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Sulzfeld
Hat Cem Özdemir sein Wort gebrochen? Rhöner Bauern protestieren gegen das Aus für die Agrardiesel-Subvention
Die Sparpläne der Ampel treffen auch den Bauernstand. Der verbilligte Diesel für Landwirte soll weg. Es geht um Tausende Euro pro Hof. Der Widerstand wächst.
Bauernprotest mit herrenlosen Stiefeln gegen die Abschaffung der Agrardiesel-Subventionen. Im Bild (von links) Mathias Klöffel (Kreisobmann Rhön-Grabfeld), Anton Eckert (Landwirt Sulzfeld), Christian Eckert (Landwirt Sulzfeld), Edgar Thomas (Kreisobmann Bad Kissingen) auf dem Hof der Familie Eckert.
Foto: Gerhard Fischer | Bauernprotest mit herrenlosen Stiefeln gegen die Abschaffung der Agrardiesel-Subventionen. Im Bild (von links) Mathias Klöffel (Kreisobmann Rhön-Grabfeld), Anton Eckert (Landwirt Sulzfeld), Christian Eckert (Landwirt ...
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 18:21 Uhr

Ein Paar herrenlose Stiefel auf dem verlassenen Schlepper, aber kein Landwirt weit und breit. Das irritierende Bild soll für sich sprechen: Die Bauern haben aufgegeben, den Traktor fährt niemand mehr. Dieser Tage wird man einige verlassene Schlepper mit herrenlosen Stiefeln sehen in den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen als Zeichen des Protests. Denn die jüngsten Sparpläne der Ampel-Regierung rufen den Zorn der Bauern hervor.   

Rund 4000 Landwirte in Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen betroffen

Christian Eckert ist "geschockt", wie wohl viele seiner rund 4000 Landwirts-Kolleginnen und -Kollegen in den beiden Landkreisen. Die Ankündigung der Ampel-Regierung, die Subventionen für den sogenannten Agrar-Diesel zu streichen, könnte den Bauern auf seinem Sulzfelder Aussiedlerhof schnell um die 10.000 Euro im Jahr kosten. Ein Schlag inmitten von ohnehin herausfordernden Zeiten. "Das wird letzten Endes auch die Lebensmittelpreise verteuern", ist sich der 35-jährige Landwirt sicher, der mit seinem Vater Anton Ackerbau und Schweinezucht betreibt.  

Die Meldung von Mitte der Woche, dass die Subventionen für die landwirtschaftlichen Fahrzeuge gestrichen werden sollen, sorgen für blankes Entsetzen in den beiden Kreisverbänden der Bauernschaft. "Das Vorhaben steckt voller handwerklicher Fehler. Und es ist ein Missverhältnis, wenn die Landwirtschaft eine Milliarde Euro zur Sparsumme von 17 Milliarden beitragen soll", schimpft Rhön-Grabfelds Bauern-Obmann Mathias Klöffel. 

Steuererleichterung für die Lebensmittelproduktion

Zur Erklärung: Deutsche Landwirte erhalten auf ihre Dieselverbräuche für die Lebensmittelproduktion einen Teil der Steuern zurück. Damit soll ihnen ein Stück Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu internationaler und innereuropäischer Konkurrenz gegeben werden. "Und wir Landwirte sind zu 90 Prozent auf unseren Feldern und Flurwegen unterwegs, belasten also nicht die Straßen, für deren Unterhalt ja die Steuern verwendet werden", argumentiert Klöffel weiter. Rund 400 Millionen Euro bekommen deutsche Landwirte im Jahr an Dieselsteuer zurückerstattet.

25,6 Cent pro Liter Diesel beträgt der Steuersatz für die Landwirtschaft, im Europa-Vergleich ist das Mittelfeld. Nach den Plänen der Ampel soll der Steuersatz Anfang 2024 auf 47,04 Cent/Liter angehoben werden. Bei einem durchschnittlichen Betrieb mit einigen Fahrzeugen können da einige Tausender im Jahr zusammenkommen. Die Landwirte wollen sich das nicht gefallen lassen.  

