Keine Ahnung von Schafzucht
Da erfuhr er von Jürgen Holzhausen, dem späteren Schutzgebietsbetreuer im Naturschutzgebiet Lange Rhön, von einem Projekt. Der Bund Naturschutz wolle eine kleine Herde der vom Aussterben bedrohten Rhönschafe aufkaufen und sei auf der Suche nach einem Schäfer. Kolb wurde neugierig, kam mit Vertretern des Bund Naturschutz in Kontakt und ließ sich schließlich "breitschlagen", die Herde zu übernehmen.
Dabei hatte er allerdings ein Problem. Er hatte eigentlich keine Ahnung von der Schafzucht, doch er wusste, wo er Rat erhalten konnte und ihn schließlich auch bekam. Es war Josef Räder aus Unterelsbach, der dem jungen Schafhalter alles beibrachte, was er zunächst wissen musste. Der erwies als sehr eifrig und bildete sich mit Fachliteratur, bei Vorträgen und Informationsveranstaltungen weiter. Und mit der Zeit bekam das, was er heute als eine der wichtigsten Eigenschaften eines Schafhalters nennt: Erfahrung.
Dabei erwies es sich als Vorteil, dass er zunächst klein anfing. Die 39 Schafe und einen Schafbock brachte er 1985 zunächst im Anwesen seiner Eltern in Weisbach unter. Doch die Herde sollte wachsen und wuchs dann auch. So wurde 1986/87 der neue Stall gebaut. 1992 kam dann noch die Futterscheune dazu.
Kapazitätsgrenze erreicht
In dieser Zeit erreichte die Herde auch ihre heutige Größe: rund 400 Mutterschafe, 200 Lämmer und fünf Zuchtböcke. Das ist für Josef Kolb die optimale Zahl von Tieren, denn sie entspricht den Kapazitäten von Stall, Scheune und Weideflächen.
Josef Kolb war bis 2002 per Werkvertrag beim Bund Naturschutz beschäftigt. Inzwischen hat er die Weideflächen, Scheune, Stall und Herde einfach vom BN gepachtet, was die Bürokratie dann doch erheblich reduzierte.
Möglich wurde dies durch den wirtschaftlichen Erfolg des Rhönschaf-Projektes. Nur in den ersten Jahren war es ein Zuschussbetrieb. Die Baumaßnahmen und der Kauf der Gassenwiesen wurden vom BN mit einer Spendenaktion unter dem Motto "Eine Mark für einen Quadratmeter Schmetterlingswiese" begleitet, wie sich Kolb erinnert. Mit dem Wachsen der Herde kam aber auch der wirtschaftliche Erfolg.
Kolb versorgt inzwischen ein Duzend Gaststätten mit seinem Lammfleisch. Er baute in Ginolfs ein eigenes Schlachthaus, und 1992 entstand der Rhönschaf-Laden, in dem nicht nur Fleisch, sondern auch Wollartikel, Souveniers und andere Rhöner Produkte angeboten werden. Der Vertrieb läuft inzwischen auch über das Internet.
Von der BN-Herd alleine kann Kolb nicht existieren. Er ist Mitglied einer großen Rhönschaf-Weidegemeinschaft. Sein eigener Hof, seit 1999 ein Naturlandhof, wuchs auf inzwischen 160 Hektar, davon sind 110 Hektar Grünland. Auf 50 Hektar betreibt er ökologischen Ackerbau. Dazu hält er Enten und Gänse, in Ferienwohnungen bietet er Urlaub auf dem Bauernhof an.
Unzählige Presseberichte
In wie vielen Fernseh- und Radiosendungen über ihn berichtet wurde, in wie vielen Zeitungen der Rhönschäfer abgelichtet wurde, weiß er nicht mehr: "Es waren unzählige." Wichtiger ist ihm, dass er auch in Ginolfs akzeptiert wird. Das war nicht immer so.
Er erinnert sich noch an heftige Widerstände gegen den Bau des Schafstalles, der daraufhin an seinen jetzigen Standort verlegt werden musste. Doch inzwischen fühlt er sich in dem kleinen Rhöndorf voll akzeptiert und die "alten Geschichten" sind vergessen.