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ECKARTSHAUSEN
Wie der Eiserne Vorhang zum Grünen Band wurde
An einem Biotop in der Waldabteilung Schöpfensee bei Eckartshausen zeigt Förster Wolfgang Meiners auf Spuren von Wildtieren.
Foto: Beate Dahinten | An einem Biotop in der Waldabteilung Schöpfensee bei Eckartshausen zeigt Förster Wolfgang Meiners auf Spuren von Wildtieren.
Beate Dahinten
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:38 Uhr

Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs vor 30 Jahren wurde auch der Weg frei für eines der landesweit größten Naturschutzprojekte: Im Dezember 1989 riefen Naturschützer aus Ost und West auf Initiative des Bund Naturschutz Deutschland (BUND) das Grüne Band aus. Der Grenzstreifen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wurde zu einem über 1400 Kilometer langen Refugium für viele Pflanzen und Tiere.

Die Vernetzung mit diesem Refugium war das Ziel der Initiative von Förster Wolfgang Meiners, in den Gemeindewäldern bei Eckartshausen und Ermershausen direkt angrenzend mehrere kleinere Biotope anzulegen. „Wenn das Grüne Band mit Leben erfüllt werden soll, müssen wir uns auch beteiligen.“ So beschreibt Meiners bei einem Ortstermin seinen Beweggrund. Die Biotope haben sich gut entwickelt, die Verbindungen zum Grünen Band sollen aber weiter ausgebaut werden.

Beim Anlegen der Biotope hier in der Eckartshäuser Waldabteilung „Schöpfensee“ vor über 20 Jahren haben Schüler der Grundschule Maroldsweisach mitgeholfen. Der Gedanke dabei: „Wie kann ich dafür sorgen, dass das Grüne Band akzeptiert wird, wenn ich es nicht in der Schule vermittle.“

Die zwei Tümpel, an denen unser kleiner Rundgang startet, sind „richtig toll groß und so tief, dass sie unten eine frostfreie Zone haben“, freut sich der Förster. Er berichtet, wie wertvoll sie als Wasserreservoir für das Wild waren in den trockenen Frühjahrs- und Sommermonaten. Und auch wenn sich jetzt äußerlich betrachtet kein Leben regt – die Spuren verraten, dass Reh und Wildschwein nach wie vor hierher kommen. Zumal ihnen die angrenzenden Dickungsbereiche – dicht stehende junge Bäume unter alten Wäldern – Schutz bieten.

Im Schilf mitten auf dem Tümpel überwintern beispielsweise Larven von Gelbrandkäfer und Libelle, aber auch die Brut kleinerer Fische wie zum Beispiel Moderlieschen. Das bräunliche Wasser ist voller winziger schwarzer Punkte. Im Randbereich der Tümpel und am gut eingewachsenen Ufer „haben sich Schwarzerlen von selbst angesiedelt und halten mit ihren Wurzeln den Rand fest“, erläutert Wolfgang Meiners. „Jetzt im Winter samen sie aus, das Wasser trägt die Samen ans Ufer.“ Binsen, Rohrkolben und Pfeilkraut gehören ebenfalls zu der Vielfalt auf kleinem Raum, ebenso wie Totholz, das unter anderem Pilzen, Insekten und dem Specht Lebensraum bietet. Die Stille wird nur von einem gleichmäßigen Rauschen gestört: das Förderband des Basaltwerks auf dem Zeilberg.

Weiter östlich, aber immer noch auf bayerischer Seite, kommen wir zu einer ehemaligen Waldwiese, die vor Jahrzehnten aufgeforstet worden war. Einige Küstentannen zeugen noch von dieser Christbaumkultur. Auch hier ein kleiner Tümpel mit viel Schilf im Uferbereich und Gebüsch drumherum.

