"Ohne Bauern keine Zukunft" – für diese Maxime steht Karl Groenen wie kaum ein anderer seines Berufsstands. Der Mellrichstädter, selbst Landwirt mit Leib und Seele, war mehr als 40 Jahre engagierter Kämpfer für die Belange der Bauern im Freistaat und Vordenker für neue Wege in der Landwirtschaft. An diesem Freitag, 1. Februar 2019, feiert der BBV-Ehrenpräsident 80. Geburtstag und kann stolz auf seine Lebensleistung zurückblicken.
1966 begann für Karl Groenen eine arbeitsreiche, turbulente, aber auch aufregende Zeit: Der Mellrichstädter Landwirt, frisch in den Stadtrat gewählt, begann, sich in berufständigen Vertretungen zu engagieren und übernahm im Laufe der Jahre immer mehr Führungsaufgaben in zahlreichen Ausschüssen und Gremien des Bayerischen Bauernverbands (BBV). Er sprach mit, wenn in landwirtschaftlichen Organisationen und Instituten in Bayern, Deutschland und Brüssel sachkundiges Wissen und vor allem auch Meinung gefragt war. Wie in politischen Gruppierungen Ziele umgesetzt werden, lernte er im Bayerischen Senat, dem er von 1979 bis zu dessen Auflösung 1999 angehörte.
Global denken, regional handeln
Als Verfechter der Bauern vor Ort ging sein Blick stets weit über den Tellerrand hinaus. Er bereiste die Welt, war als Präsident des BBV-Bezirksverbands Unterfranken in Südamerika, den USA, China und natürlich ganz Europa unterwegs. "Ich habe schon früh festgestellt, dass es nur wenige Menschen gibt, die breiter denken können", sagt er. "Es mag komisch klingen, dass sich ein gelernter Landwirtschaftsmeister da leichter tut als ein Akademiker", doch die Erfahrung gab ihm Recht. Karl Groenen mischte überall mit, wo weitreichende Entscheidungen für den Agrarstandort Deutschland und Bayern getroffen wurden. Er dachte global und handelte regional, stets mit Blick auf die Bauern, die ihn gewählt hatten und denen er sich verpflichtet fühlte. Vom Weltkongress ging es dann zurück ins heimische Mellrichstadt – dorthin, wo die Erinnerungen an das Erlebte ganze Aktenschränke füllen.
Über 27 Jahre stand Karl Groenen dem Bezirksverband Unterfranken als Präsident vor. In dieser Zeit hat sich die Landwirtschaft grundlegend geändert – der Mellrichstädter gestaltete den Wandel mit. 1966, sagt er, bewirtschaftete ein landwirtschaftlicher Betrieb in der Region knapp acht Hektar. "Wer damals 20 Hektar hatte, war ein großer Bauer." Heute könne ein Landwirt mit 200 Hektar noch über die Runden kommen, je nachdem, auf welche Produktionslinie er sich verlegt hat. Ein weiteres Beispiel: In den 1980r- Jahren gab es 134 Bauern, die für die Molkereigenossenschaft Mellrichstadt, deren Vorsitzender Karl Groenen war, Milch lieferten. Heute gibt es noch einen einzigen Milcherzeuger in der Stadt.
Bauern als Kulturträger anerkennen
Dass kleine Betriebe auf der Strecke bleiben, hatte Groenen schon in jungen Jahren erkannt. Schnell war ihm klar, dass die Neuerungen in der Technik, die mehr Leistung und Arbeitserleichterung mit sich bringen, mit den kleinteiligen Strukturen auf dem Land nicht lohnend eingesetzt werden können. Dabei war ihm ein Anliegen, dass die Bauern als Kulturträger den Standort mitentwickeln. Ein Mittelmaß musste gefunden werden zwischen riesigen Agrarbetrieben, die Brüssel in den 1970er-Jahren propagierte, und kleinen Höfen, die mit der Zeit nicht mehr wirtschaftlich waren.
Karl Groenen kämpfte für seinen Berufsstand. Er wollte es möglich machen, dass Landwirte auch im Nebenerwerb ihre Höfe bewirtschaften können und Arbeitsplätze in der Industrie finden. Nur dass die im Zonenrandgebiet so gut wie gar nicht vorhanden war. Zeit, das zu ändern, "dafür war ich viel unterwegs". Es gelang mit politischer Unterstützung, im hiesigen Raum Industrie, Handwerk und Dienstleistungsbetriebe zu installieren und so zu verhindern, dass die Bauern in Ballungsgebiete abwandern mussten. Ein Erfolg, auf den Karl Groenen besonders stolz ist.
