
Der illegale Karnevalsumzug im thüringischen Jüchsen, bei dem am 31. Januar zu Maria Lichtmess rund 90 Narren ohne Abstand und Maske durch den Ort gezogen waren, hatte bundesweit für Schlagzeilen und Empörung bei Faschingsvereinen gesorgt. Von "verantwortungslos" bis hin zu "lasst den Quatsch" reichte das Echo. Besonders dramatisch: Der gravierende Verstoß gegen die geltenden Corona-Maßnahmen ereignete sich in der Region, die ohnehin seit Wochen zu den Corona-Hotspots in Deutschland zählt. Nun wird im Landkreis Schmalkalden-Meiningen gehandelt: Es sollen verstärkte Kontrollen in den örtlichen Karnevalshochburgen stattfinden. Dazu gibt es aber auch kreative Vorschläge von Karnevalisten, wie der Fasching gefeiert werden kann, ohne die Gesundheit anderer zu gefährden.
Vertreter des Landratsamts und der Polizei hatten sich mit Thomas Kästner, dem Bürgermeister der Karnevalshochburg Wasungen, dem Ordnungsamt der VG Wasungen Amt Sand, dem Vorstand des Wasunger Carneval Clubs und aktiven Wasunger Karnevalisten abgestimmt, wie ähnliche Vorfälle in den nächsten Tagen und Wochen verhindert werden können. Prävention, Aufklärung, Sensibilisierung und Schutz sei die Zielstellung, so Vizelandrätin Susanne Reum. „Eine legale Karnevalsveranstaltung ist aufgrund der aktuellen Verordnungslage und des hohen Infektionsgeschehens im Landkreis einfach nicht möglich“, macht die Krisenstabsleiterin des Landratsamts in einer Pressemitteilung deutlich.
Gewaltbereite Corona-Leugner rufen zu Veranstaltungen auf
Um weitere unangemeldete Veranstaltungen zu verhindern, werden laut Landratsamt alle ordnungsbehördlichen und polizeirechtlichen Maßnahmen ausgeschöpft. Das sei deshalb wichtig, weil insbesondere für die Stadt Wasungen in ganz Thüringen und auch bundesweit Aufrufe in extremistischen und gewaltbereiten Corona-Leugner-Kreisen gestartet worden sind. „Während der gesamten Karnevalszeit werden Polizei und Ordnungsbehörden verstärkt in den Karnevalshochburgen des Landkreises, wie zum Beispiel in Wasungen, Floh-Seligenthal, Viernau, Dillstädt oder Oberweid präsent sein und Kontrollen durchführen“, kündigt Christiane Höfer, Chefin der Polizeiinspektion Schmalkalden-Meiningen, in einer Pressemitteilung an.
Initiatoren und Teilnehmer von illegalen Veranstaltungen müssen mit empfindlichen Strafen rechnen, wird vorgewarnt. Dabei gehe die Polizei schon bei der Kostümierung und Dekorierung von Wagen von einer vorsätzlichen Handlung aus. Ganz deutlich heißt es: Ein nicht genehmigter Karnevalsumzug im öffentlichen Verkehrsraum stellt eine Behinderung oder gar Gefährdung des Straßenverkehrs dar und kann im schlimmsten Fall Freiheitsstrafen nach sich ziehen.
Empfindliche Geldstrafen und Anzeigen drohen
Wer dennoch öffentlich Fasching feiert und gegen die Corona-Schutzbestimmungen verstößt, muss tief in die Tasche greifen: Mögliche Initiatoren müssen je nach Tatbestand mit Strafen in Höhe von 1000 bis 3000 Euro rechnen, kündigt Susanne Reum an. Nach dem landeseinheitlichen Bußgeldkatalog können beispielsweise auch Verstöße gegen die Kontaktbeschränkungen und der Konsum von Alkohol im öffentlichen Raum jeweils mit 200 Euro, das Nicht-Verwenden von Mund-Nasen-Bedeckungen mit 60 Euro oder die Verletzung des Mindestabstandes mit 100 Euro geahndet werden.
Polizei und Landratsamt bearbeiten derzeit bereits die in Jüchsen aufgenommen Anzeigen und sichten auch das vorhandene Videomaterial, um weitere Identitäten festzustellen und alle nachvollziehbaren Verstöße zur Anzeige zu bringen. Derzeit geht man davon aus, dass sich 40 bis 50 Personen ordnungswidrig verhalten haben. Entsprechende Anzeigen werden erstattet.
Kreativer Vorschlag: An Fasching am offenen Fenster singen
Bürgermeister Thomas Kästner ist sich bewusst, dass der Karneval von großer Bedeutung für viele Wasunger ist und ruft gerade daher zur Vernunft auf. „Bilder wie in Jüchsen sollen sich auf keinen Fall in Wasungen wiederholen", mahnt er an. Der Vorfall habe bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt und werfe ein schlechtes Bild auf die gesamte Region. "Ich würde mir wünschen, dass sich die Wasunger davon klar distanzieren“, so sein Appell.
Unterstützung erhält Kästner von Martin Krieg, Präsident des Wasunger Carneval Clubs WCC: „In der aktuell so schwierigen Pandemielage im Landkreis Schmalkalden-Meiningen gebietet es sich für jeden Karnevalisten, verantwortungs- und rücksichtsvoll zu handeln, um den traditionsreichen Wasunger Karneval in seinem Ursprung zu wahren." Er hat einen kreativen Vorschlag, wie die Faschingstradition dennoch hochgehalten werden kann: "Bleibt zuhause, öffnet die Fenster und singt gemeinsam.“ Damit würde eine positive Botschaft gesendet und keine negativen Schlagzeilen wie in Jüchsen geschrieben.