Das Grüne Band ist von hier aus zu sehen, auch wenn es jetzt mit vielen Brauntönen daherkommt. Auf den ersten Blick wirkt der Übergang fließend, als habe die Natur die Grenzlinie komplett zurückerobert. Aus direkter Nähe allerdings fallen die historischen Grenzsteine ins Auge – und vor allem die Lochbetonplatten, die an einem Graben auf Thüringer Seite aufgestapelt wurden. Der Graben selbst ist nach wie vor mit solchen Platten gefasst.

Dass die Grenzlinie auch an der unterschiedlichen Höhe der Wälder zu erkennen ist, wird erst durch den einen oder anderen Hinweis des Försters so richtig bewusst. Wo der Todesstreifen durch den Wald verlief, wurden nur auf DDR-Seite Bäume gefällt. Die Bäume, die heute dort stehen, sind also maximal 30 Jahre alt. Auf bayerischer Seite blieb der Wald auch in den 40 Jahren des geteilten Deutschland bis an die Grenze stehen.

Wir wenden uns wieder von der Grenze ab. Wolfgang Meiners gerät regelrecht ins Schwärmen angesichts der vielen verschiedenen Baumarten und anderen Pflanzen. Und immer wieder umgestürzte Bäume, von Moos überwuchert. „Das hier ist Naturschutz pur“, sagt Meiners, „hier kommt niemand her.“

Sachlich betrachtet handelt es sich bei dem Bereich hier um eine Ausgleichsfläche für das Gewerbegebiet in Maroldsweisach. Die Forstleute greifen nur soweit wie nötig ein. Beispielsweise werden die Küstentannen nach und nach herausgenommen, weil sie ortsfremd sind. Immerhin geben die Äste noch schöne Schmuckreiser ab – ähnlich wie die einiger Fichten, die ebenfalls gefällt wurden oder noch werden.

Wo der Borkenkäfer gewütet hat, fiel der Eingriff natürlich etwas umfangreicher aus. Ein solches ehemaliges Käfernest, wie es die Fachleute nennen, ist unsere letzte Station. Frei gewordene Flächen wie diese sieht der Förster als Chance, die Vernetzung mit dem Grünen Band auszubauen. Er möchte hier ein weiteres Biotop anlegen und auch diesmal die Schulen einbinden. „Alte Wälder und Biotope ergeben zusammen Naturwälder“, lautet Meiners' Rechnung. Er ist dankbar, dass der Markt Maroldsweisach und die Gemeinde Ermershausen als Eigentümer der Wälder diese Linie mittragen.

Auf der frei gewordenen Fläche möchte Meiners außerdem Tannen anpflanzen. Wobei der angrenzende Bestand schon von selbst expandiert: Hier und da spitzt es dunkelgrün aus dem braunen Laub. Den Tannenkindergarten haben zwar bereits die Rehe entdeckt, aber der Förster ist zuversichtlich, dass die Bäumchen es schaffen werden.

An einem Biotop auf einer ehemaligen Waldwiese in der Waldabteilung Schöpfensee bei Eckartshausen erläutert Förster Wolfgang Meiners (rechts) am 18. Dezember Bürgermeister Wolfram Thein (Markt Maroldsweisach) die Vernetzung mit dem Grünen Band, das im Hintergrund zu sehen ist.
Foto: Beate Dahinten | An einem Biotop auf einer ehemaligen Waldwiese in der Waldabteilung Schöpfensee bei Eckartshausen erläutert Förster Wolfgang Meiners (rechts) am 18.
Totholz bereichert den vielfältigen Lebensraum an diesem Biotop in der Waldabteilung Schöpfensee bei Eckartshausen.
Foto: Beate Dahinten | Totholz bereichert den vielfältigen Lebensraum an diesem Biotop in der Waldabteilung Schöpfensee bei Eckartshausen.
Förster Wolfgang Meiners zeigt am 18. Dezember in der Waldabteilung Schöpfensee bei Eckartshausen eine junge Tanne.
Foto: Beate Dahinten | Förster Wolfgang Meiners zeigt am 18. Dezember in der Waldabteilung Schöpfensee bei Eckartshausen eine junge Tanne.
 
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