
Am vergangenen Wochenende bekamen die beiden Hausärzte Tobias und Günter Fröhling die Bestätigung. In ihrer Praxis in Hohenroth können an diesem Donnerstag 20 Impfwillige ihre erste Covid-19-Impfung mit dem Vakzin von Astrazeneca erhalten. 50 Dosen hatten sie bestellt, 20 wurden ausgeliefert.
Ab 1. April werden in ganz Bayern niedergelassene Ärzte als zweite Säule neben den Impfzentren die Bayerische Impfstrategie ergänzen. Diese Ankündigung von Gesundheitsminister Klaus Holetschek gilt natürlich auch für Rhön-Grabfeld. Wie viele weitere Praxen es neben der in Hohenroth im Landkreis noch sind, können weder Fröhling noch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) genau sagen. Bayernweit, so ein Sprecher der KVB, werden nun 1700 Praxen 33 600 Dosen verimpfen können. Ab der kommenden Woche werden es 8500 Praxen in ganz Bayern sein.
Fröhling: Anfragen nehmen von Tag zu Tag zu
Wie Günter Fröhling bestätigt, nahmen Anfragen nach Impf-Terminen in seiner Praxis von Tag zu Tag zu. "Wir haben schon eine sehr lange Liste, auch mit vielen jüngeren Patienten". Die Impfungen werden außerhalb der normalen Sprechzeiten stattfinden. "Wir orientieren uns nach den vorgegebenen Priorisierungsgruppen, haben aber vor allem auch die Patienten im Blick, die zwar noch nicht so alt sind, aber über ihre Erkrankungen vorgezogen werden können und müssen. Wir sind uns dabei unserer hohen Verantwortung und des großen Spielraumes bewusst", so Günter Fröhling. Die geimpften Patienten müssen von den Praxen den staatlichen Stellen gemeldet werden. Die Daten fließen in die deutschlandweite Impf-Liste des Robert-Koch-Instituts ein.
Da es keine Schnittstelle von den Hausärzten zum Bayerischen Impfportal gibt, müssen die Patienten abtelefoniert werden. "Die Patientenliste erstelle ich mit einer Arzthelferin, die ist danach noch einen halben Tag beschäftigt, Impftermine auszumachen", sagt Jochen Wondra. Der Hausarzt aus der Bad Neustädter Gartenstraße beginnt nächste Woche mit dem Impfen. Er erklärt das Procedere. Jeweils bis Dienstagmittag muss der Impfstoff für die kommende Woche bestellt sein. Das machen die Hausärzte bei den Apotheken, von denen sie ihren Sprechstunden-Bedarf beziehen.
Klar ist auch hier: Mehr Impfmöglichkeiten bedeuten kein Mehr an geliefertem Impfstoff. Zwischen 18 und 50 Dosen können bestellt werden. Wie viele davon geliefert werden, müsse man sehen. "Hab ich meine Ration, weiß ich, wie viele Patienten wir in dieser Woche impfen können", so Wondra. Entsprechend lädt er seine Patienten zum Termin. Die werden nach der regulären Praxiszeit stattfinden, so gegen 17.30 Uhr, ein, zwei Tage in der Woche, "je nachdem, wie viele Impfdosen ich geliefert bekommen habe", so Wondra. Er schätzt, dass er zunächst 20 seiner Patienten impfen kann.
Wondra: Biontech fünf Tage im normalen Kühlschrank
Laut Gesundheitsminister Holetschek sollen in der Woche nach Ostern rund 121 000 Impfdosen in den Arztpraxen verimpft werden können. "Diese Summe soll sich im April und Mai wöchentlich weiter erhöhen“, so Holetschek in einer Mitteilung seines Ministeriums. Während zum Impfstart das Vakzin von Astrazeneca zum Einsatz kommt, sollen die Praxen nach Ostern vor allem den Impfstoff von Biontech erhalten, hieß es noch am Dienstag. Wie Wondra erklärt, könne Biontech im aufgetauten Zustand fünf Tage im normalen Kühlschrank bevorratet werden. Wenn die Spritze aufgezogen ist, müsse das Vakzin schnell verimpft werden.
