unterzeichnete Peter Kraus seinen Vertrag. Neben Kümmeth gehören vier Mitstreiter zum engen Kreis der Verantwortlichen.
Wie viele Stunden ehrenamtliches Engagement des rührigen Quintetts in die Classics geflossen sind, wusste er nicht, betonte allerdings "Es war jede Menge gut investierter Zeit." Von rund 2200 Einwohnern Fladungens habe sich mindestens die Hälfte aktiv eingebracht. Sein Dank galt sämtlichen Anwohnern für deren geduldiges Ertragen des Ausnahmezustands.
Man wollte ein Signal setzen, dass die Welt in Fladungen noch in Ordnung ist. Dieses Ziel wurde dank Achim Kümmeth und Co. nicht nur erreicht, sondern bei Weitem übertroffen.
