Was heimische Kommunalpolitiker schon seit langem befürchten, hat jetzt auch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) in ihrer Landesausschussitzung vom 11. November festgestellt. Dem Gebiet des Altlandkreises Bad Königshofen droht eine ärztliche Unterversorgung. Noch arbeiten in dem gut 17.000 Einwohner zählenden Gebiet gemäß der KVB-Zahlen neun Hausärzte und eine Hausärztin, was auch der aktuellen Bedarfsplanung entspricht. Sechs in Bad Königshofen, drei in Saal und einer in Höchheim. Der Versorgungsgrad wird mit 89,85 Prozent angegeben.
Viele Hausärzte sind schon älter als 60 Jahre
Was Wülfershausens Bürgermeister Wolfgang Seifert aber vor allem alarmiert, ist das Alter der niedergelassenen Mediziner. Vier von ihnen haben die 60 Jahre zum Teil schon deutlich überschritten, der Altersdurchschnitt aller zehn liegt laut dem KV-Versorgungsatlas bei 56,8 Jahre und damit noch ein Stück über dem Durchschnittsalter der bayerischen Hausärzte mit 55,3 Jahren. Es ist nicht das erste Mal, dass Seifert das Thema anpackt. Nachdem die Schließung der Praxis Dr. Lurz in Wülfershausen bekannt wurde, nutzte der Bürgermeister sogar persönliche Kontakte zur Charité in Berlin, um dort für einen Umzug eines Mediziners nach Rhön-Grabfeld zu werben. Eine Mission, die sich für ihn alsbald als unerfüllbar darstellte. "Als Hausarzt aufs Land will niemand", stellte er desillusioniert fest.
Kommt durch VERAH bald Abhilfe?
Deshalb formulierte Seifert zusammen mit dem Mellrichstädter Dr. Michael Günther die Forderung nach einer Stelle für eine medizinische Fachkraft, die zudem im stationären Bereich über Telemedizin Kontakt zu einem Arzt hält. Die Idee ist nicht neu, auch eine Initiative des deutschen Hausärzteverbandes befürwortet unter der Bezeichnung VERAH (Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis) die Beschäftigung von erfahrenen medizinischen Fachangestellten, die nach einer Weiterbildung Ärzte und Ärztinnen in einigen Bereichen entlasten können. Dabei geht es um Tätigkeiten, wie Blutdruck messen oder impfen, aber auch um Krankmeldungen, Rezept-Ausgaben und natürlich dem vertrauensvollen Umgang mit den Patienten und Patientinnen.
Wolfgang Seifert hätte eine solche Stelle gerne als Modellprojekt eingerichtet, wartet bislang aber noch vergeblich auf die Genehmigung durch die Kassen. Zudem vermisst er die Unterstützung von politischer Seite, zumal sich das Problem nicht auf den Altlandkreis Bad Königshofen beschränkt. Hier sei verantwortlich die Landkreisführung, der Kreistag und der Bayerische Gemeindetag gefragt, betont der Bürgermeister. Von allen drei Institutionen sei bislang aber bis jetzt wirklich keine Hilfestellung gekommen.
Seifert erwartet große Probleme bei der medizinischen Versorgung
"Wie lange wollen wir vor dieser Zeitbombe der ärztlichen Unterversorgung noch wegschauen", schreibt Seifert in einem offenen Brief, der unter anderem an Landrat Thomas Habermann und die Grabfeldallianz adressiert ist. Mit Nachdruck appelliert er an den Landrat, die Mitglieder des Kreistags, an die Vizepräsidentin des Bayerischen Gemeindetages und an alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister endlich aktiv zu werden. Andernfalls erwartet er in den nächsten beiden Jahre ein riesiges Problem bei der hausärztlichen Versorgung im Landkreis Rhön-Grabfeld.
Nur auf den ersten Blick ein positives Bild
Denn auch im Altlandkreis Bad Neustadt sieht es nur auf den ersten Blick besser aus. Laut der KVB-Statistik sind hier zwar 29 Hausärzte für rund 44.700 Einwohner da, sogar 2,5 mehr als nach der Anrechnung in der Bedarfsplanung, allerdings sind auch fast 45 Prozent 60 Jahre und älter. Allein elf sind in Bad Neustadt und acht in Bischofsheim angesiedelt. Der Versorgungsgrad liegt bei errechneten 92,62 Prozent. Geht man allein von diesem Faktor aus, dann verfügt der Altlandkreis Mellrichstadt mit 116,35 Prozent sogar über eine Überversorgung. Dieser Eindruck relativiert sich aber rasch, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Durchschnittsalter der acht männlichen und sechs weiblichen Mediziner bei 62, 8 Jahren liegt.