Bad Kissingens Kreisobmann spricht von Wortbruch Özdemirs

"Ich werfe Landwirtschaftsminister Cem Özdemir Wortbruch vor", zürnt Bad Kissingens Bauern-Chef Edgar Thomas aus Nüdlingen. Im Sommer bei der Bauernverbandstagung habe Özdemir noch den Erhalt der Subventionen garantiert, so ein enttäuschter Kreisobmann Thomas. "Das Vorhaben hat keine steuernde Wirkung, auch nicht in Richtung Umweltschutz", so der Verbandsvertreter bei einem Pressetermin auf dem Sulzfelder Aussiedlerhof der Familie Eckert. "Warum ist man nicht an das Flugbenzin auch für Urlaubsflüge herangegangen?", fragt Thomas. Man habe sich nur an das Thema Inlandsflüge gewagt.   

Regenerative Kraftstoffe werden ausgebremst

Die deutsche Landwirtschaft wolle keinesfalls nur Subventionen einheimsen. Stattdessen gebe es seit 15 Jahren Konzepte für eine Nutzung von Pflanzenöl wie beispielsweise aus Raps, um landwirtschaftliche Fahrzeuge regenerativ zu betanken und zu betreiben. "Dafür bräuchten wir nur eine Steuerbefreiung", damit man konkurrenzfähig seinen Fuhrpark betreiben könne, so Klöffel.

Aber leider sei die Regierung 2021 aus der Förderung von Biokraftstoffen ausgestiegen, beklagt der Fachmann aus Großbardorf. Eine Steuerbefreiung für regenerative Kraftstoffe in der Landwirtschaft hätte die klimapolitische Wirkung, die bei der geplanten Subventionsstreichung fehle.  

Auch die KfZ-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge steht auf dem Prüfstand, die bekannten grünen Kennzeichen könnten also ebenfalls abgeschraubt werden müssen. Auch das bedeute noch einmal ein paar Tausend Euro je nach Fuhrpark-Situation. "Wie gesagt, wir nutzen die Straßen kaum, für deren Unterhalt die Steuereinnahmen eingesetzt werden", betont Klöffel.

Protestkundgebung am Montag in Berlin

"Die Ideologie muss raus und Vernunft muss rein" in die Pläne der Ampelregierung, sagt Edgar Thomas. Der Bad Kissinger Kreisobmann wird sich an diesem Montag höchstpersönlich nach Berlin begeben, um an einer Kundgebung in Berlin vor dem Brandenburger Tor gegen die Sparpläne aufzubegehren. Beide Kreisverbände organisieren Busse zu diesem Protest in der Bundeshauptstadt.

Eine weitere Aktion in Berlin ist für den 8. Januar geplant, sie steht dann unter dem Motto "Wir legen Deutschland lahm" und soll durch regionale Einzelaktionen verstärkt werden. Die endgültige Entscheidung im Bundestag über das Subventions-Aus könnte schon am 18./19. Januar 2024 fallen.

Die aktuellen Pläne wollen die Bauern nicht hinnehmen. Auch der Sulzfelder Landwirt Christian Eckert nicht: "Die grundlegenden Dinge wie Nahrungsmittel werden immer teurer, nur für den Luxus werden die Menschen nicht zur Kasse gebeten." 

 
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  • Monika Klaus
    Durch das von der CDU aus reinem politischen Kalkül erwirkte Urteil des BVG ist der absolute Sparzwang entstanden.
    Durch das Nein der FDP zu Steuern für Superreiche oder den Wegfall des Dienstwagen Privilegs trifft es jetzt die Bauern.

    Bedankt euch bei den Verursachern!
    Christine Behringer
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  • Hubert Endres
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Andreas Gerner
    @M.Klaus
    Da gehen Sie Habeck´s beleidigtem "könnt Euch bei der Union bedanken" Gejammer auf den Leim.

    Wenn jemand betrogen hat und die Trickserei mit den Vermögen, die in Wahrheit Schulden sind und gar nicht aufgenommen werden dürfen, platzt, wer ist dann schuld?

    Der das Gericht angerufen hat?
    Das Gericht?

    Nein, Schuld ist der, der betrogen hat. Und daran gibt´s nichts zu deuteln.