Karl Groenen kannte alle Entwicklungen in der Landwirtschaft vom eigenen Bündhof. Ende der 1970er -Jahre bewirtschaftete er mit seiner Frau Renate 60 Hektar, der Betrieb beinhaltete Milchvieh und Bullenmast ebenso wie Schweinezucht und Schweinemast. Wenn Karl Groenen unterwegs war, kümmerte sich Renate Groenen um den Hof und die beiden Kinder. "Ohne meine Frau, die mir immer den Rücken freigehalten hat, wäre es gar nicht möglich gewesen, mich in so vielen Gremien zu engagieren", sagt er dankbar. Heute bewirtschaftet Sohn Markus den Betrieb, "und ich rede ihm in nichts hinein".
Den Markt noch immer im Blick
Das tut er auch als Ehrenpräsident im BBV nicht. "Heute stehen andere in der Verantwortung." Dennoch weiß Karl Groenen genau, was sich tut auf dem Markt. Beim Weizen etwa sieht er die Entwicklung mit Sorge. Die Weltmarktpreise werden in Chicago diktiert, und so lange das Verschiffen von Weizen aus den großen Anbaugebieten in Übersee billiger ist als die Produktion vor Ort, sieht er den Wert der Landwirtschaft in der Region in Gefahr. "Die Bauern erhalten schließlich auch die Kulturlandschaft und sorgen für ökologische Vielfalt." Regional kaufen sei daher eine wichtige Säule, um die Bauern zu unterstützen. Stattdessen schauen die Verbraucher viel zu häufig nur darauf, ob ein Produkt billig ist. In welche Richtung es weitergeht, könne derzeit keiner voraussagen. Doch die derzeitige Entwicklung in der EU sieht er mit Sorge: "Es besteht die Gefahr, dass aus dem Wir wieder ein Ich wird."
Für Karl Groenen immer maßgebend: "Man muss die Welt und ihre Probleme kennen, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen." Und das tat er vorausschauend und immer mit Blick auf die Entwicklung der Bauern im Land. Etwa, als er Anfang der 1980er-Jahre die europäischen Agrarminister zu einer fünftägigen Tagung nach Würzburg holte, um über regenerative Energien zu reden. Auch wenn die Gegner damals auf die Straße gingen und demonstrierten, dass kein Getreide für Energie verbraucht werden sollte – heute gilt die Entscheidung von damals als wegweisend für einen neuen Agrarindustriezweig. "Deutschland produzierte damals zu viele Agrarerzeugnisse, die billig verschleudert oder weggeworfen wurden", erinnert sich Groenen. Landwirtschaftsminister Ignaz Kiechle wollte Flächen stilllegen, statt dessen erreichte der Mellrichstädter, dass sich die Landwirte als Energieproduzenten etablieren konnten. Bei der Einführung von Biodiesel unterhielt Karl Groenen als Präsident der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung Euro-Bio-Diesel ein Büro in Paris, wo europaweite Entscheidungen gefällt wurden. Der Anbau von Energiepflanzen sicherte den Bauern ein weiteres Standbein, um am Markt bestehen zu können.
Ein einschneidendes Erlebnis war für Karl Groenen die deutsche Wiedervereinigung. Sofort nach der Grenzöffnung unterstützte er die Zusammenarbeit mit Berufskollegen aus den landwirtschaftlichen Organisationen in Thüringen, den Bau der A 71 propagierte er und nannte die Autobahn eine Lebensader für den nordbayerischen Raum.
Unzählige Stunden unterwegs
Wie viele Stunden er unterwegs war in all den Jahren seines Einsatzes für die Landwirtschaft, wie oft er nach München, Berlin und Brüssel gefahren ist, hat der Mellrichstädter nicht gezählt. Doch er verrät, dass er in seiner aktiven Zeit ganze zweimal am Geburtstag seiner Frau Renate zuhause war. Keine Frage, dass seit dem Abschied aus den Ämtern seine Frau, die Kinder und die Enkelkinder an erster Stelle stehen. Den runden Geburtstag feiert Karl Groenen daher im kleinen Kreis, mit der Familie sowie mit engen Freunden und Wegbegleitern.