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Mehr als ein Beruf: Die Arbeit von Rhön-Schäfer Josef Kolb funktioniert nur im Dreiergespann
Ein Gespräch mit Bio-Schäfer Josef Kolb aus Ginolfs in der Rhön. Er erklärt, warum Schäfer zu sein, für ihn mehr eine Berufung ist als ein Beruf.
Bio-Schäfer Josef Kolb aus Oberelsbach.
Foto: Lisa Kolb | Bio-Schäfer Josef Kolb aus Oberelsbach.
Daniel Staffen-Quand
 |  aktualisiert: 12.04.2023 02:39 Uhr

Für viele Christen ist Ostern als Fest der Auferstehung Jesu der wichtigste Festtag im Kirchenjahr. Doch auch das Brauchtum spielt an den Ostertagen eine wichtige Rolle. Der Hase, der Geschenke bringt und Eier versteckt – und natürlich das Osterlamm, das Agnus Dei, das Lamm Gottes. Für viele gehört ein Lammbraten zum Osterfest dazu. Und das bedeutet für Schäfer wie Josef Kolb aus der Rhön: viel Arbeit.

Frage: Herr Kolb, ich erwische Sie gerade noch zu Hause. Was steht bei Ihnen heute auf dem Programm?

Josef Kolb: Schafe, Schafe, Schafe. Was sonst?

Sie sind in zweiter Generation Rhön-Schäfer. Wollten Sie jemals einen anderen Beruf ausüben?

Kolb: Von meiner Ausbildung her bin ich Landwirt – da habe ich auch meinen Meister gemacht. Damals gab es in der Rhön kaum noch Schafhaltung, sondern eher eine kleinbäuerliche Landwirtschaft mit allen Tierarten. Ich hatte das Glück, 1985 den Naturschützer und Kölner Zoologie-Professor Gerhard Kneitz kennenzulernen. Der hatte die Vision, mit seinem Rhönschaf-Projekt die Rhönschaf-Rasse zu erhalten. Da wollte ich dabei sein!

Wie sieht denn im Moment ein typischer Arbeitsalltag bei Ihnen aus?

Kolb: Bis Mitte oder Ende April bleiben wir mit der Schafherde noch im Stall. Das heißt, die Tiere müssen jeden Tag gefüttert werden, der Stall ausgemistet und neu eingestreut werden. Und natürlich schauen wir nach den Tieren, gerade wenn sie lammen, also Nachwuchs bekommen. Und natürlich bereiten wir die Herde schon auf die "Freiluft-Saison" vor: Wir machen Krallenpflege, kontrollieren die Ohrmarken und so weiter.

Josef Kolb
Foto: Lisa Kolb | Josef Kolb
Es ist nicht mehr lange bis Ostern – für Schäfer ist das schon eine ziemlich stressige Zeit, oder?

Kolb: Es ist zumindest gut zu tun. Die Winterhaltung von Schafen ist ein Vollzeitjob, da können sie eigentlich nichts anderes nebenbei machen. Und mit Blick auf Ostern geht es natürlich auch ums berühmte Osterlamm. Da schauen wir jetzt in unseren Herden und suchen Tiere aus, die geschlachtet werden. Wir machen bei uns extensive Bio-Schafhaltung, das bedeutet etwa: Wir schlachten keine wenige Wochen alten Winterlämmer. Ein Osterlamm aus unserem Betrieb ist sieben oder acht, manchmal auch neun Monate alt.

Die meisten Menschen finden Lämmer ja ziemlich süß. Wie ist das bei einem Berufsschäfer?

Kolb: Einerseits sind wir natürlich Nutztierhalter –das heißt, wir leben mit, aber auch von den Tieren. Und dazu gehört auch die Fleischvermarktung, am liebsten im Direktvertrieb. Andererseits sind wir natürlich auch nicht völlig abgestumpft. Lämmer mit ihren hübschen Augen und staksigen Beinen sind natürlich süß. Und wir als Schafhalter kümmern uns ja auch sehr gezielt um die Mutterschafe und Lämmer in der ersten Zeit.

Das heißt aber, am Ostersonntag steht da bei Ihnen auch ein Lammbraten auf dem Mittagstisch?

Kolb: Selbstverständlich, warum auch nicht? Bislang leben bei uns keine Vegetarier im Haushalt. Es gibt ganz klassisch gebratene Lammkeule, gewürzt mit Salz, Pfeffer und Kräutern – dazu Kartoffelklöße und Blaukraut. Aber wir essen als Schäfer natürlich das ganze Jahr über Lammfleisch. Mal als Gulasch, mal als Hackfleisch, aber an Ostern ist es dann eben die Lammkeule oder der Lammrücken als typischer Festtagsbraten.

Und wie schaut's mit dem gebackenen Osterlamm aus? Gehört das bei Kolbs auch dazu?

Kolb: Fürs selber Backen fehlt uns da als Familienbetrieb in diesen Wochen die Zeit – aber wir haben einen Bäcker in der Gegend, der sehr gute Osterlämmer backt – und sie dann als Rhönschafe dekoriert, also den Kopf mit Schokolade überzieht. Denn Rhönschafe haben einen schwarzen Kopf ohne dickes Fell.

Was mögen Sie an Ihrem Beruf denn gar nicht?

Kolb: Eigentlich stehe ich nicht gerne früh auf, aber das geht als Landwirt und Schäfer gar nicht. Deshalb hab ich mich damit abgefunden und daran gewöhnt. Für mich ist das Schäfersein mehr als nur ein Brotberuf, es ist Berufung. Wir leben und arbeiten als eingespieltes Dreigespann, das sich gut verstehen muss und in unserem Fall auch gut versteht: Schäfer, Hund und Schafe.

Noch schnell zum Schluss: Hat ein Berufsschäfer überhaupt Zeit, an Ostern in die Kirche zu gehen?

Kolb: Der Gottesdienst an Ostern gehört für unsere Familie eigentlich schon dazu. Allerdings macht es einem die Kirche ja auch nicht gerade leicht. Früher gab's in jedem Dorf an jedem Sonntag zur gleichen Uhrzeit einen Gottesdienst – heute ist's mal so und mal so und vor allem selten vor Ort. Das ist für mich eine Hürde, sag’ ich ganz ehrlich, wenn ich mich erst mal informieren muss, wann und wo ich in den Gottesdienst gehen kann. An Ostern mache ich das, aber an normalen Sonntagen ist das zu viel Aufwand.

 
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