    -

    Klar hätte man auch nicht klagen können. Dann wären mal eben 60 Milliarden Schulden aufgenommen worden und unsere Kinder hätten drunter zu leiden.

    -

    Ich las, dass durch die von Scholz maßgeblich gedeckten CumEx Finanztricks der Konzerne allein dem deutschen Fiskus ca. 7 Milliarden entgangen seien.
    Und durch CumCum weitere 28,5 Milliarden. Die liegen jetzt auf Konten von Konzernen und Superreichen und generieren Zinsen im Ausland.

    Ohne Beteiligung des schweigsamen vergesslichen Scholz gäbe es also noch ein dickes Polster.

    Quelle:
    https://correctiv.org/top-stories/2021/10/21/cumex-files-2/
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  • Ida Wietschorke
    Die Subvention von Kraftstoff für die Landwirtschaft wurde meines Wissens vor vielen Jahrzehnten eingeführt, um die Bauern weg vom Pferdegespann, hin zum motorisierten Trecker zu bewegen. Soweit ich das beurteilen kann, ist dies gelungen und somit der Grund für diese Subvention schon lange entfallen. Das mag schmerzlich sein, letztendlich gehört aber in dem gesamten Bereich der Subventionen gründlich aufgeräumt - nicht nur in diesem Sektor.
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  • Andreas Gerner
    Was Sie Ihres Wissens meinen, ist halt nicht korrekt.

    Der Kraftstoff wird gar nicht subventioniert.

    Sondern als man irgendwann die Mineralölsteuer auf Kraftstoffe einführte (heißt jetzt Energiesteuer), um damit den Straßenbau zu finanzieren, wurde beschlossen, man sollte der Landwirtschaft einen Teil dieser Besteuerung zurückerstatten (21 von derzeit 47cent Energiesteuer), weil die:

    1. Nahrungsmittel erzeugen
    2. Hauptsächlich nicht auf Straßen, sondern ihren Äckern, Wiesen bzw Höfen mit den Traktoren etc arbeiten.

    Das macht auch absolut Sinn.

    Und wird eben in den anderen EU-Ländern auch so gemacht, bzw gibt es echtes Agrardiesel, welches dann gar keine Energiesteuer enthält, also viel günstiger kommt.

    In offenen Märkten in einem Land die Kosten in die Höhe treiben, ohne Außenschutz, führt aber zu Benachteiligungen, die Existenzen kosten werden.

    Dann wird hier weniger erzeugt, dafür im Ausland mehr und das dann importiert.
    Wem hilft das?
    Fiskus?
    Klima?
    Verbrauchern?
    Weder noch!
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  • Günter Hofmann
    - in Deutschland gibt es keine Atomkraftwerke mehr also beziehen wir Strom von Atomkraftwerken im Ausland...
    - irgendwann gibt es keine Bauern mehr in Deutschland also beziehen wir "sehr nachhaltig" und "regional " Lebensmittel aus dem Ausland
    - irgendwann gibt es keine Industrie in Deutschland weil sie ins Ausland abgewandert sind- wir müssen dann importieren statt explodieren...
    - irgendwann gibt es kaum noch Ärzte, weil die Bürokratie nicht weniger wird sonder zu nimmt...
    Vielen Dank ihr Politiker macht weiter so...😡
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  • Matthias Braun
    Im Grunde hält keine Partei und kein Politiker ihr / sein Wort. Die Union hat groß den Ausstieg aus der Kernkraft verkündet und hat sich dafür stark gemacht und dreht sich jetzt aktuell wie ein Fähnchen im Wind. Bei allen Politikern gilt immer der Grundsatz: " Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern"
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  • Werner Fritsch
    Mir ist lieber, eine Partei erkennt seine Fehler, wie zB die Union bei der Atomkraft und bei der Migration, und ändert dann ihre Meinung, als dass eine Partei stur einer Ideologie folgt auch gegen den gesunden Menschenverstand.
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  • Roland Albert
    Jeder aktuelle Politiker hat sein Wort gebrochen.
    Denn er schwor einen Eid darauf, Schaden vom Deutschen Volke abzuwenden.
    Finde den Fehler….
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