Die Impfungen sollen so ablaufen wie die sonstigen Impfungen, die in den Praxen "millionenfach schon praktiziert werden bei Grippe und anderen Krankheits-Vorsorgen", so der Ostheimer Arzt Eberhard Helm. Er hat separate Infektions-Zimmer in Ostheim aufgebaut, fährt aber bei Bedarf auch raus zu den meist älteren und bettlägerigen Patienten. "Es wurde Zeit, dass die Politik uns in ihre Impfstrategie aufgenommen hat", freut er sich. Nicht, weil sich Hausärzte vordrängen wollen, "sondern, weil wir unsere Patienten am besten kennen und sie sich bei uns am besten aufgehoben fühlen", sagt der Ostheimer.
Helm: Wir kennen unsere Patienten
Von einigen Patienten habe er gehört, dass sie nicht ins Impfzentrum wollten, wo anonyme Personen hinter Masken impfen. "Diese Sorgen können wir den Menschen nehmen, weil sie uns vertrauen". Er habe eine Impfliste für seine Praxis mit 200 Patienten erstellt. "Von denen zähle ich 50 bis 80 zur Prioritätengruppe 1. Nicht weil sie so alt sind, sondern weil sie Erkrankungen haben, die einen schnellen Schutz vor Covid-19 erfordern. Wir kennen die einzelnen Anamnesen." Helm hat das "volle Programm" für die Woche nach Ostern bestellt. "Ich habe gerade eine Weiterbildungs-Assistentin in der Praxis. Wenn wir genügend Impfstoff bekommen, können wir jeden Tag 20 bis 30 Patienten impfen. Wenn es nötig und möglich ist, mache ich das auch an den Wochenenden."
Nun fragen sich viele Menschen, ob ihr Hausarzt impft und wann sie einen Termin haben können. „Wir hören derzeit von den Kolleginnen und Kollegen aus den Praxen, dass permanent Menschen anrufen, um Impftermine zu vereinbaren“, so der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) in München. „Das ist zum jetzigen Zeitpunkt weder sinnvoll noch hilfreich.“ Die KVB appelliert deshalb, „Ruhe zu bewahren und nicht die Praxen mit Nachfragen zu bestürmen“. Auch hier gilt: In den ersten Wochen werde in Bayerns Arztpraxen nur eine sehr begrenzte Menge an Impfstoff verfügbar sein, die Praxen würden von sich aus Kontakt mit den betreffenden Patienten aufnehmen.
Eberhard Helm weist in diesem Zusammenhang auf ein weiteres Problem hin: "Den Hauptanteil dieser Arbeit federn unsere Medizinischen Fachangestellten ab. Die müssen behutsam mit den Anfragen umgehen und vielfach auch deeskalieren. Meist sind diese Angestellten Mütter, die auch noch ihre Kinder beschulen müssen. Da wäre eine steuerfreie Bonuszahlung von der Politik wie im vergangenen Jahr durchaus angebracht."
Wer löscht die Online-Registrierung?
Bei seinen Impfungen fragt der Ostheimer Arzt auch nach, ob seine Patienten sich schon online im Impfportal registriert hatten. "Wenn die niemanden haben, der ihre Anmeldung löscht, schicke ich schon mal ein Fax ins Impfzentrum". Denn um diese Stornierung hatte vor Wochenfrist Dominik Rost schon gebeten, der Manager des Impfzentrums Rhön-Grabfeld. Patienten, die nun beim Hausarzt geimpft werden, mögen sich im Bayerischen Impfportal online selbst löschen, sofern sie sich dort bereits angemeldet hatten.
auf Kosten von Normalbürgern