Mit einer Länge von knapp 1400 Kilometern ist das Grüne Band entlang der früheren innerdeutschen Grenze heute der längste durchgängige Biotopverbund Deutschlands und Europas. Die meisten Abschnitte stehen bereits unter strengem Schutz. Als Ganzes gesehen könnte das Grüne Band jedoch bald in den Status eines Unesco-Welterbes erhoben werden. Und das nicht nur aus Gründen des Naturschutzes, sondern auch als kulturgeschichtliches Welterbe. Das Grüne Band würde folglich ein gemischtes Welterbe der Menschheit werden.
Auf der Sondersitzung der Kulturministerkonferenz zur neuen deutschen Tentativliste (Vorschlagsliste für die zukünftige Nominierungen) für Unesco-Welterbestätten wurde Anfang Dezember vergangenen Jahres beschlossen, den Antrag für die Aufnahme des Grünen Bandes in die Liste der Unesco als Kulturerbe zur Menschheitserinnerung zu stellen.
Das Grüne Band in Erinnerung erhalten
Die Umweltminister der Länder hatten bereits ein Jahr zuvor den Antrag für die Erhebung als Weltnaturerbe gestellt. Sollten die Anträge erfolgreich sein, würde der wohl weltweit einzigartige Naturverbund mit dem Prädikat eines gemischten Welterbes geadelt.
Bestrebungen, den einstmals menschenverachtenden und genau 1393 Kilometer langen Todesstreifen der ehemaligen innerdeutschen Grenze als Refugium der Natur und der Kultur sowie zur Erinnerung zu erhalten, gibt es bereits seit dem Fall der Mauer 1989. Heute stehen die allermeisten Streckenabschnitte unter Naturschutz, unter anderem entlang der einstigen Grenze zwischen Hessen, Bayern und Thüringen im Landkreis Rhön-Grabfeld.
Bisher gibt es keine gemischte Welterbestätte in Deutschland
Auch die Erinnerungskultur wird in diesem Abschnitt des Grünen Bandes gepflegt wie an der Schanze bei Eußenhausen oder im Museum für Grenzgänger in Bad Königshofen wie an vielen Stätten mehr. Oder in der Gedenkstätte Point Alpha zwischen Geisa und Rasdorf in der hessischen Rhön.
Rund 1200 Welterbestätten zählt die Unesco weltweit. Gemischte Welterbestätten gibt es nur 39, davon befinden sich neun in Europa. Deutschland hat noch keine gemischte Welterbestätte. Das Grüne Band in die Liste des Weltnaturerbes der Unesco zu erheben, ist seit vielen Jahren eines der Hauptanliegen des Bund für Naturschutz in Bayern e.V. (BUND).
Der Vorsitzende der Kreisgruppe Rhön-Grabfeld, Helmut Bär, sieht die Bestrebungen für die Erhebungen des Grünen Bandes in die Liste des Weltnaturerbes auf dem richtigen Weg: "Wir wollen die Bedeutung des Grünen Bandes für die Natur erfahrbar machen", sagt Helmut Bär. Wie wichtig der Streifen der einstigen Grenze für die Natur ist, ist hinlänglich bekannt. Helmut Bär erinnert gerne an die Entdeckung der Wanstschrecke, einer Heuschreckenart, die auf der Roten Liste steht.
Entdeckung der Wanstschrecke war eine Sensation
Diese Entdeckung schon vor vielen Jahren kam einer kleinen Sensation gleich. Auch das immer seltener werdende Braunkehlchen fühlt sich im Grünen Band wohl und findet dort geeignete Brutstätten. Viele weitere seltene Tiere und Pflanzen sind im Grünen Band wieder heimisch geworden oder geblieben und genießen den Schutz. "Der BUND hatte schon 1990 darauf gedrungen, das Gebiet unter Schutz zu stellen", betont der Kreisvorsitzende.
Die Kreisgruppe macht traditionell rund um den Tag der Deutschen Einheit im Herbst eines jeden Jahres mit einer Dreiländerwanderung auf die Bedeutung des Grünen Bandes für die Natur wie für die Erinnerung aufmerksam.
Welterbe könnte auch dem Tourismus in Rhön-Grabfeld helfen
Die Erhebung des Grünen Bandes in den Status eines Weltnatur- wie eines Weltkulturerbes könnte für die Region und auch für den Tourismus von großer Bedeutung sein. Jürgen Heusinger, Bürgermeister von Sulzfeld im Grabfeld und Sprecher der Allianz Fränkischer Grabfeldgau sieht bereits heute eine zunehmende Zahl angebotener Ferienwohnungen im Allianzgebiet. "Das Welterbe könnte uns touristisch weiterbringen", äußert sich Heusinger zuversichtlich.
Neben der Natur wird zudem auf den Erhalt der historischen Stätten, unter anderem auf dem elf Kilometer langen Grenzgängerweg, geachtet. "Für die politische Bildung ist das besonders wertvoll", sagt Heusinger. Auch die grenzübergreifende Kooperation "Grabfeld – grenzenlos mittendrin" hebt Jürgen Heusinger in diesem Zusammenhang hervor.
Der Anerkennungsprozess hin zum Weltnatur- und Weltkulturerbe der UNESCO wird voraussichtlich einige Jahre dauern. Auf den Status hingearbeitet wurde in den vergangenen Jahren nicht allein vom BUND. So steht das Grüne Band in den Bundesländern Thüringen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Brandenburg bereits auf der Liste der Nationalen Naturmonumente. Diese Auszeichnungen sind ein wichtiger Schritt hin zu einem möglichen gemischten Welterbe der UNESCO, wann immer das Grüne Band diese Auszeichnung erhalten wird.